Liebe Leserin, Lieber Leser,
an den Vorteilen von Wasserstoff im Vergleich zu fossilen Brennstoffen ist kaum zu rütteln. Der alternative Kraftstoff ist in der Theorie so gut wie unbegrenzt verfügbar, so es denn ausreichende Mengen an Energie gibt. Entsteht letztere auch noch klimaneutral, so bietet Wasserstoff die Möglichkeit einer klimafreundlichen Industrie, denn bei der Verbrennung entsteht lediglich Wasserdampf. Dennoch kann die Energiedichte mit fossilen Kraftstoffen mithalten, sie teilweise sogar übertreffen. All das lässt sich nicht wegdiskutieren.
Die Kritikpunkte bei Wasserstoff sind daher stets und immer ökonomischer Natur. Gerne wird gerade grüner Wasserstoff als „Champagner der Energiewende“ bezeichnet, was aktuell leider auch trefflich die Preissituation beschreibt. Dadurch bedingt bewegt die Nachfrage sich auf niedrigem Niveau und der Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft will einfach nicht in Gang kommen. Das ist freilich alles nichts Neues, doch die Konsequenzen eben solcher Entwicklungen ziehen momentan immer weitere Kreise.
RWE: Erfolgreich trotz Wasserstoff
Der Versorger RWE etwa stellte kürzlich solide Quartalszahlen vor, welche der Aktie einen kleinen Kurssprung bescherten. Zu verdanken ist das aber leider nicht einmal ansatzweise den Bemühungen rund um Wasserstoff. In jenem Bereich klagte der Konzern über eine anhaltende Flaute und als Reaktion darauf wird der Umgang mit dem eigenen Kapital grundlegend überdacht. Angekündigt wurde nun, für bis zu 1,5 Milliarden Euro Aktien zurückzukaufen. Verwiesen wurde auch auf Unsicherheiten bei Windkraftanlagen in den USA nach dem Wahlerfolg von Donald Trump.
Rwe Aktie Chart
Für die Aktionäre sind Aktienrückkäufe freilich eine gute Neuigkeit. Allerdings fließen dafür nun Mittel, die auch in den Ausbau von Wasserstoffprojekten hätten gesteckt werden können. Es fehlt RWE aber an der entsprechenden Motivation. Weiter ausgeführt hat Finanzvorstand Michael Müller die derzeitige Lage in einer Telefonkonferenz, über die bei „ntv“ zu lesen ist. Allzu freundliche Worte wurden dabei leider nicht gefunden.
RWE stellt sich auf einen Marathon ein
Mindestens zehn Gigawatt an grünem Wasserstoff will die aktuelle Bundesregierung bis zum Jahr 2030 erreicht haben. RWE zweifelt recht offen daran, dass diese Zeile erreicht werden können. Auch bei den eigenen Plänen wird der Konzern nachdenklicher. So habe man einst angepeilt, bis 2030 Elektrolyseure-Kapazitäten von zwei Gigawatt zu erreichen. Dies werde aber wohl kaum zu erreichen sein.
Es fehle an Anreizen auf der Nachfrageseite, woran auch das kürzlich beschlossene Wasserstoffkernnetz nichts ändere. Zudem moniert RWE die „engen Eingrenzungen“ bei der Frage darüber, was sich denn eigentlich grüner Wasserstoff schimpfen darf. Für die Zukunft wünscht der Versorger sich mehr Pragmatismus und weniger Regulatorik, um dem Thema Wasserstoff auf die Sprünge zu helfen. Denn ohne die entsprechende Nachfrage würden sich auch Investitionen in neue Technologien verzögern und der Hochlauf beim Wasserstoff könnte dann zu einer sehr zähen Angelegenheit werden, so es das denn nicht schon längst ist.
Plug Power am seidenen Faden
Die schwache Nachfrage macht sich in der Branche schon längst bemerkbar. Ablesen ließ sich das Dilemma kürzlich bei den Quartalszahlen von Plug Power, die ein gutes Stück unter den (niedrigen) Erwartungen lagen. In der Folge stürzte der Aktienkurs wieder unter die Marke von 2 US-Dollar und tags darauf war von einer echten Erholung nicht viel zu sehen. Zwar legte der Kurs zunächst um 3,1 Prozent zu. Das reichte aber nur für einen Schlusskurs in Höhe von 1,97 Dollar und nachbörslich verlor die Aktie schon wieder um 2,5 Prozent an Wert.
Von hübschen Versprechungen und bunten Zukunftsvisionen können sich weder Plug Power selbst, noch die Anteilseigner etwas kaufen. Dasselbe Trauerspiel ereignet sich bei Nel ASA, mit Blick auf den Aktienkurs sogar noch einmal eine Stufe tiefer. Bei den Norwegern kämpfen die Bullen derzeit darum, wenigstens die Marke bei 0,30 Euro zu verteidigen. Das gelingt allerdings mehr schlecht als recht. Heute Morgen standen 0,2951 Euro auf der Anzeigetafel. Technisch gesehen darf hier noch aufgerundet werden. Schon allein dafür braucht es aber eine gesunde Portion Wohlwollen.
PowerCell Sweden rutscht gen Süden
In Sachen Auftragseingänge war PowerCell Sweden im September noch eine positive Ausnahme. Dank frischer Order schoss die Aktie zeitweise um rund 70 Prozent in die Höhe und manch einer mag da schon von einer handfesten Trendwende geträumt haben. Es folgte jedoch eine sehr schwankungsfreudige Seitwärtsphase und aktuell verliert die Aktie wieder ein wenig den Boden unter den Füßen.
Am Donnerstagmorgen ging es mit den Kursen um über fünf Prozent in die Tiefe und zum ersten Mal seit dem Kurssprung im September wurde damit die Linie bei 3 Euro nach unten durchkreuzt. Die guten Neuigkeiten sind beileibe nicht in Vergessenheit geraten. Wie so oft fehlt es aber an Folgeaufträgen. Nachdem so ziemlich alle Branchengrößen nun mit ernüchternden bis vernichteten Zahlen enttäuschten, geht die Stimmung allgemein wieder auf Tauchstation. Dem kann sich auch PowerCell Sweden ohne frische Impulse nicht erwehren.
Schwere Zeiten für Anleger
So setzt sich die Entwicklung der vergangenen Wochen und Monate letztlich fort und das lange Warten auf positive Signale geht unverändert weiter. Obschon die Erwartungen an den Märkten mittlerweile vom Tiefpunkt nicht mehr weit entfernt sein dürften, kennen viele Aktienkurse auf dem Weg nach unten kaum noch ein Halten. Zu gerne würde ich Ihnen versprechen, dass dadurch auf lange Sicht nur umso höhere Gewinne zu erzielen sind. Doch garantieren lässt es sich nicht und langsam stellt sich auch die unangenehme Frage, wer die Phase der Konsolidierung überleben mag. Wasserstoff aufgeben müssen weder Unternehmen noch Anleger. Doch Vorsicht bleibt bis auf Weiteres das Gebot der Stunde.
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