Was ist Fremdkapital?

Wie die Bezeichnung bereits zum Ausdruck bringt, ist Fremdkapital derjenige Teil des Kapitals eines Unternehmens, der nicht von den Eigentümern, sondern anderen (unternehmensfremden) Kapitalgebern kommt. In der Praxis werden diese Fremdkapitalgeber häufig als „Gläubiger“ bezeichnet. Die Summe aus Fremd- und Eigenkapital ergibt per Definition das Gesamtkapital eines Unternehmens.

Eine wichtige Unterscheidung beim Fremdkapital ist die zwischen kurz- und langfristigem Kapital. Sie basiert auf der Dauer, für die das Fremdkapital im Unternehmen verbleibt. Kurzfristiges Fremdkapital steht einem Unternehmen nur bis zu einem Jahr zur Verfügung. Dazu zählen beispielsweise Lieferantenverbindlichkeiten, erhaltene Anzahlungen von Kunden oder kurzlaufende Kredite von Banken. Langfristiges Fremdkapital steht einem Unternehmen hingegen länger als ein Jahr zur Verfügung. Dazu werden Bankdarlehen, Anleihen und sonstige Finanzierungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr gerechnet.

So unterscheidet sich Fremdkapital von Eigenkapital

Fremdkapital unterscheidet sich in der betriebswirtschaftlichen Praxis massiv von Eigenkapital. Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Kapitalarten ist, dass es sich bei Eigenkapital um ein Beteiligungsverhältnis und bei Fremdkapital um ein Schuldverhältnis zwischen dem Kapitalgeber und dem Unternehmen handelt. Im Klartext: Ein Eigenkapitalgeber ist (Mit-)Eigentümer des Unternehmens, ein Fremdkapitalgeber lediglich ein Gläubiger.

Dieser Unterschied im Beteiligungsverhältnis hat wesentliche Folgen für die Kapitalgeber und das Unternehmen selbst. Zum Ersten haftet ein Eigenkapitalgeber mit seiner Kapitaleinlage oder (je nach Unternehmensform) auch mit seinem Privatvermögen. Ein Fremdkapitalgeber ist hingegen von der Haftung ausgeschlossen. Zum Zweiten sind die Eigenkapitalgeber am Gewinn und Verlust des Unternehmens direkt beteiligt. Im Falle eines Gewinns können sie sich den Überschuss auszahlen. Fremdkapitalgeber erhalten für die Bereitstellung von Kapital hingegen Zinsen.

Zum Dritten steht das Eigenkapital dem Unternehmen dauerhaft zur Verfügung. Fremdkapital hat immer eine gewisse Laufzeit, nach der das Kapital vollständig zurückgezahlt werden muss. Zum Vierten haben Eigenkapitalgeber größere Auskunfts- und Mitbestimmungsrechte. Sie erhalten als Eigentümer des Unternehmens Einblick in (fast) alle Details der Geschäftstätigkeit und können bei wesentlichen Unternehmensentscheidungen mitbestimmen. Fremdkapitalgeber haben im Gegensatz dazu keine Mitbestimmungsrechte und bekommen nur in eingeschränktem Umfang Unternehmensinformationen zur Verfügung gestellt.

Zum Fünften unterliegen Eigen- und Fremdkapital einer unterschiedlichen Besteuerung. Während Fremdkapitalzinsen als Aufwand steuerlich absetzbar sind, gilt dies für Eigenkapital nicht. Und zum Sechsten werden die beiden Kapitalformen unterschiedlich bei einer Unternehmensinsolvenz behandelt. Fremdkapital genießt dabei Vorrang gegenüber Eigenkapital.

Seit vielen Jahren bieten Banken und andere Kapitalgeber Unternehmen auch sogenanntes „Mezzanine-Kapital“ zur Unternehmensfinanzierung an. Dabei handelt es sich um eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital, welche die Vorteile beider Kapitalarten miteinander kombiniert.

Welche Arten von Fremdkapital gibt es?

Gemäß dem deutschen Handelsgesetzbuch werden in einer Bilanz vier Arten von Fremdkapital ausgewiesen: Rückstellungen, Verbindlichkeiten, Rechnungsabgrenzungsposten und passive latente Steuern.

Rückstellungen bezeichnen Verbindlichkeiten, die zwar bereits bekannt sind, nicht aber in ihrer Höhe und/oder Fälligkeit. Sie werden demnach für zukünftige Aufwendungen gebildet, bei denen noch nicht feststeht, wann und in welcher Höhe sie anfallen. Typischerweise werden Rückstellungen für Pensions- und Steuerverpflichtungen sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten gebildet.

Im Gegensatz zu Rückstellungen sind Verbindlichkeiten finanzielle Verpflichtungen eines Unternehmens gegenüber Dritten, die sowohl in ihrer Höhe als auch ihrer Fälligkeit bekannt sind. Die wichtigsten Verbindlichkeiten entstehen durch Lieferungen und Leistungen und Darlehen. Wenn ein Unternehmen eine Ware oder Dienstleistung bereits erhalten, aber noch nicht dafür bezahlt hat, wird eine Verbindlichkeit durch Lieferungen und Leistungen bilanziert. Ähnliches gilt für Bankdarlehen, die mit dem Teil bilanziert werden, den das Unternehmen noch nicht zurückgezahlt hat. Weitere typische Verbindlichkeiten sind erhaltene Anzahlungen und Verbindlichkeiten aus Anleihen.

Rechnungsabgrenzungsposten und passive latente Steuern spielen in den meisten Unternehmensbilanzen eine eher untergeordnete Rolle. Rechnungsabgrenzungsposten entstehen, wenn Erträge bereits im Vorjahr generiert wurden, die Leistung aber erst im neuen Jahr erbracht wird. Passive latente Steuern ergeben sich aus unterschiedlichen Wertansätzen in Handels- und Steuerbilanz.

Das sind die Vor- und Nachteile einer Aufnahme von Fremdkapital

Fremdkapital bietet einem Unternehmen vor allem drei wesentliche Vorteile. Zum Ersten ergibt sich ein Steuervorteil durch die Absetzbarkeit der Zinsen für Fremdkapital. Zum Zweiten haben Fremdkapitalgeber kein Mitspracherecht bei Unternehmensentscheidungen. Das gibt den Eigenkapitalgebern die volle Kontrolle über ihr Unternehmen. Und zum Dritten erhöht die Aufnahme von Fremdkapital den finanziellen Handlungsspielraum eines Unternehmens. Es kann ohne eine Eigenkapitalerhöhung zusätzliche Investitionen tätigen und damit Wachstumschancen schaffen.

Aber Fremdkapital ist auch mit drei bedeutenden Nachteilen verbunden. Es wird von den Gläubigern nicht kostenlos zur Verfügung gestellt. Je höher das für sie mit der Kapitalbereitstellung verbundene Risiko ist, umso höher fallen auch die Zinsen aus. Ein hoher Fremdkapitalanteil erhöht zudem das Insolvenzrisiko eines Unternehmens. Bei einem geringen Eigenkapitalpuffer ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass ein Unternehmen in eine bilanzielle Überschuldungssituation gerät. Nicht zuletzt verstärkt Fremdkapital die Abhängigkeit von den Gläubigern. In der Regel verlangen sie von einem Unternehmen Sicherheiten im Gegenzug für die Bereitstellung von Kapital.

Welche steuerlichen Vorteile bietet Fremdkapital für Unternehmen?

Wie bereits erwähnt, ist der große betriebswirtschaftliche Vorteil von Fremdkapital gegenüber Eigenkapital, dass die Zinsen, die ein Unternehmen für das aufgenommene Fremdkapital zahlt, fast immer als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar sind. Das bedeutet, dass Fremdkapitalzinsen die Steuerlast eines Unternehmens reduzieren. Je höher die Zinsaufwendungen für Fremdkapital, desto stärker verringert sich die Besteuerungsgrundlage.

Wie wirkt sich eine hohe Fremdkapitalquote auf die finanzielle Stabilität eines Unternehmens aus?

Die Fremdkapitalquote bringt zum Ausdruck, welchen Anteil das Fremdkapital bezogen auf das Gesamtkapital ausmacht. Eine ideale Fremdkapitalquote gibt es für Unternehmen nicht. Sie hängt im Wesentlichen von der Branche, der Geschichte und der Geschäftsentwicklung eines Unternehmens zusammen.

Grundsätzlich bedeutet eine höhere Fremdkapitalquote eine geringere finanzielle Stabilität eines Unternehmens. Je höher der Anteil des Fremdkapitals, umso größer ist auch die finanzielle Belastung des Unternehmens durch Zinszahlungen. Diese kann im Extremfall zu einer bilanziellen Überschuldung oder einer Illiquidität führen.

Zudem kann eine hohe Fremdkapitalquote dazu führen, dass andere Firmen, sei es als Kunden oder als Lieferanten, nicht mit einem Unternehmen zusammenarbeiten wollen. Dies gilt vor allem bei langfristigen Kooperationen, die durch eine mangelnde finanzielle Stabilität gefährdet werden können.

Wie beeinflusst Fremdkapital die Bonität eines Unternehmens?

Ein zu hoher Fremdkapitalanteil beeinflusst die Bonität, also die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens in der Regel negativ. Die Kombination aus geringem Eigenkapitalanteil und hohen Zinszahlungen signalisiert Gläubigern, dass die Gefahr einer finanziellen Schieflage groß ist.

Fremdkapital beeinflusst vor allem zwei Kennzahlen, die bei der Berechnung der Bonität eine große Rolle spielen: die Kapitalrentabilität und die Zinsaufwandsquote. Die Kapitalrentabilität gibt an, welche Rendite ein Unternehmen nach Abzug der Fremdkapitalzinsen im Verhältnis zur Bilanzsumme generiert. Je höher dieser Wert ausfällt, desto besser ist die Bonität. Die Zinsaufwandsquote beschreibt das Verhältnis zwischen Zinsaufwendungen und der Gesamtleistung eines Unternehmens. Je höher diese Quote, umso niedriger ist die Bonität.

Eine angemessene Nutzung von Fremdkapital muss aber nicht zwingend zu einer Verschlechterung der Bonität führen. Der gezielte Einsatz von Fremdkapital kann Unternehmenswachstum ermöglichen und damit wichtige Ertrags- und Bilanzkennzahlen verbessern.

So beeinflusst das Zinsniveau die Entscheidung für Fremdkapital

Das allgemeine Zinsniveau ist eine der wichtigsten Entscheidungsgrundlagen für Unternehmen in Bezug auf die Aufnahme von Fremdkapital. Je niedriger das Zinsniveau, desto günstiger ist es für Firmen, sich über Fremdkapital zu finanzieren.

Diese Tatsache nutzen viele Unternehmen aus, indem sie sich in Zeiten niedriger Zinsen langfristige Unternehmensfinanzierungen sichern oder teurere Kredite durch günstigere ablösen. Ist das Zinsniveau hingegen hoch, wird die Finanzierung durch Fremdkapital hingegen unattraktiver.

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