Liebe Leserin, Lieber Leser,
die Herausforderungen im Wasserstoff-Bereich sind noch immer derart umfangreich, dass sich ganze Bücher damit füllen ließen. Der alternative Kraftstoff verspricht zwar eine klimaschonende bis klimaneutrale Zukunft. Doch auf dem Weg dorthin braucht es enorme Anstrengungen und massive Investitionen. Letztere geschehen nicht selten auf Pump, was viele Anleger in Zeiten der ultralockeren Geldpolitik noch recht locker wegstecken konnten.
Doch mittlerweile sind Kredite für Unternehmen zu einem sehr viel teureren Spaß geworden. Gerade im Wasserstoff-Segment haben sich Kapitalkosten in den letzten zwei Jahren immer mehr zu einem Belastungsfaktor entwickelt, zumal nicht wenige Player aus der Branche ohnehin auf einem eher wackeligen finanziellen Fundament stehen. Nun startete die neue Woche an den Märkten mit der konkreten Aussicht darauf, dass die Zinsen demnächst endlich wieder nachlassen könnte.
Der Blick auf die Fed
Insbesondere im Fokus steht die US-Notenbank Fed, welche aus ihren Absichten zu Zinssenkungen zuletzt kaum noch einen Hehl machte. Schon in der kommenden Woche dürfte es so weit sein und die Börsianer fragen sich momentan hauptsächlich, ob der erste Zinsschritt ein kleinerer oder ein größerer sein wird. Einige Beobachter rechnen mit einer Absenkung um 0,25 Basispunkte, andere halten 0,5 Basispunkte für ein realistisches Szenario. Zusätzliches Futter gab es am Freitag durch eher schwache Arbeitsmarktdaten, was viele Aktienkurse in die Tiefe schickte.
Ich persönlich rechne trotz derartiger Vorboten nur mit einer vorsichtigen Zinssenkung, da die Fed eine zu schnelle Erhitzung der Märkte mit möglichen Folgen für die Inflation tunlichst vermeiden möchte. Doch lässt sich eben nur darüber spekulieren, was den Notenbankern vorschwebt. Bei den Wasserstoff-Aktien in Übersee macht sich aber schon mal sichtlich Vorfreude breit.
Plug Power wagt sich nach Norden
Insbesondere die schwer angeschlagene Plug Power-Aktie begab sich zum Wochenstart auf die Seite der Sieger mit einem Kursplus von 6,2 Prozent. Damit ging es bis auf 1,71 US-Dollar aufwärts. Ansehnlich ist das noch nicht. Aber es ist immerhin besser als das kürzlich etablierte 52-Wochen-Tief bei 1,60 Dollar. Sehr wahrscheinlich schlugen auch mit etwas Verzögerungen Neuigkeiten über frische Förderungen der US-Energiebehörde durch.
Plug Power Aktie Chart
Unabhängig davon sind sinkende Zinsen für Plug Power aber von besonderer Bedeutung. Das Unternehmen geht schon seit einer ganzen Weile auf dem Zahnfleisch und ohne diverse Kapitalerhöhungen und immer neue Kredite hätte wohl schon längst der Weg in die Insolvenz angestanden. Nachlassende Zinsen bringen Anlegern die Aussicht auf etwas Entspannung und machen neuerliche Kapitalerhöhungen zumindest etwas unwahrscheinlicher wenngleich noch lange nicht unmöglich.
Nel ASA kann sich kaum halten
Von der EZB wird noch in dieser Woche eine weitere Zinssenkung erwartet, was aber für deutlich weniger Euphorie zu sorgen scheint. Europäische Wasserstoff-Aktien zumindest zeigten sich am Montag weitgehend antriebslos. Dies betraf auch die vielbeachteten Anteilsscheine von Nel ASA, welche um 0,7 Prozent bis auf 0,43 Euro nachgaben. Der Negativtrend aus der Vorwoche scheint sich damit fortzusetzen, trotz einer insgesamt wieder etwas besseren Marktstimmung.
Neu sind niedrige Kurse für die Anteilseigner zweifelsohne nicht. Doch die aktuellen Abwertungen schmerzen noch einmal in besonderer Weise, hat Nel ASA in den letzten Tagen doch wichtige charttechnische Unterstützungen doch noch nach unten durchkreuzt. Manche Beobachter setzten diese bei 0,45 Euro an, andere sahen bei 0,46 Euro lange Zeit einen Support. Doch unterboten wurden beide Linien, was für die nahe Zukunft nichts Gutes vermuten lässt. Vielleicht wird die Marke bei 0,40 Euro noch etwas Halt bieten. Ein Test des 52-Wochen-Tiefs bei 0,37 Euro scheint aber nicht unrealistisch zu sein.
SFC Energy geht auf dem Zahnfleisch
Etwas solidere Bilanzen würden Nel wahrscheinlich helfen, doch ein Garant für eine fulminante Kursrallye wäre selbst das noch lange nicht. Das stellt einmal mehr die Aktie von SFC Energy unter Beweis, welche nach einer viel zu kurzen Phase der Erholung schon wieder schwer unter Druck gerät. Dort kämpften die Bullen gestern darum, die Kurse nicht unter 20 Euro fallen zu lassen, was nur mit Mühe und Not gelang. Im Tief ging es für den Titel bis auf 20,05 Euro abwärts.
Per Handelsschluss standen schließlich 20,25 Euro auf dem Ticker und der Tagesverlust belief sich auf 0,75 Prozent. Das ist ein kleiner Erfolg inmitten eines noch immer viel zu lebendigen Abwärtstrends. Verglichen mit den Höchstständen aus dem Frühjahr notiert SFC Energy momentan etwa 20 Prozent tiefer. Dass das Unternehmen sehr zuverlässig steigende Umsätze und Gewinne vorzeigen kann, wird von vielen Anlegern offenbar noch immer gekonnt ignoriert.
Kein Allheilmittel
Sinkende Zinsen in den USA und Europa wären zweifelsohne eine Wohltat für Wasserstoff-Unternehmen und damit potenziell auch für damit verknüpfte Aktien. Anleger sollten aber nicht auf plötzliche Wunder setzen. Sinkende Kapitalkosten würden den Konzernen letztlich lediglich etwas mehr Zeit dafür verschaffen, den Sprung in die schwarzen Zahlen zu schaffen oder den Aktionären zumindest eine Aussicht auf eine solche Entwicklung zu liefern. Doch solange Plug Power und Konsorten bei den Auftragseingängen schwächeln und grüner Wasserstoff auf dem Energiemarkt eine Randerscheinung bleibt, wird die Skepsis unter den Börsianern sich nicht einfach in Luft auflösen.
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