Liebe Leserin, Lieber Leser,
der reine Blick auf die Kurse von Wasserstoff-Aktien ist noch immer kein schöner Anblick. Überall scheint es in die Tiefe zu gehen und bei den üblichen Verdächtigen sind historische Tiefststände nicht selten in direkter Schlagweite. Doch ungeachtet der vielen Herausforderungen und politischer Unsicherheiten gibt es durchaus noch manchen Lichtblick. In der heutigen Ausgabe möchte ich mich gezielt auf positive Faktoren konzentrieren, auch wenn solche nicht immer zwingend als Kurstreiber taugen.
Zu nennen wäre dabei allgemein die Tatsache, dass das Interesse von Wirtschaft und Politik an Wasserstoff noch immer enorm ausfällt. Schließlich verspricht der Kraftstoff, langfristig fossile Energieträger zu ersetzen und in seiner grünen Form vollständig ohne klimaschädliche Emissionen daherzukommen. Doch gerade europäische Staaten schützen mit ihren Engagement bei Wasserstoff nicht nur aktiv das Klima. Sie machen sich auch unabhängiger von Drittstaaten und welche Bedeutung dies auf lange Sicht hat, das dürfte nach dem brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wohl jedem bewusst sein.
Uniper will Wasserstoff speichern
Damit Wasserstoff eine ernstzunehmende Alternative zu Öl und Erdgas darstellt, müssen aber noch zahllose Herausforderungen gemeistert werden. Dazu zählt natürlich, die Produktion hochzufahren und die Preise zu senken. Doch auch die Infrastruktur will ausgebaut werden, was sich neben Leitungen auch auf Speichermöglichkeiten bezieht. Dahingehend kündigte Uniper nun einen großangelegten Versuch in Ostfriesland an. In Krummhörn soll ein Wasserstoff-Speicher in einem ehemaligen Salzstock entstehen.
Geprüft werden soll dabei in den nächsten zwei Jahren, ob Rohre, Pumpe und Ventile der Belastung dauerhaft standhalten können. Im Erfolgsfall sollen die Erkenntnisse genutzt werden, um kommerzielle Speicher zu entwickeln. Uniper ist auf das Erschließen neuer Bereiche angewiesen, nachdem für den Konzern aufgrund wegfallender russischer Gaslieferungen der ehemals wichtigste Geschäftsbereich über Nacht weggebrochen ist. Wasserstoff wird seither als klarer Zukunftsbereich angesehen.
Uniper Aktie Chart
Plug Power versucht es noch einmal
Auch bei Plug Power werden die Zukunftschancen von Wasserstoff erkannt. Die Zukunft hängt aber freilich nicht nur vom Willen ab, sondern auch von finanziellen Fragen. In dieser Hinsicht gibt es bei dem US-Konzern leider einige Fragezeichen. Doch die Lage scheint sich langsam aufzuhellen. Dafür sorgen nicht nur Umfrageergebnisse aus dem US-Wahlkampf, welche Kamala Harris in fast allen Swing States mittlerweile bessere Ergebnisse als dem bekennenden Klimaskeptiker Donald Trump bescheinigen.
Ende vergangener Wochen freuten die Börsianer sich auch über recht klare Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell. Jener ließ sich in seinen Formulierungen zwar noch die eine oder andere Hintertür offen. Dennoch stellte er Zinssenkungen offener denn je in Aussicht. An den Märkten wird mit einem ersten Schritt in diese Richtung bereits im September gerechnet. Nachlassende Zinsen würden bei Plug Power die Kapitalkosten senken und damit noch immer notwendige Investitionen wieder etwas günstiger werden lassen. Ein echtes Turnaround-Szenario ist das noch lange nicht. Es reichte den Bullen aber aus, um den Kurs am Freitag um immerhin 3,8 Prozent bis auf 2,20 US-Dollar anzuheben.
Nel ASA: Blick nach vorn
Mit etwas geringeren Aufschlägen musste sich heute Morgen die Aktie von Nel ASA begnügen, mit der es um lediglich ein Prozent bis auf 0,46 Euro aufwärtsging. Der angeschlagene Chart bleibt ein trauriger Anblick und es braucht momentan tatsächlich viel Wohlwollen, um darin auch nur entfernt etwas Positives zu erkennen. Nüchtern betrachtet lässt sich noch immer nicht ausschließen, dass die Bären dem 52-Wochen-Tief bei 0,37 Euro einen Besuch abstatten möchten.
Wie eingangs bereits erwähnt, nimmt Wasserstoff in Europa aber eine besondere Stellung ein und Nel ASA bleibt einer der wichtigsten Player in dieser Hinsicht. Entsprechend groß bleiben die langfristigen Chancen, sollte Wasserstoff seine derzeitige Schwächephase hinter sich lassen können. Das Portal „Kapitalerhoehungen.de“ vergleicht die aktuelle Lage sogar schon mit der Dotcom-Blase, die im Jahr 2000 spektakulär platzte. Damals stürzte unter anderem die Amazon-Aktie ungebremst in die Tiefe. Was darauf folgte, dürfte allen Anlegern bekannt sein. Nun soll nicht impliziert werden, dass Nel in Zukunft eine ähnliche Entwicklung hinlegen muss. Unmöglich wäre es im Falle einer erfolgreichen Wasserstoff-Revolution aber auch nicht.
ThyssenKrupp Nucera im grünen Bereich?
Einer der belastendsten Faktoren bei Wasserstoff-Aktien wie Nel ASA bleibt, dass die Unternehmen hinter den Anteilsscheinen noch immer hohe Verluste schreiben und Barmittel Jahr für Jahr dahinschmelzen. Dass es auch anders geht, beweist hingegen ThyssenKrupp Nucera. Dort waren die Anteilseigner bei den letzten Zahlen schwer enttäuscht darüber, dass die Gewinne um fast 80 Prozent abstürzten. Doch feststellen ließen sich dennoch schwarze Zahlen, was beileibe keine Selbstverständlichkeit ist. Auch SFC Energy beweist ein ums andere Mal, dass sich mit Wasserstoff bzw. dazugehöriger Technologie schon heute durchaus Geld verdienen lässt.
Es bleiben aus Anlegersicht eher vage Aussichten auf eine goldene Wasserstoff-Zukunft. Es lässt sich auch kaum leugnen, dass die Skepsis im Segment zuletzt eher zugenommen hat. Doch ab und an beschleicht einen das Gefühl, dass dabei positive Faktoren zuweilen etwas zu sehr ausgeblendet, vielleicht sogar bewusst ignoriert werden. Wie immer kann ich Ihnen nicht versprechen, ob Wasserstoff-Aktien einen Weg aus ihrem tiefen Loch herausfinden werden. Doch nüchtern feststellen lässt sich, dass Wachstumschancen in den Kursen mittlerweile kaum noch Berücksichtigung finden.
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