Liebe Leserin, Lieber Leser,
in den vergangenen Monaten sorgen Rabatte für E-Autos immer wieder für Schlagzeilen. Nach dem Wegfall staatlicher Subventionen, nicht nur in Deutschland, ging es mit der Nachfrage spürbar zurück. Als Reaktion darauf wurden die Preise teils um mehrere Tausend US-Dollar gesenkt. Das wirkt aber fast schon lächerlich im Vergleich zu einer Rabattaktion, welche Toyota für seinen wasserstoffbetriebenen Mirai ins Leben gerufen hat. Jener hat sich bisher nur ein paar Tausend Mal verkauft und die Nachfrage scheint schon wieder rückläufig zu sein
Wie „EFahrer.com“ berichtet, bietet der japanische Autobauer nun satte 40.000 Dollar Rabatt für potenzielle Käufer bei einem Neupreis von 52.000 Dollar. Obendrauf legt der Konzern auch noch einen Tankgutschein im Wert von 15.000 Dollar. Rein rechnerisch gibt es das Fahrzeug also geschenkt und Käufer dürften eine ganze Weile ohne zusätzliche Kosten an den Wasserstofftankstellen in Kalifornien ihre Brennstoffzellen nachfüllen.
Lahmt es bei der Nachfrage?
Zumindest gilt das, solange Letztere überhaupt noch betrieben werden. Gerade einmal 52 Wasserstofftankstellen für Pkw finden sich aktuell noch in Kalifornien; im Rest der USA spielen solche Anlagen keine Rolle. Shell entschied sich im vergangenen Monat dazu, sieben Wasserstoff-Ladepunkte zu schließen. Es fehlt schlicht an der Nachfrage. Sollten diesem Beispiel weitere Betreiber folgen, könnte der „geschenkte“ Mirai sich zu einem unbeweglichen Klotz entwickeln.
Toyota Aktie Chart
Erkennbar an diesem Beispiel ist, dass es im Bereich Wasserstoff noch immer ein eklatantes Nachfrageproblem gibt. So schön sich die Vorteile des alternativen Kraftstoffs in der Theorie auch anhören mögen: in der Praxis hapert es noch gewaltig. Das gilt für die meisten Unternehmen, die sich damit schon seit Jahren beschäftigen und für Privatverbraucher umso mehr. Wasserstoff bleibt momentan noch immer eine eher exotische Angelegenheit.
Enapter dämpft die Erwartungen
Zumindest einige Jahre lang störten sich viele daran nicht. Die Wasserstoff-Konzerne gingen sogar aktiv in den Angriffsmodus. Das Credo lautete, mit möglichst kraftvollen Investitionen den Grundstein für eine Wasserstoff-Infrastruktur zu legen, mit der sich in Zukunft auch tatsächlich Geld verdienen lässt. Allerdings war das in Zeiten von niedrigen und teils negativen Zinsen deutlich einfacher möglich als unter den gegenwärtigen Voraussetzungen.
Dass die Nachfrage nicht so recht ins Rollen kommen möchte, entwickelt sich immer mehr zu einem akuten Problem. Bemerkbar macht sich dies nun auch bei Enapter. Dort gab es zuletzt nicht unbedingt katastrophale Zahlen zu sehen. Doch in Sachen Wachstum rechnet das Unternehmen für das laufende Jahr mit einer herben Entschleunigung. Die Umsätze sollen demnach nur noch um etwa acht Prozent zulegen. Ein Jahr zuvor verdoppelte das Unternehmen die Einnahmen noch in etwa. Zudem rechnen die Verantwortlichen damit, wieder in die roten Zahlen zu rutschen, wenn auch in einem eher überschaubaren Ausmaß.
Wie lange kann das gutgehen?
Je länger diese Entwicklung sich fortsetzt, desto mehr geht es an die Substanz der Wasserstoff-Player. Zudem dürfte sich das Interesse der Investoren in Grenzen halten, wenn Kapitalkosten hoch ausfallen und allenfalls vage Versprechen zu Erfolgen irgendwann in ferner Zukunft abgegeben werden können. Mit anderen Worten hat der Wasserstoff-Sektor aktuell mit einer kleinen Identitätskrise zu kämpfen. Man würde gerne als potenzieller Retter von Energiewirtschafts und Klima in Union wahrgenommen werden. Es scheint aber, als würden derzeit so manche Beobachter darin kaum mehr als Träumereien erkennen.
Unter all dem steht letztlich die Frage, wie lange die Unternehmen sich ihren defizitären Kurs leisten können, bevor es ernst wird und die Kriegskasse endgültig geleert ist. Eine klare Antwort darauf kann es kaum geben und es spielen bei solchen Überlegungen auch staatliche Subventionen eine Rolle, die weiterhin vorangetrieben werden. Doch eine gewisse Verunsicherung auf Anlegerseite ist nur nachvollziehbar.
Plug Power wehrt sich
Besonders groß fielen die Probleme zuletzt bei Plug Power aus. Vor einigen Wochen warnte das Unternehmen vor schwerwiegenden Problemen und zweifelte das Weiterbestehen des Betriebs offen an. Die jüngst vorgelegten Zahlen fielen nun auch bestenfalls ernüchternd aus und der Ausblick bleibt eine eher müde Angelegenheit. Immerhin konnte die sogenannte „Going Concern“-Warnung aus der Welt geschafft werden. Grundsätzlich ist der Weiterbetrieb also (erstmal) gesichert.
Dennoch musste die Plug Power-Aktie in der vergangenen Woche teils heftige Verluste erleiden, ehe die Bullen dagegen etwas ankämpfen konnten. Die Charttechnik scheint den Ton anzugeben und nach einem kurzen Ausflug unter die wichtige 3-Euro-Marke ging es wieder bis auf 3,55 Euro am Montagmorgen aufwärts. Der nächste Widerstand wartet allerdings erst rund um die Linie bei 3,80 Euro. Eine echte Entwarnung kann es also noch nicht geben. Zudem bleibt es bei einem Verlust von 17,5 Prozent allein seit Jahresbeginn. Da ist es wohl Interpretationssache, ob wir es aktuell wirklich mit einer Erholung zu tun haben.
Nel ASA gibt sich Mühe
Noch sehr viel weiter entfernt von Widerständen ist Nel ASA. Enttäuschende Zahlen sorgen bei den Norwegern zeitweise für neue Tiefstände unterhalb von 0,40 Euro. Heute Morgen standen nun ganze 0,44 Euro auf dem Ticker. Auch hier bleibt aber die größte Freude, dass es keinen weiteren Tritt unter die Gürtellinie zu sehen gab. An einen wie auch immer gearteten Ausbruch ist unterhalb von 0,50 Euro aber kaum zu denken und selbst dort bräuchte es noch eine gehörige Portion Mut und Selbstvertrauen. Zur Erinnerung: Noch bis zum vergangenen Sommer galt die Marke bei 1,20 Euro als halbwegs verlässliche Unterstützung.
Es bleibt unter dem Stricht bei einer denkbar schwierigen Ausgangslage und die jüngsten Zahlen aus dem Sektor führten leider nicht zur herbeigesehnten Trendwende. Angesichts ausbleibender Aufträge und vieler weiterer Fragezeichen halten die Börsianer in Sachen Wasserstoff schwer zurück und viele beteiligen sich lieber an der Kursparty im KI-Segment. Die Hoffnung lebt weiter und Wasserstoff an sich birgt noch immer ein gewaltiges Potenzial. Klar ist aber auch, dass solche Worte für die Anteilseigner von Plug Power und Co. mittlerweile nicht einmal mehr ein schwacher Trost sein können.
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