Liebe Leserin, Lieber Leser,
über die Zukunft von Wasserstoff nur Energienutzung wird noch immer viel orakelt und mit eben diesem Thema haben sich nun auch wieder einmal gestandene Forscher beschäftigt. In Hamburg hat das Norddeutsche RealLabor sich der Frage gewidmet, welche Antriebsart auf deutschen Straßen auf lange Sicht den Vorzug erhalten wird. Wasserstoff gibt dabei aber nur bedingt eine gute Figur ab.
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass bei Pkw kein Weg am elektrischen Antrieb vorbeiführt. Zu groß seien hier die Vorteile, allem voran die hohe Effizienz, da die Energie nicht in einem Zwischenschritt noch zu Wasserstoff oder irgendeinem anderen Energieträger umgewandelt werden muss. Immerhin schneidet H2 aber dann doch noch deutlich besser ab als E-Fuels und im Lastenverkehr werden durchaus Chancen erkannt. Allerdings feiert auch hier der elektrische Antrieb, gerade bei Kurzstrecken, derzeit eine kleine Erfolgsparty.
RWE setzt auf Wasserstoff
Dessen ungeachtet plant RWE mit einer steigenden Nachfrage und will zusammen mit der Westfalen Gruppe bis 2030 ein nationales Netz an Wasserstoff-Tankstellen aus dem Boden stampfen. Je nach Nachfrage sollen bis zu 70 Standorte entstehen. Man zeigt sich überzeugt davon, dass Wasserstoff einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen im Schwerlastverkehr beitragen könnte, so Sopny Sury in ihrer Rolle als COO Hydrogen RWE Generation.
Das Ganze richtet sich also in erster Linie an Wasserstoff-Lkw. Tanken sollen aber auch beliebige andere Fahrzeuge, etwa Pkw oder Motorräder. Bei letzteren wird die Forschung nach Wasserstoffantrieben gerade von japanischen Großunternehmen vorangetrieben, die eigens dafür ein frisches Joint Venture an den Start gebracht haben. Anders ausgedrückt: Chancen für Wasserstoff werden sowohl in der Industrie als auch in der Politik gesehen. Nicht ohne Grund wird eine Wasserstoff-Tankstelle in Lingen vom Bund mit 6 Millionen Euro subventioniert.
SunHydrogen: alles nur graue Theorie?
Doch während Unternehmen wie SunHydrogen auch den Anlegern rund um grünen Wasserstoff immer wieder das Blaue vom Himmel versprechen, bleibt davon viel zu viel bisher noch graue Theorie. Eben das kommt an den Märkten immer schlechter an. Gerade die SunHydrogen-Aktie erlebt derzeit ein kleines Kursdesaster. Im Handel am Donnerstag fiel das Papier um knapp sechs Prozent auf nur noch 0,016 US-Dollar herab. Zeitweise stand mit 0,015 Dollar sogar schon ein frisches Jahrestief auf dem Ticker.
Dabei hat das Unternehmen durchaus ein interessantes Versprechen zu bieten. Mithilfe der eigens entwickelten Technologie soll Wasserstoff per Solarstrom erzeugt werden. Ohne jegliche CO2-Emissionen, versteht sich. Irgendwann im Laufe der Jahre soll das Ganze dann auch noch bezahlbar werden. Auf sich aufmerksam gemacht hat SunHydrogen bisher aber vor allem mit Enttäuschungen und Rückschlägen und die Bilanzen sind alles andere als erfreulich.
Nel ASA ohne neue Impulse
Nel ASA ist da schon einen oder zwei Schritte weiter. Gewinne erzielen die Norweger derzeit zwar ebenfalls nicht. Immerhin ging der Auftragseingang aber deutlich in die Höhe und der Aktienkurs folgte diesem Beispiel. Wie schon in den letzten Wochen fehlt es aber auch am heutigen Freitag unverändert an frischen Signalen. Bis zum Mittag ging es um 1,1 Prozent in Richtung Süden. Ein Angriff der Bullen auf die Marke bei 1,30 Euro kam in dieser Woche zu einem doch recht schnellen Ende.
Damit ist noch längst nicht alle Hoffnung verloren und mit 1,25 Euro am Freitagmittag bleibt Nel ASA auf einem einigermaßen respektablen Niveau. Auch hier werden blanke Theorie oder hübsche Versprechen perspektivisch aber nicht ausreichen, um neue Kursrekorde auf die Beine stellen zu können. Die aktuelle Seitwärtsbewegung unterstreicht recht eindeutig, dass die Ansprüche der Aktionäre gestiegen sind. Wasserstoff-Aktien sind schlicht kein Selbstläufer mehr.
Trotz guter Stimmung tun sich Plug Power und Co schwer
An den Märkten fällt die Stimmung an sich am Freitag ausgesprochen gut aus. Die Bullen bauen auf den Erfolge vom Donnerstag weiter auf und der DAX flirtet schon mit dem Allzeit-Hoch. Das ist eigentlich ein nahrhafter Boden für Wasserstoff-Aktien, die sich zuletzt erst von einer Verkaufswelle wieder etwas erholen konnten. Offensichtlich reicht es aber nicht aus, um in diesem Sektor schon eine neue Rallye anlaufen zu lassen.
Immerhin konnte Plug Power dezent um 1,5 Prozent zulegen und den Kurs damit wieder bis auf 7,37 Euro anheben. Damit konnten aber letztlich nur Verluste vom Vortag ausgeglichen werden, und das nicht einmal vollumfänglich. Die Plug Power-Aktie tut sich auf ohnehin geringem Niveau weiterhin sehr schwer. Da dürfte nur bei den wenigsten plötzliche Partystimmung auftreten.
Anderswo geht es ohne Neuigkeiten sogar überraschend harsch in die Tiefe. Hexagon Purus etwa musste am Freitagmorgen Kursverluste von 4,6 Prozent verkraften und fiel auf nur noch 1,82 Euro herab. Das 52-Wochen-Tief ist hier etwas weiter entfernt als bei den Kollegen von Plug Power. Es ist aber auch deutlich näher als die Höchststände aus dem Februar oberhalb der 3-Euro-Linie.
Und das Warten geht weiter
Man würde sich wünschen, den Anlegerinnen und Anlegern etwas Besseres berichten zu können. Doch für den Moment hat sich an der Ausgangslage im Wasserstoffsektor nichts geändert. Den nicht unberechtigten Hoffnungen auf eine glorreiche Zukunft stehen viele Fragezeichen rund um die kurzfristige Entwicklung gegenüber. Vor allem steigende Kosten bereiten vielen Beobachtern Sorgen und niedrige Preise für Öl und Gas machen den alternativen Kraftstoff aktuell nicht unbedingt attraktiver. Da ist es wahrscheinlich nicht verkehrt, sich auf weiter ruppige Zeiten einzustellen. Optimisten erkennen da lediglich Chancen zum Aufstocken, doch wie immer gibt es natürlich keine Garantien für die nächste Rallye. Das dürften die letzten Wochen und Monate sehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben.
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