Liebe Leser,
wahrscheinlich kennen Sie den Spruch: „Wem es in der Küche zu heiß ist, der sollte nicht Koch werden.“ Auf was träfe dieses Bild besser zu als auf den Aktien-Handel? Die Börse war schließlich noch nie ein gemütlicher Ort. Starke Nerven und Kaltblütigkeit sind gefragt. Immer. Nicht nur wenn der Wind gerade heftig von vorne weht, wie es bei einigen Wasserstoff-Aktien derzeit der Fall ist.
Denn erstens gibt es immer wieder gute Wirtschaftsnachrichten der Wasserstoff-Unternehmen zu vermelden. Zweitens setzen Regierungen weltweit auf die Energiewende und damit auch auf die Wasserstoff-Technologie. Und drittens haben das inzwischen auch gestandene Energie-Konzerne auf dem Zettel und beteiligen sich an dem Wettrennen um staatliche Fördermittel.
Summen in Milliarden-Höhe
In diesem Zusammenhang ist übrigens manchmal ein wenig verächtlich von „Staatsgeld“ die Rede und das man darauf nicht setzen sollte. Ganz so als ob „Staatsgeld“ kein Geld wäre. Außerdem sind hier Summen in Milliarden-Höhe im Gespräch. Da dürfte sich ein genaueres Hinsehen durchaus lohnen.
Noch eine Vorbemerkung: Im Hinblick auf schwächelnde Wasserstoff-Aktien, die eben noch im Trend lagen, ziehen einige Börsenbeobachter gerne den Vergleich mit der Dotcom-Blase und ihrem Platzen im Jahre 2000. Auch der Hype um Kryptowährungen muss als Beispiel herhalten, um den Kauf von Wasserstoff-Aktien als äußerst spekulatives Investment dastehen zu lassen.
Verwurzelt in der Realwirtschaft
Beide Vergleiche sind fragwürdig. Denn bei der Wasserstoff-Technologie geht es eben nicht um digitale Blütenträume, sondern um die Erforschung und die Entwicklung neuer Verfahren, Wasserstoff umfassend zu nutzen. Es geht um Anwendungen und Produkte. Verwurzelter in der Realwirtschaft kann man kaum sein.
Diese sieht auch Sarah McCarthy vom Analysehaus Bernstein Research so. In einem Artikel des „Handelsblatt“ zum Megatrend Grüne Aktien nahm sie zu Unternehmen im Bereich Erneuerbarer Energien Stellung: „Hier ist keine Spekulationsblase geplatzt, der Sektor steht im Zentrum der staatlichen Ausgabenpolitiken und der Transformation in eine Null-Emissions-Wirtschaft.“
Starke Partner ins Boot holen
Die jüngsten Kursabschläge seien vielmehr das Resultat steigender Bondrenditen und der allgemeinen Angst vor höheren Zinsen. Außerdem ist eine Beobachtung bei der kritischen Betrachtung der Wasserstoff-Aktien tatsächlich richtig: Viele der Wasserstoff-Unternehmen erwirtschaften noch keine Gewinne und die Titel waren daher teilweise deutlich überbewertet.
Um so entscheidender ist es da für die Wasserstoff-Unternehmen, sich starke und strategisch wichtige Partner ins Boot zu holen: So gab es zum US-amerikanische Brennstoffzellen-Spezialisten Plug Power vergangene Woche die Nachricht eines Deals mit dem britischen Unternehmen Johnson Matthey (JM).
JM ist laut eigener Angaben ein international führender Hersteller von Spezialchemikalien und Weltmarktführer für modernste Werkstoff-Technologie. Das Unternehmen zählt demnach zu den Marktführern in der Entwicklung und Herstellung von Katalysatoren und katalytischen Systemen.
Die Energieeffizienz verbessern
Ziel der Zusammenarbeit von Plug Power und JM ist laut Börsenmagazin „deraktionaer.de“ die gemeinsame Entwicklung einer „Hochleistungs-Elektrolyseur-Technologie“. Dadurch wollen die beiden Unternehmen die Haltbarkeit, Leistung und Energieeffizienz der bereits verfügbaren Systeme verbessern.
Aus Anleger-Sicht liege der Vorteil dieser Partnerschaft auch darin, dass es sich bei JM um keinen „Wasserstoff-Pure-Player“ handle, hieß es weiter. Auch wirtschafte das Unternehmen profitabel. Dementsprechend habe die Aktie dem branchenweitenAusverkauf bei Wasserstoff-Aktien relativ stabil standgehalten.
Günstigen grünen Wasserstoff gewinnen
Auch das norwegische Wasserstoff-Unternehmen Nel ASA und das US-Solarunternehmen First Solar meldeten jüngst den Beginn einer Kooperation: Gemeinsam wolle man integrierte Photo-Voltaic-Wasserstoffwerke entwickeln. Die Kosten für die Umwandlung von Solar in Wasserstoff sollen dadurch laut Pressemitteilung des Unternehmens so niedrig wie möglich gehalten werden.
Solche und ähnlich Projekte dürften auch von der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung profitiert haben. Wie das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesverkehrsministerium am vergangenen Freitag mitteilten, habe man 62 Wasserstoff-Projekte auf den Weg gebracht. Die Gesamtfördersumme beträgt 8 Milliarden Euro.
Ziel ist eine europäische Wasserstoffwirtschaft
Es soll sich um Großprojekte handeln, die laut Wirtschaftsministerium die gesamte Wertschöpfungskette des Wasserstoffmarktes abbilden. Die Förderung ist Teil des europäischen Projekts IPCEI Wasserstoff. Dabei will man nationale Projekte von bis zu 22 europäischen Partnerländern vernetzen, sodass eine europäische Wasserstoffwirtschaft entsteht.
Da verfestigt sich doch der Eindruck: Das Geschäft mit Wasserstoff hat gerade erst begonnen.
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