Liebe Leserin, lieber Leser,
chinesische Aktien gerieten angesichts der Wirtschaftskrise im Land zuletzt fast alle unter Druck: Die Papiere des Fahrzeugkonzerns BYD etwa verloren im August fast zwölf Prozent an Wert, die des Handelsriesen Alibaba gut acht Prozent. Eine Ausnahme bildete der Technologiekonzern Xiaomi. Nicht, dass die allgemeine Flaute am drittgrößten Smartphonehersteller der Welt vorübergegangen wäre, im Gegenteil. Dennoch legte die Xiaomi-Aktie im vergangen Monat um sechs Prozent zu auf aktuell 1,59 US-Dollar zu. Das hat freilich seinen Grund.
Xiaomi verkaufte weniger Smartphones
Zunächst zu den weniger schönen Fakten: Laut Canalys, einem Beratungsunternehmen, das die Smartphonebranche beobachtet, war die Verbrauchernachfrage auf dem chinesischen Markt im zweiten Quartal um fünf Prozent auf 64,3 Millionen Einheiten zurückgegangen. Xiaomi traf es besonders hart.
- Demnach gingen die Auslieferungen des Herstellers um sogar 19 Prozent auf 8,6 Millionen Geräte zurück
- Die Auslieferungen im wichtigen Überseemarkt Indien brachen sogar um 22 Prozent auf 5,4 Millionen Einheiten ein
Entsprechend skeptisch waren die Beobachter vor den mit Spannung erwarteten Quartalszahlen – und wurden positiv überrascht.
Umsatzrückgang und dennoch Gewinnsprung
Xiaomi meldete am Dienstag lediglich einen Umsatzrückgang um etwa vier Prozent aus dem zweiten Quartal, was in der Tat vor allem auf den Rückgang am chinesischen Mobiltelefonmarkt zurückzuführen sei. Der Umsatz sank im Vergleich zum Vorjahresquartal von 70,17 auf 67,4 Milliarden Yuan (rund 9,25 Milliarden US-Dollar). Damit aber habe der Konzern die Schätzungen der Analysten von 65,13 Milliarden Yuan (8,94 Milliarden Dollar) deutlich übertroffen, meldete die Agentur Reuters.
Was die Xioami-Aktie von 1,44 Dollar noch am vergangenen Freitag auf bis zu 1,62 Dollar am Dienstag anspringen ließ, ein zwischenzeitliches Plus von gut zwölf Prozent, war jedoch wohl der satte Gewinnsprung: Der Nettogewinn des Konzerns schnellte im Berichtszeitraum laut des Berichts auf umgerechnet 710 Millionen US-Dollar, ein Anstieg um 147 Prozent gegenüber dem Vorjahr – und übertraf damit alle Erwartungen.
Xiaomi will weltweite Präsenz verstärken
Xiaomi führte den Anstieg demnach auf Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen zurück, insbesondere in seinen eigenen Filialen. „Trotz des makroökonomischen Gegenwinds auf dem Weltmarkt bauen wir unsere Präsenz weiter aus“, wurde Xiaomi-Präsident Lu Weibing von Reuters zitiert. „Mehrere unserer Mitbewerber haben sich in diesem herausfordernden Umfeld bereits aus bestimmten Bereichen zurückgezogen“, sagte Lu.
Nicht so die Chinesen: Egal wie schwierig die Situation sich zeige, Xiaomi werde seine Präsenz in allen Regionen und Märkten verstärken, erklärte der Firmen-Chef. Und bei Handys, Fernsehern, Haushaltsgeräten und E-Scootern wird es nicht bleiben. Hinzu kommt demnächst ein weiteres, möglicherweise lukratives Geschäftsfeld.
Genehmigung für Xiaomis erstes Elektroauto
Angesichts rückläufiger Verkaufszahlen im Mobilfunkbereich plant Xiaomi, in die Herstellung von Elektroautos einzusteigen und hat laut Reuters im August hierfür nun auch die Genehmigung des chinesischen Staates erhalten. 10 Milliarden US-Dollar will der Konzern über ein Jahrzehnt hinweg den Automobilsektor investieren. Und so bleiben die Pläne von Xiaomi unverändert, im ersten Halbjahr 2024 mit der Massenproduktion seines ersten E-Autos zu beginnen. „Unser aktueller Fortschritt liegt über den Erwartungen und dem ursprünglichen Produktionsplan“, versicherte Lu Weibing.
Mehr noch: Der Xiaomi MS11, der gegen die chinesischen Elektroautos Xpeng P7 oder BYD Seal aber auch gegen Teslas Model 3 antreten soll, verspricht einen echten Wettbewerbsvorteil. Wie Ende Juli bekannt wurde, soll das Fahrzeug mit einem 101 kWh-Akku bis zu 800 Kilometer Reichweite aufweisen, und damit die direkten Konkurrenten weit hinter sich lassen.
- Noch ist über den Preis des neuen Konkurrenten am chinesischen E-Auto-Markt nichts Offizielles bekannt
- Das französische Portal Auto Plus geht für den Xiaomi MS11 von einer Spanne zwischen umgerechnet 35.000 bis 46.000 Euro aus
- Ob der Stromer – mit dem branchenüblichen, deutlichen Preisaufschlag – auch nach Europa kommen soll, ist unklar
Goldman Sachs hob Kursziel für Xiaomi an
Das gilt zweifellos auch für die Entwicklung des Kurses der Xiaomi-Aktie. Goldman Sachs hatte sich Anfang August dennoch schon einmal nach vorne gewagt. Mit der Schätzung des bereinigten Nettogewinns im Kerngeschäft von 5,3 Milliarden Yuan, also 730 Millionen Dollar, aus dem 2. Quartal lagen die Experten der US-Bank laut der IT Times schon mal nicht ganz verkehrt. Ob dies auch für das ausgerufene Kursziel gilt, muss sich noch weisen.
Goldman Sachs jedenfalls erhöhte den fairen Wert für die Xiaomi-Aktie von 14,20 auf 14,70 Hongkong-Dollar, was 1,87 US-Dollar entspricht. Die Experten sehen für die Papiere des Technologie-Unternehmens somit ein Aufwärtspotenzial von knapp 20 Prozent.
Mehrheit rät zum Kauf der Aktie
Mit umgerechnet 1,78 US-Dollar sind die 30 Analysten, die Xiaomi laut marketscreener.com derzeit beobachten, etwas weniger optimistisch, sehen sie doch derzeit lediglich 13 Prozent Luft nach oben. Der größte Skeptiker erkennt gar ein Absturzrisiko: Bei einem prognostizierten Kurs von 0,98 Dollar glaubt er an einen Kursrückgang von annähernd 40 Prozent. Mit dieser Sichtweise steht er allerdings recht einsam da.
- 20 Analysten raten derzeit zum Kauf der Aktie
- sieben plädieren bei den Papieren auf „Halten“
- lediglich drei geben eine Verkaufsempfehlung
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