Liebe Leser,
jahrzehntelang war die Ölproduktion der USA rückläufig. Dann begann die Branche damit, Schieferöl zu fördern. Der Boom ließ die Produktionszahlen stark ansteigen. Jetzt wähnen sich viele Amerikaner auf dem Weg, ein zweites Saudi-Arabien zu werden. Erstmals in ihrer Geschichte fördern die USA 12 Millionen Barrel (159 Liter) am Tag.
Wenn man bedenkt, dass die Ölproduktion bis 2008 nach Angaben der Energy Information Administration (EIA) auf nur noch fünf Millionen Barrel abgesunken war, dann sind die Steigerungsraten in der Tat beachtlich und nötigen uns Respekt ab. Aber sind dieser Fördermengen auch nachhaltig? An dieser Stelle muss hinter dem US-amerikanischen Ölboom ein dickes Fragezeichen gesetzt werden.
Bis 2017 war der Anteil des Schieferöls an der Ölproduktion der USA bereit auf 50 Prozent gestiegen. Die Antwort auf die Frage nach der Nachhaltigkeit steht und fällt somit mit der Höhe der Schieferölproduktion. Die Kosten für die Produktion eines Barrels Schieferöl konnten in den letzten Jahren von über 65 US-Dollar auf 50 bis 55 US-Dollar gesenkt werden.
Doch das Hauptproblem des Schieferöls bleibt: Die Fördermenge nimmt von Jahr zu Jahr drastisch ab. Die Produktion eines Schieferölfelds nimmt in den ersten drei Jahren auf nur noch 75 Prozent ab. Soll die Produktionsmenge gleich hoch bleiben, müssen zusätzliche Löcher gebohrt werden. Das verursacht höhere Kosten. Um diese nicht zu sehr explodieren zu lassen, werden die attraktivsten Stellen eines Ölfeldes als erstes erschlossen. Die Unternehmen sind darin sehr gut geworden.
Dies hat Auswirkungen auf die aktuellen Schätzungen, denn die EIA hat in den letzten fünf Jahren ihre Schätzungen zu den vorhandenen Reserven deutlich erhöht. Sie tat dies mit Blick auf die verbesserte Fördermenge pro Bohrloch. Experten wenden aber ein, dass nur weil heute mehr Öl pro Bohrloch gefördert wird und nur, weil die Firmen die ergiebigsten Stellen zuerst ausbeuten, steigt die Gesamtmenge des im Feld vorhandenen Öls noch lange nicht.
Mit anderen Worten: Haben diese Kritiker recht, lagern im amerikanischen Boden nicht die großen Ölreserven, von denen viele Amerikaner derzeit noch ausgehen. Damit steigt die Gefahr von Lieferengpässen und Preisschocks und sich allein auf die eigenen Schieferölrerserven zu verlassen, könnte für die USA zu einem sehr riskanten und teuren Abenteuer werden.
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag und grüße Sie herzlich
Ihr
Bernd Heim