Was für eine Woche für Wirecard und seine Aktionäre: Zwar blieben weitere Details zu möglichen Bilanztricksereien von Mitarbeitern des Bezahldienstleisters in Asien aus, auch der Aktienkurs stabilisierte sich bei rund 100 Euro, wenngleich mit mehreren Ausschlägen nach oben und unten. Und doch entwickelt sich das Drama um Wirecard immer mehr zum Kriminalfall. Weniger wegen der Tatsache, dass in den USA Anwälte bereits Sammelklagen im Namen von betroffenen Anlegern gegen Wirecard vorbereiten sollen. An der Zuspitzung der Situation haben vor allem zwei renommierte Zeitungen ihren Anteil.
Aussage gegen Aussage
So bleibt die angesehene Financial Times (FT) bei ihrer Darstellung, dass es nach ihren Informationen zu Kontomanipulationen und Dokumentfälschungen bei der Wirecard AG in Singapur gekommen sei. Mindestens zwei Führungskräfte in Deutschland hätten von der Praxis zumindest „etwas Kenntnis“, so die FT. Wirecard hatte diese Darstellung bereits mehrfach als „diffamierend und falsch“ zurückgewiesen. Dass es vor gut einer Woche zu einem Besuch der Polizei am Standort Singapur kam, hinderte Wirecard deshalb nicht daran, selbst Anzeige gegen Unbekannt wegen möglicher Kursmanipulationen zu stellen. Doch genau in diesem Punkt könnte es nun für die Financial Times selbst eng werden.
Wussten Shortseller Bescheid?
Am Donnerstag wartete die in der Regel gut informierte Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) mit einer brisanten Meldung auf: Der Staatsanwaltschaft München I liege die Aussage eines Leerverkäufers vor, der zugegeben habe, „vorab darüber informiert worden zu sein, wann die Financial Times in ihrer Onlineausgabe über Wirecard berichten würde“. Ein klarer Fall von Marktmanipulation steht also im Raum. So wie Wirecard zuvor alle gegen sich gerichtete Anschuldigungen prompt zurückwies, konterte auch die Financial Times sofort: Ihr Personal habe keinerlei Informationen an Shortseller weitergegeben, ließ FT wissen.
Nicht das erste Mal
Welche der beiden renommierten Blätter nun die Wahrheit kennt, ist für Außenstehende völlig offen. Tatsache allerdings ist, dass Wirecard in der Vergangenheit bereits mehrfach von Shortsellern, die auf fallende Kurse setzen, attackiert worden war. Etwa 2016 durch die bis dahin völlig unbekannten Herausgeber, die unter dem Namen Zatarra einen kritischen Report zu Wirecard veröffentlichten. Beweise für ihre Vorwürfe konnten die Verfasser nie erbringen, dennoch kam es zu einem drastischen Kurssturz der Wirecard-Aktie. Die Staatsanwaltschaft München hat gegen die Herausgeber im Dezember 2018 einen Strafbefehl wegen möglicher Kursmanipulation beantragt. Fakt am Rande: Es war die Financial Times, die den Zatarra-Report damals öffentlich machte.
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