Das Zurückdrängen des freien Marktsystems, die Semi-Verstaatlichung
von Wirtschaft und Gesellschaft ist die leidvolle Konsequenz des Fiat-
Geldsystems. Den Anleger stellt das vor besondere Herausforderungen.
DIE MACHT DES ZINSES
In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe
von 0,54 Prozent Ende Juli 2020 auf nunmehr 1,35 Prozent gestiegen
(Abb. 1). Das ging einher mit einem Rückgang des Goldpreises. Er fiel von seinem
Rekordstand am 5. August von gut 2.047 USD/oz auf etwa 1.800 USD/oz.
Die Erklärung dafür lautet: Der steigende Zins hat die Goldhaltung verteuert:
Wer Gold hält, erzielt keine Zinsen, die er alternativ durch das Halten von zinstragenden
Papieren erzielen könnte. Während fallende Zinsen die Kosten der Goldhaltung
verringern und die Goldnachfrage und damit tendenziell auch den Goldpreis
in die Höhe treiben, bewirken steigende Zinsen das Gegenteil: abnehmende
Goldnachfrage und nachgebender Goldpreis.
Für den Anleger stellen sich nun wichtige Fragen: Ist das die “Zinswende”? Ist
damit zu rechnen, dass die Zinsen noch weiter ansteigen, dass sie wieder “normale”
Niveaus annehmen, dass sie vielleicht stärker steigen, als sich es viele Investoren
derzeit vorstellen wollen? Auf den ersten Blick sprechen eine Reihe von
Gründen dafür, diese Fragen zu bejahen.
So steigt etwa die Wahrscheinlichkeit, dass die Konjunkturkrise, ausgelöst durch den politisch diktierten Lockdown, bald überwunden sein wird. Auch spricht für steigende Zinsen, dass die Verschuldung von Staat und Privatwirtschaft gewaltig ansteigt. Angesichts der dadurch verschlechterten Kreditqualität wäre eigentlich zu erwarten, dass Kreditgeber
ihren Schuldnern einen höheren Zins in Rechnung stellen.
Vor allem aber ist auch mit Preisauftrieb zu rechnen: Die US-Zentralbank (Fed)
hat die Geldmenge drastisch ausgeweitet. Das spricht dafür, dass die Güterpreise
– ob nun in Form von Konsumgüter- und/oder Vermögensgüterpreisen – in die
Höhe steigen, dass mit Inflation zu rechnen ist. Dass das neu geschaffene Geld
nachfragewirksam eingesetzt wird und, weil es auf ein vermindertes Güterangebot
trifft, sich in steigenden Preisen entladen wird, liegt auf der Hand.
All diese Faktoren, die auf den Zinsmarkt wirken, sind übrigens nicht auf die USA beschränkt. Sie wirken auch in vielen anderen Ländern der westlichen Welt. Auch
hier haben schließlich die Staaten und ihre Zentralbanken zur gleichen Politik
gegriffen: Ausweitung der Schulden und Vermehrung der Geldmengen.
DIE ANATOMIE DES ZINSES
Um das künftige Zinsmarktgeschehen besser einschätzen zu können, bietet es
sich an, zunächst einen Blick auf die Entwicklung der Zinsen in den letzten Jahrzehnten
zu werfen. Abb. 2 zeigt die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen
sowie den Fed-Leitzins in Prozent von 1972 bis Februar 2021. Drei Dinge stechen
hervor.
Erstens: Die Zinsen befinden sich seit Anfang der 1980er Jahre in einem
Abwärtstrend.
Zweitens: Zwischen Leitzins und Langfristzins besteht ein positiver
und recht enger Verbund. Drittens: Die Schwankungen des Leitzinses waren
deutlich stärker ausgeprägt als die des Langfristzinses. Das alles ist nicht zufällig.
Es steht vielmehr in unmittelbarer Verbindung zur Funktionsweise des Geld- und
Kreditsystems, das man wohl am besten als ein ungedecktes Geldsystem, als ein
Fiat-Geldsystem bezeichnen kann.
In einem Fiat-Geldsystem wird per Kreditvergabe neues Geld in Umlauf gebracht:
Immer dann, wenn die Zentralbank und/oder die Geschäftsbanken Kredite ausreichen,
erhöhen sie dadurch die Geldmenge. Es handelt sich hierbei um „Geldschaffen
aus dem Nichts”. Eine Folge sind Wirtschaftsstörungen. Anfänglich
sorgt die Ausgabe von neuem, per Kredit produziertem Geld für einen (künstlichen)
Konjunkturaufschwung (“Boom”).
Der ist jedoch von begrenzter Dauer, er
schlägt früher oder später in einen Abschwung (“Bust”) um. Um Rezession und Arbeitslosigkeit abzuwenden, senkt die Zentralbank den Zins noch weiter ab und
erhöht das Kredit- und Geldmengenangebot. Um das ein oder andere Mal kann
so der Bust abgewehrt, in einen neuerlichen Boom umgewandelt werden.
In einem Fiat-Geldsystem wachsen die Schulden allerdings stärken, als die Einkommen
zunehmen. Die Zinslasten der Verschuldeten würden bei unveränderten
Zinsen ansteigen (relativ zu ihren Einkommen), und Kreditnehmer würden
Schwierigkeiten haben, ihren Schuldendienst vollumfänglich zu leisten. Um diese
Bedrängnis zu verhindern und gleichzeitig auch die Konjunkturen weiter anzutreiben,
schleust die Zentralbank die Zinsen im Zeitablauf immer weiter herunter.
In Krisenphasen reagieren die Geldpolitiker mit weiteren Zinssenkungen, und in
Aufschwungphasen ziehen sie die Zinsen wieder an, allerdings bringen sie die
Zinsen dabei nicht mehr auf das Vor-Krisenniveau zurück. Das erklärt zu einem
ganz wesentlichen Teil, warum die Kapitalmarktzinsen in den letzten Jahrzehnten
abgesunken sind. Es kommt allerdings noch einige Faktoren hinzu.
In den vergangenen Dekaden ist die Inflation der Konsumgüterpreise in vielen
Volkswirtschaften rückläufig gewesen. Das hat dazu geführt, dass auch die Inflationserwartungen, die die Kapitalmarktzinsen beeinflussen, abgesunken sind. Die
langjährige Erfahrung mit fallender Konsumgüterpreisinflation hat das Vertrauen
in die Zentralbanken, dass sie die Konsumgüterpreisinflation auch künftig niedrig
halten, gestärkt.
[An dieser Stelle ist anzumerken: Die Inflation der Konsumgüterpreise
ist zwar abgesunken. Aber die Vermögenspreisinflation hat im Gegenzug
drastisch zugelegt. Es wäre also ein Trugschluss zu glauben, die Geldpolitiker
hätten die Kaufkraft des Geldes “stabil” gehalten! Je nachdem, welche Vermögenspreise
betrachtet werden, ist der Kaufkraftverlust von US-Dollar, Euro und
Co. sogar ganz beträchtlich – aber viele Menschen erkennen das leider nicht.]
Ein weiterer Faktor, der die Kapitalmarktzinsen hat absinken lassen, ist der Realzins.
Es ist wahrscheinlich, dass die Menschen angesichts erhöhter Pro-Kopf-
Einkommen über die Jahre zukunftsorientierter geworden sind. Das heißt, sie
haben mehr gespart aus ihrem laufenden Einkommen. Das wiederum hat das
Sparangebot erhöht und, weil das Investitionsvolumen nicht Schritt gehalten hat,
den Realzins absinken lassen.
Es gibt viele (keynesianisch gesinnte) Ökonomen,
die diese Auffassung vertreten. Aus ihrer Sicht sind die derzeit (immer noch) sehr
niedrigen Kapitalmarktzinsen die Folge eines “Sparüberschusses” (“Savings
Glut”). Sie empfehlen daher, der Staat müsse nachfragewirksame (Investitions-
)Ausgaben tätigen, um die Wirtschaft zu beleben – die Ersparnisse per Verschuldung
einsammeln und unter die Leute bringen.
Wenngleich alle diese Faktoren in der einen oder anderen Weise auf den Kapitalmarktzins
einwirken, so sollte jedoch die zentrale Rolle der Geldpolitik dabei
nicht übersehen werden. Die unangenehme Wahrheit ist nämlich, dass die Geldpolitik
dafür sorgt, die Marktzinsen künstlich und chronisch nach unten zu verzerren.
Wie erklärt sich das? In einem Fiat-Geldsystem weiten die Banken das
Kreditangebot aus, ohne dass entsprechende Ersparnisse vorhanden wären.
Dadurch wird der Marktzins unter das Niveau gedrückt, das vorherrschen würde,
wenn die Zentralbanken und/oder die Geschäftsbanken keine Kredite, denen
keine Ersparnisse gegenüberstehen, anbieten würden. Im Fiat-Geldsystem ist
folglich eine “Zinsverzerrung nach unten” systemimmanent, ist vorprogrammiert.
Mit problematischen Folgen.
DIE KONTROLLE DES ZINSES
Ursprünglich hatten sich die Zentralbanken darauf beschränkt, den Kurzfristzins
zu bestimmen. Zu diesem Zins können die Banken sich bei der Zentralbank auf
dem Kreditwege Zentralbankgeld beschaffen, das sie brauchen, um ihrerseits
Kredite an Staaten, Unternehmen und Haushalte vergeben zu können. Der langfristige
Kreditzins konnte sich unter diesen Bedingungen mehr oder weniger frei
am Markt bilden.
Allerdings bestand auch hier ein gewisser Verbund zwischen
Kurz- und Langfristzins: Die Zentralbanken konnten durch die Kontrolle des
Kurzfristzinses auch Einfluss auf den Langfristzins nehmen. In den letzten Jahren
sind die Zentralbanken jedoch dazu übergegangen, die Zinsmärkte stärker denn
je zu kontrollieren: Sie setzen nicht nur den Kurzfristzins, sie beeinflussen jetzt
auch die Langfristzinsen direkt, indem sie Schuldpapiere aufkaufen.
Interessanterweise brauchen die Zentralbanken nicht dauerhaft Schuldpapiere zu
kaufen, um die gewünschten Renditen herbeizuführen. Wenn sie die Finanzmarktakteure
wissen lassen, dass sie die Renditen auf niedrigem Niveau zu sehen
wünschen, dann werden die Investoren nicht gegen die Zentralbank spekulieren,
sondern die Renditen wandern quasi automatisch auf die geldpolitisch angedachten
Niveaus:
So gesehen ist es vermutlich nicht übertrieben zu sagen, dass
die Zentralbanken mittlerweile die Zinsmärkte voll und ganz kontrollieren (zumindest
die Märkte für Staatsschulden sowie auch die für Bankschuldpapiere).
Der Zins ist folglich kein Phänomen des freien Marktes (mehr), er ist vielmehr politisch
gesetzt, im Fiat-Geldsystem ist er heruntermanipuliert.
Die Effekte für die Volkswirtschaften sind gewaltig. Es kommt zu Fehlentwicklungen
– zum Beispiel wird das Sparen entmutigt, Überkonsum und Fehlinvestitionen
werden befördert. Hinzu kommt ein Preisauftrieb, der alle Güter und
Dienste in der Volkswirtschaft erfasst. Dazu rufe man sich in Erinnerung, dass der
Zins letztlich in allen Güterpreisen “steckt”.
Beispiel Vermögenspreise: Die
Marktpreise von Aktien, Anleihen und Grundstücken werden ermittelt, indem
man ihre künftigen Zahlungsströme auf die Gegenwart abzinst. Hier gilt: Je niedriger
(höher) der Zins ist, desto höher (niedriger) sind die Preise für Aktien, Anleihen
und Grundstücke. Oder Beispiel Rohstoffe: Sie werden gebildet auf Basis ihres
erwarteten abdiskontierten Wertgrenzproduktes. Auch hier gilt: Je niedriger
(höher) der Zins ist, desto höher (niedriger) fällt auch ihr Marktpreis aus.
SOZIALISMUS DURCH DIE HINTERTÜR
Damit offenbart sich ein großes Problem: Die künstlich abgesenkten Zinsen treiben
die (Vermögens-)Güterpreise in die Höhe, und die inflationierten Güterpreise
bilden die (nominale) Grundlage, auf der sich die Verschuldung aufbaut. Das
lässt sich anhand eines einfachen Beispiels verdeutlichen. Nehmen wir an, ein
Unternehmen weist auf der Aktivseite liquide Mittel in Höhe von 100 Euro aus.
Da es einen Kredit von 50 Euro aufgenommen hat, beträgt sein Eigenkapital 50
Euro.
Nun nimmt die Firma einen zusätzlichen Kredit in Höhe von 50 Euro auf,
um eine Unternehmensbeteiligung in Höhe von 150 Euro zu kaufen. Nach dem
Kauf steigen die Marktzinsen an, und der Marktwert der Unternehmensbeteiligung
fällt auf, sagen wir, 80 Euro. Die Folge wäre, dass das Unternehmen überschuldet
ist, das Eigenkapital wäre fort (es stünde auf der Aktivseite).
Das Beispiel soll verdeutlichen: Sind die Vermögenspreise zinsbedingt stark inflationiert
worden, und sind die Marktakteure hoch verschuldet, würde ein Ansteigen
der Zinsen sehr wahrscheinlich Pleitewellen und Kreditausfälle in großem Stile
nach sich ziehen. Viele Schuldner würden sprichwörtlich Haus und Hof verlieren.
Denn sie erleiden nicht nur den Verlust ihres Eigenkapitals, wenn die “Preisblase”
platzt und die Schulden das wertgeminderte Vermögen übersteigen.
Sie
bleiben auch auf ihren Schulden sitzen. In solch einer Überschuldungskrise wäre
mit einer gewaltigen Vermögensumverteilung zu rechnen: Die Kreditgeber – soweit
in den Kreditverträgen Sicherheiten vereinbart wurden – können sich nämlich
bedienen aus den Vermögensgegenständen, die die Verschuldeten bislang
ihr Eigen nannten.
Es liegt auf der Hand, dass es vor allem die Banken sein würden, an die die Konkursmasse
(Häuser, Grundstücke, Unternehmen(-santeile) übergeht. Allerdings
wäre zu vermuten, dass im Zuge einer großangelegten Pleitewelle das ohnehin
dünne Eigenkapital der Banken ebenfalls aufgezehrt wird. Um die Banken zu retten,
würde der Staat vermutlich dafür sorgen, dass die Verbindlichkeiten der
Banken in Eigenkapital umgewandelt werden (“Debt for Equity Swap”); die
Gläubiger der Banken also zur Ader gelassen würden.
Oder aber der Staat rettet
die Banken, indem er ihnen neues Eigenkapital beschafft. Dazu könnte er neue
Anleihen ausgeben, die von der Zentralbank gekauft werden, und das dadurch
neu geschaffene Geld wird als Eigenkapital in die Banken eingezahlt. Der Staat
hätte auf diese Weise den Bankensektor verstaatlicht, und er wäre nun derjenige,
der über die Konkursmasse verfügen kann.
Das Platzen der Preisblase, die im Fiat-Geldsystem aufgebaut wurde, könnte
folglich zu einem wahren “Umsturz der Eigentumsverhältnisse” führen: einer
Enteignung des Privatbesitzes quasi durch die Hintertür. Es würde die Volkswirtschaften
quasi direkt in den Sozialismus katapultieren. Eine finstere Aussicht.
Denn der Sozialismus – er steht für die Verstaatlichung der Produktionsmittel –
ist erwiesenermaßen unmöglich, ist zum Scheitern verurteilt. Der materielle
Wohlstand der Volkswirtschaften würde gewaltig absinken.
Vorbei wäre es mit
der individuellen Freiheit (beziehungsweise mit dem, was davon heute noch übrig
ist). Zwang und Gewalt hielten Einzug in das tägliche Leben der Menschen.
Einigen wenigen würde es sehr gut gehen, der Mehrheit der Bevölkerung würde
es aber sehr schlecht gehen.
VORSICHT GELDENTWERTUNG
Es wird von der politischen Kräfteverteilung abhängen, welche Folgen das Fiat-
Geldsystem letztlich haben wird: das Inflationieren um jeden Preis oder aber das
Platzenlassen der Schulden- und Preisblase. Das Bestreben, die gewaltige Verschuldungspyramide,
die das Fiat-Geldsystem hervorgebracht hat, vor dem Einsturz
zu bewahren, würde es in jedem Falle erfordern, die Geldmenge immer
weiter auszudehnen und die Kaufkraft des Geldes herabzusetzen.
Die Geprellten
werden in diesem Szenario die Geldhalter sein und auch alle, die Zahlungsforderungen
in dem entwerteten Geld besitzen. Gewinner werden diejenigen sein, die
“Sachwerte” besitzen, und denen es möglich ist, ihre Kreditverbindlichkeiten mit
entwertetem Geld zurückzuzahlen. Allerdings wäre auch in diesem Szenario zu
erwarten, dass die sozialistischen Kräfte gewaltig Rückenwind erhalten.
Eine Entwertung des Geldes wird viele Menschen in große Bedrängnis bringen:
Sie werden ihren Lebensstandard nicht halten können. Nahrung, Miete, Transport,
Krankenversicherung etc. werden zusehends teurer, immer weniger bezahlbar.
Eine solche Notlage ist erfahrungsgemäß der Nährboden für Demagogen,
die die Missstände dem System der freien Märkte zuschreiben, und die Besserung
durch sozialistische Politiken versprechen:
Steuern für Reiche, staatliche
Preiskontrollen, Rationierung von Gütern, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Verstaatlichung
von Betrieben etc. Das erscheint gerade in Volkswirtschaften ein realistisches
(Folge-)Szenario zu sein, in denen bereits ein relativ großer Teil der Bevölkerung
vom Staat abhängig ist, sei es durch Anstellung, Arbeitslosengeld,
Pensionen oder lukrative Aufträge.
Natürlich stellt das Fiat-Geldsystem allein schon dadurch die Weichen in Richtung
Sozialismus, dass es den Finanzierungsspielraum des Staates gewaltig ausweitet.
Der Staat kann sich dadurch sprichwörtlich alles kaufen, es wird ihm ermöglicht,
quasi ungehindert in alle Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche vorzudringen.
Genau das lässt sich in allen Staaten, die Fiat-Geld verwenden, auch beobachten.
Ob nun gemessen an der Staatsverschuldung relativ zum Volkseinkommen,
an der Zahl der Verordnungen und Gesetze oder der Höhe und Vielfalt der Steuern:
Die Staaten werden immer größer und mächtiger. Wer immer noch meint,
der Staat ließe sich in seinem Ausdehnungsdrang vielleicht doch noch einhegen,
der sollte insbesondere die “explosive Dynamik”, die das Fiat-Geldsystem entfaltet,
bei seinen Überlegungen nicht außer Acht lassen.
Die explosive Dynamik des Fiat-Geldsystems entfaltet sich in der Krise, für die es
immer wieder und unweigerlich sorgt, wenn das Finanz- und Wirtschaftssystem
abzustürzen droht. Dann erscheinen plötzlich alle Mittel recht zu sein, um den
Kollaps der Schuldgeldpyramide und der Produktions- und Beschäftigungsstruktur,
die sich unter ihr aufgebaut hat, abzuwenden. Diese Befürchtung stützen
zum Beispiel die Geschehnisse in der politisch diktierten Lockdown-Krise:
Die
Zentralbanken sind „all in“ gegangen, um Kreditausfälle auf breiter Front zu
verhindern, sie haben die elektronische Notenpresse angeworfen, um staatliche
Transferzahlungen in gewaltigem Ausmaß zu finanzieren. Vor dem Wahl, das
System Pleite gehen zu lassen oder es zu inflationieren, haben Regierende und
Regierte sich für das zweitere und gegen das erstere entschieden.
PRINZIPIEN BEACHTEN
Den Blick nach vorn gerichtet, lassen sich eine ganze Zahl von Herausforderung
für das Investieren erkennen. Eine zentrale Aufgabe wird es für den Anleger
sein, passende Antworten auf den Geldwertschwund zu finden. Das ist leichter
gesagt als getan. Denn man muss sicherstellen, dass die gewählte Alternative zur
Geldhaltung – wie beispielsweise Aktien, Häuser, Grundstücke, Edelmetalle –
nicht unerwartete Verluste bescheren.
Tauscht man beispielsweise Termin- und
Spareinlagen in Aktien, und erweisen sich die Kaufpreise der Aktien als überzogen,
wird der Anleger nachfolgend Kursverluste erleiden (die im schlimmsten Fall
dauerhaft sein können).
Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, sich mit einigen wenigen Prinzipien auseinanderzusetzen:
(1) Sorge für eine gewisse Diversifikation. Eine Streuung des
Anlagekapitals auf zum Beispiel Aktien, Immobilie und Edelmetalle senkt tendenziell
das Risiko. Eine solche Diversifikation beinhaltet auch, weltweit investiert
zu sein, und Konten und Depots nicht nur bei einer, sondern bei mehreren Banken
zu unterhalten.
(2) Handle mit Langfristorientierung. Wer mit einen langfristigen
Horizont investiert (das heißt mit drei oder fünf Jahren oder auch länger),
der läuft weniger Gefahr, im Zuge des Auf und Ab an den Märkten Fehlentscheidungen
zu begehen (wie beispielsweise aus einer situativen Stimmungslage
heraus unbedachte Entscheidungen zu treffen).
(3) Beachten Sie das Prinzip „Preis versus Wert“. Der Preis ist das, was man bezahlt.
Der Wert ist das, was man für sein Geld bekommt. Die beste Aktie, das
beste Haus eignet sich nicht als Anlage, wenn es zu teuer gekauft wird; denn die
Rendite wird von Kaufpreis und dem Wert der Anlage bestimmt. Der Anleger ist
daher gut beraten, vor dem Kauf eine klare Vorstellung von dem Wert zu haben,
und Vorsicht walten zu lassen bei solchen Anlagen, deren Wert er nicht mit hinreichender
Genauigkeit einschätzen kann. Wer das Prinzip „Preis versus Wert“
gewissenhaft anwendet, der kann böse Überraschungen verringern (und besser
schlafen), und es hilft ihm auch, die Rendite zu verbessern beziehungsweise das
eingesetzte Kapital zu erhalten.
Abschließend noch ein Blick auf Gold und Silber. Wie Abb. 4 a zeigt, besteht seit
dem Anfang des 21. Jahrhunderts zwischen Goldpreis und der weltweiten Geldmenge
(hier angenähert durch die US-Dollar-Geldmenge M2) ein positiver, wenn
auch nicht immer deckungsgleicher Verbund. Sollte der Verbund zwischen Geldmenge
und Goldpreis auch künftig (und sei es auch nur richtungsmäßig) Bestand
haben (und der Verfasser dieser Zeile geht davon aus), wird das Gold für mittel bis
langfristig orientierte Anleger ein Inflations- und auch Kreditausfallschutz bleiben.
Mit Blick auf den relativ engen Verbund zwischen Gold- und Silberpreis erscheint
auch die Erwartung eines deutlich ansteigenden Silberpreises plausibel.
Gold und Silber haben zu aktuellen Preisen beträchtliches Aufwärtspotential.
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