In dieser Woche hat Wirecard an der Börse Außergewöhnliches erlebt: In einer bedeutenden Tageszeitung erschien ein kritischer Bericht über den Zahlungsdienstleister – und die Aktie stieg an diesem Tag sogar zunächst leicht. In dem Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom Donnerstag ging es um mögliche Geschäftsbeziehungen von Wirecard zum fragwürdigen israelischen Online-Anbieter Banc de Binary mit Sitz auf Zypern im Jahr 2017. Doch die Anleger reagierten gelassen, der Rücksetzer am Freitag um rund 1,3 Prozent hatte zweifellos andere Ursachen. Möglicher Hintergrund: Die SZ hatte, anders als die Financial Times in früheren Fällen, das Unternehmen nach den üblichen journalistischen Gepflogenheiten vorab zu den Vorwürfen befragt – und deren Dementi gleich mitgeliefert.
Umsätze im Millionenbereich?
Im Kern ging es in dem Bericht um die Banc de Binary, die laut SZ ihren Kunden mit sogenannten binären Optionen einst „das schnelle Geld in Aussicht stellte“. Nachdem mehrere Aufsichtsbehörden die Gefahr für Anleger erkannt hatten, seien binäre Optionen verboten worden. Die Banc de Binary habe daraufhin im Januar 2017 ihre Lizenz zurückgegen und im darauffolgenden März sein Geschäft eingestellt. „In den Büchern von Wirecard existierte Banc de Binary aber offenbar weiter“, heißt es. Aus internen Dokumenten der Finanzbuchhaltung von Wirecard gehe hervor, dass der Online-Anbieter im gesamten Jahr 2017 weiter Umsatz erwirtschaftet haben soll, „mit Transaktionen im Millionenbereich“.
Wirecard: „Nicht authentisch“
„Die von der FT veröffentlichten Informationen sind nicht authentisch“, erklärte Wirecard demnach auf Anfrage der SZ. Die internen Unterlagen, auf die sich einst die Financial Times berief und offenbar auch der Süddeutschen Zeitung vorliegen, sollen also, so deren Interpretation, „zumindest teilweise verändert oder gar manipuliert worden sein“. In der Tat seien die Unterlagen Teil der Datensätze aus der Wirecard-Filiale in Singapur. Und dort begann einst das Drama für Wirecard, als die FT Ende Januar erstmals Vorwürfe der Bilanztricksereien gegen den Zahlungsdienstleister erhob. Wirecard selbst hat diese stets zurückgewiesen, sprach von einzelnen, längst korrigierten Fehlbuchungen. Das Unternehmen hat nach erneuten Angriffen aus London im Oktober 2019 eine Sonderprüfung der Vorfälle durch die eine externe Prüfungsgesellschaft beauftragt. Die Ergebnisse stehen noch aus.
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