Liebe Leserinnen und Leser,
wer sich jetzt auf den Bildschirmen über den Aktienkurs der TUI informiert, wird sicherlich – sofern Aktionär – erschrecken. -46 % leuchtet in roten Farben auf den Schirmen auf, die Aktie geht den Weg nach unten nun sehr steil an. Der Kurs hat sich fast halbiert. Auf einem Portal heißt es: „Mit dem Rücksetzer auf 8,34 EUR (…) hat die TUI-Aktie … ein neues 10-Jahres-Tief erreicht. Die Aktie befindet sich offenbar in freiem Fall. Investoren können jetzt noch allenfalls überlegen, ob sie die Aktie verkaufen oder nachkaufen sollten – weil solche Kursverluste gut begründet sein müssten. Die Medien-Darstellung ist allerdings nicht richtig. Die Aktie fällt nicht um -46 %.
TUI: Aktie fällt im Wert doch nicht um 46 %
Die Aktie leidet vielmehr daran, dass es eine Kapitalerhöhung gibt. Sprich: Es werden neue Aktien herausgereicht, die den Wert einer bestehenden Aktie reduzieren. Aktionäre erhalten dafür ein Bezugsrecht, das den Abschlag ausgleicht.
Konkret werden insgesamt 328,9 Millionen neue Aktien des Reisekonzerns herausgereicht. Das sogenannte Bezugsverhältnis liegt bei 8:3. Die Aktie wird für 5,55 Euro platziert, ist also deutlich günstiger als das bisherige Papier mit Kursen von mehr als 15 Euro. Das Bezugsrechtsverhältnis gibt an, dass 8 neue Aktien so viel wert sind wie 3 alte Aktien. Dies fließt in die Bewertung am Aktienmarkt ein. Anders gesagt: „Der Bezugspreis von 5,55 Euro je Neuer Aktie entspricht einem Abschlag von ca. 39,85 % auf den TERP (theoretischer Aktienkurs nach erfolgter Kapitalerhöhung), hat TUI selbst bei der Ankündigung dieser Kapitalerhöhung erklärt.
Die Bezugsfrist für die neuen Aktien beginnt am 28. März, dem Tag des Kurssturzes und endet am 17. April. Wer also alte Aktien hat, wird auch diese Bezugsrechte (für je drei alte Aktien dürfen Investoren 8 Aktien zum neuen Preis kaufen) haben und den Ausgleich entsprechend im Depot halten. Dies wiederum kann ausgeübt werden – oder die Aktionäre verkaufen das Bezugsrecht entsprechend am Markt.
Das wiederum wird im Kurs der Aktie selbst nicht sichtbar. Theoretisch müsste also das Bezugsrecht – 8:3 für den Bezug von Aktien im Wert von 5,55 Euro – noch hinzuaddiert werden. Unter dem Strich ist der Abschlag damit bei weitem nicht so hoch, wie der sich am Dienstag auf den ersten Blick darstellt.
Die Kapitalerhöhung selbst ist dagegen interessant.
Gut 1,8 Milliarden Euro Erlös erhofft
Brutto möchte die TuI damit gut 1,8 Milliarden Euro Erlös einnehmen. Dieses Geld wird benutzt, wenn die Unternehmensleitung Wort hält, um die Schulden zu reduzieren. In den Worten des Unternehmens: “ „Wie zuvor mit dem WSF vereinbart, werden die vom WSF zur Verfügung gestellte wandelbare Stille Einlage I in Höhe von 420,0 Millionen Euro und die ausstehende an den WSF begebene Optionsanleihe 2020/2026 in Höhe von 58,7 Millionen Euro, einschließlich sämtlicher Optionsrechte und inklusive aufgelaufener Zinsen zum Gesamtmarktwert von rund 750 Millionen Euro vollständig zurückgeführt”.
Damit ist noch nicht der gesamte Erlös aufgebraucht. Dazu sollen noch weitere Verbindlichkeiten an anderer Stelle reduziert werden. Dies dürfte zwei Effekte haben. Zum einen würde die erfolgreiche Platzierung der neuen Aktien am Markt auch das Vertrauen in TUI und seine Handlungsfähigkeit stärken. Die Rückführung von Verbindlichkeiten ist ein dringendes Gebot.
Zum anderen wird die Reduktion der Verbindlichkeiten schlicht die Zahlung von Zinsen reduzieren. So soll TUI damit bei den Zinsaufwendungen 80 bis 90 Millionen Euro jährlich sparen. Dies wiederum ist gerade in Zeiten steigender Zinsen nicht unerheblich, insofern TUI ganz direkt andere kurzfristige Verbindlichkeiten, die im operativen Geschäft immer wieder anfallen können, entsprechend nicht mit höheren Zinsen bezahlen muss.
Auf der anderen Seite erinnert diese Kapitalerhöhung und die damit verbundene Reduktion der Verbindlichkeiten den Markt natürlich auch daran, dass TUI derart hohe Schulden hat. Das Unternehmen ist in Summe nicht eben glänzend aufgestellt.
Der Touristikkonzern hat für das laufende Jahr immerhin eine Umsatzsteigerung zu erwarten. 2022 waren ca. 16,5 Milliarden Euro Nettoumsatz verbucht, während 2024 ungefähr 18,9 Milliarden Euro zu erwarten sind. Das operative Ergebnis war schon für 2022 positiv und erreichte einen Wert von 1,225 Milliarden Euro. 2024 soll es auf 1,8 Milliarde Euro steigen. Dies wiederum wird auch das Betriebsergebnis EBIT (also ohne Berücksichtigung von Abschreibungen) von 409 auf gut 940 Millionen Euro verbessern, wenn die aktuellen Schätzungen stimmen.
Netto erwirtschaftete TUI für das vergangene Geschäftsjahr noch einen Verlust. Für das laufende Geschäftsjahr wird demgegenüber – wohl offenbar auch durch Ersparnis des „i“, der Zinsen, wie oben dargestellt – ein Nettogewinn vor Steuern in Höhe von 535 Millionen Euro erwartet. Dies wiederum gilt als gute, wenngleich noch immer nicht überragende Entwicklung.
Die Frage, die Investoren sich am Aktienmarkt stellen werden, dürfte allerdings auch kurzfristiger sein. Inwieweit können die Reiseschätzungen für das laufende Jahr als seriös gelten, insofern die Inflationsrate für die Kunden weiterhin hoch ist? Wie günstig kann TUI seine Leistungen inklusive der Energiekosten einkaufen? Und: Wie hält der Markt es mit dem Trend – kurzfristig – angesichts der Streikbereitschaft für die Flughäfen?
Der Trend bleibt negativ
Die typischen Trend-Indikationen, die genutzt werden, etwa das charttechnische Bild oder die technischen Indikatoren wie der GD100 oder der GD200 sind am Dienstag, den 28. März, nicht direkt zu entziffern. Die Kursdaten gehen von dem beschriebenen massiven Verlust aus, während die Indikation auf dem bisherigen Bild basiert. Dies zeigt sich auch im Chartbild…
…sowie in den Kursdaten der vergangenen Zeiträume
Die Kursperformance der TUI-Aktie
Selbst wenn die Kapitalerhöhung hier die Kursbetrachtung noch nicht ändern würde, stünde jedoch unter dem Strich ein negativer Trend. Die Notierungen liefen deutlich unter dem GD100, dem mittelfristig bedeutendsten technischen Indikator. Der hatte sich auf 17,72 Euro eingependelt. Der Aktie fehlten noch am Montag gut 10 %. Umgerechnete auf die neuen Kursverhältnisse hat sich an dem Bild nichts gewandelt.
Der Markt setzt – jenseits der aktuellen Verwirrungen rund um die Kapitalerhöhung – zumindest dem Trend nach weiterhin auf fallende Notierungen.
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