Liebe Leser,
noch vor Tagen war ich vergleichsweise skeptisch bezüglich der Aktie von Wirecard. Nun hat der Wert plötzlich am 18. Juni einen Tag der Wahrheit, der Entscheidung. Am Montag gewann der Kurs um gut 6,8 % dazu – und das Kursziel verschob sich wohl dramatisch nach oben. Das jedenfalls ist die Sichtweise einiger Analysten, die jetzt an bessere Zeiten erinnern. 120, 130 und 150 Euro lauteten einst die Kurse. Ist das einstige Wunderkind an den Börsen doch ein Unternehmen, das wir genau betrachten sollten?
Wirecard: Was sagen die Prüfer?
Die entscheidende Frage dürften Wirtschaftsprüfer beantworten: Am 18. Juni zur Vorstellung der Jahresergebnisse wird das Unternehmen zeigen müssen, ob die Wirtschaftsprüfer dem Jahresabschluss auch ein Testat verleihen. Sollte dies geschehen, die Bilanz also formal korrekt sein, kann damit die Stimmung wieder nach oben drehen.
Sofern allerdings die Prüfer wieder – einmal – etwas an der Bilanz aussetzen, wird es unruhig. Wirecard gilt dann wahrscheinlich als zum Abschuss freigegeben. Die Märkte haben am Monta angesichts des nahenden Jahresabschlusses zwar schon jubiliert. Dennoch: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den gesamten Vorstand, weil die Märkte über das letztlich fehlende Testat an einer Stelle der Sonderprüfung nicht vorab informiert worden sind. Möglicherweise haben Insider zunächst Kasse machen dürfen.
Auch gibt es Klagen von Aktionären – wegen dieses Vorgangs. Die sehen sich geschädigt und wollen mit einer renommierten Anwaltskanzlei im Rücken Schadenersatz geltend machen.
Letztlich ist die Stimmung an sich recht angespannt. Denn allzu viele Probleme darf sich das Unternehmen nicht mehr erlauben, nachdem die KPMG Ende April die Sonderprüfung letztlich an der entscheidenden Stelle, als es um einen Drittanbieter und dessen kreative Buchführung hinsichtlich getätigter Umsätze ging, zu einem Desaster für Wirecard werden ließ.
Sofern es also kein (!) Testat geben sollte, dann könnte der Kurs nach der Vorwarnung Ende April hier richtig massiv unter Druck geraten. Dies wiederum wäre nicht unwahrscheinlich, meinen zumindest auch die charttechnischen Analysten. Denn die Kurse sind ohnehin bereits im Abwärtstrend. Erst bei Notierungen oberhalb von 100 Euro käme es hier zu Änderungen, meinen die Analysten. Dann rücken die alten Kursziele bei 120 Euro, vielleicht auch 130 und 150 Euro ins Blickfeld.
Dann würden auch technische Analysten langsam wieder von einem Aufwärtstrend sprechen. Vor 120 Euro jedoch wird sich hier keine Stimme rühren. Es wäre nicht überraschend, wenn Wirecard in zwei Tagen, am 18. Juni, tatsächlich enttäuscht. Dann sollten Sie sich bei dieser Aktie festhalten. Daher bevorzuge ich Substanz ganz anderer Unternehmen. Denken Sie an meine jüngsten Hinweise etwa zu Procter&Gamble. Wirecard ist und bleibt nun eine kurzfristige Spekulation.
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