Liebe Leserin, Lieber Leser,
gestern widmeten wir uns im Newsletter ausführlich der Aktie von Nel ASA, die da noch eben so an der Marke von 0,30 Euro festhalten konnte. Einen Tag später hat es sich damit schon wieder erledigt. Das Papier startete heute mit Abschlägen von 3,7 Prozent in den Handel und fiel auf nur noch 0,28 Euro zurück. Einmal mehr wird damit ein neues Tief markiert. Solche Kurse gab es zuletzt im Frühjahr 2018 zu sehen, also vor mehr als sechs Jahren.
Nel macht es den Bullen aber auch alles andere als einfach. Die letzten Neuigkeiten waren enttäuschende Quartalszahlen verbunden mit mageren Auftragseingängen. Seither lässt das Unternehmen von sich nichts mehr hören. Seit rund vier Wochen herrscht Funkstille und die Anleger sind ihren eigenen Gedanken überlassen. Dass jene sich nach den Erfahrungen im laufenden Jahr eher um mögliche Rückschläge denn um plötzliche Höhenflüge drehen, dürfte nachvollziehbar sein.
Nel ASA Aktie Chart
Wasserstoff auf dem Rückzug?
Ausgeliefert ist die Nel ASA-Aktie in dieser Lage zu weiten Teilen dem allgemeinen Sentiment an den Märkten, welches ebenfalls nicht besonders erheiternd ausfällt. Zahlreiche weitere Vertreter der Branche mussten ebenfalls müde Zahlen mit teils massiven Verlusten vorweisen. In der öffentlichen Diskussion scheinen Chancen derweil immer weiter in den Hintergrund zu rücken. Stattdessen wird bevorzugt darüber debattiert, ob Wasserstoff denn wirklich grün sein muss, ob die Definition für Nachhaltigkeit sich nicht etwas strecken ließe und zum Teil auch, ob es das Ganze denn überhaupt noch braucht.
Nachdem in den USA ein Klimawandelleugner die Präsidentschaftswahl für sich entscheiden konnte, wird auch beim anstehenden Wahlkampf hierzulande das Thema Energie unweigerlich im Vordergrund stehen. Es darf damit gerechnet werden, dass es zu diversen Grundsatzdiskussionen kommt und das politische Klima lässt eher keine Begeisterungswelle für Wasserstoff erkennen. Dabei wäre es genau dafür höchste Zeit.
Deutschland fällt beim Klimaschutz zurück
Im Rahmen der Weltklimakonferenz in Baku stellten Germanwatch und New Climate jüngst das neueste Klimaranking vor, in dem Deutschland auffallend nach hinten rutschte. Man schreibt sich hierzulande gerne auf die Fahne, eine Vorbildfunktion beim Klimaschutz einzunehmen. Gereich hat es aber nur für Rang 16. Begründet wurde dies von den Autoren damit, dass bei Verkehr und Gebäuden keine echten Fortschritte zu erkennen seien und zudem drohende Haushaltskürzungen zu massiven Rückschritten führen könnten.
Wie es aussieht, wenn ein Land umschwenkt, zeigt sich am Beispiel von Großbritannien. Nachdem dort die Labour-Parte das Ruder übernommen hat, wurde zugesagt, keine neuen fossilen Projekte mehr zu genehmigen. Zudem konnte der noch von den Tories geleitete Kohleausstieg vollzogen werden. Das reichte aus, um auf Rang 6 vorzupreschen und damit an Deutschland vorbeizuziehen. Unverändert auf Rang 4 und damit an der Spitze steht Dänemark. Dazu sei gesagt, dass die ersten drei Plätze nicht vergeben werden, da die Autoren des Rankings in keinem Land genügend Ambitionen sehen, um eine derartige Ehre rechtfertigen zu können.
Plug Power ohne Antrieb
Als Fazit zeigt sich also letztlich, dass noch immer zu wenig vorangeht. Genau das macht auch Plug Power zu schaffen. Noch immer erwirtschaftet das US-Unternehmen hohe Verluste und das Fragezeichen über der Liquidität wächst mit jedem Tag weiter. Nachdem die Zahlen nicht überzeugen konnten, verabschiedeten sich noch mehr Anleger. Die Aktie scheiterte zuletzt erneut an der 2-Dollar-Marke und verlor am Dienstag um 3,5 Prozent bis auf 1,92 US-Dollar an Wert.
Das größte Problem von Plug Power ist nicht einmal Donald Trump und dessen absehbar fehlende Klimapolitik. Viel schwerer wiegt das fehlende Interesse in der Industrie. Zwar zeigen sich einige große Konzerne offen dafür, Wasserstoff in ihre Betriebe zu integrieren. Hohe Kosten und die geringe Verfügbarkeit dämpfen die Euphorie aber sichtlich. Wie dieser Knoten zum Platzen gebracht werden könnte, darauf findet aktuell niemand eine passende Antwort.
Linde im Vorteil?
Anlegern wird immer wieder nahegelegt, ihr Depot möglichst zu diversifizieren und nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Genau dieser Ansatz führt auch dazu, dass die Linde-Aktie mit Kursgewinnen von knapp 13 Prozent seit Jahresbeginn momentan ein recht freundliches Bild abgibt. Wasserstoff hat dazu wenig bis gar nicht beigetragen. Vielmehr profitiert das Unternehmen davon, Enttäuschungen und Desillusionen in diesem Bereich durch andere Segmente ausgleichen zu können.
Dennoch gilt das Unternehmen bei den Analysten von Morningstar als einer der Favoriten in Sachen Wasserstoff. Das wird auf die Bedeutung des Unternehmens in der Wertschöpfungskette und bereits getätigte Investitionen zurückgeführt. Zudem könne Linde sowohl grauen als auch blauen und grünen Wasserstoff herstellen. Damit ist man für die ungewisse Zukunft bestens gerüstet, was sich von Nel und Konsorten eher nicht behaupten lässt.
In der Warteschleife
So unbefriedigend es sein mag: es bleibt Anlegern kaum etwas anderes übrig, als weiterhin geduldig auf Verbesserungen im Wasserstoff-Bereich zu warten. Sicher können wir uns zumindest aktuell noch sein, dass es noch Fortschritte gibt. Etwa im Hamburger Hafen, wo laut „NDR“ jüngst das Genehmigungsverfahren für eine Wasserstoff-Leitung startete. Vielleicht war es in der Vergangenheit der falsche Ansatz, auf den großen Durchbruch zu hoffen und es ist eher auf kleine, dafür aber beständigen Fortschritte zu hoffen. Doch um an der Börse Kauflaune auszulösen, müssten entsprechende Meldungen wenigstens mit einer höheren Frequenz auftauchen.
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