Liebe Leserin, Lieber Leser,
Wasserstoff gehört die Zukunft in einer Welt, die möglichst schnell klimaneutral werden muss. Doch in der Gegenwart stellt sich vor allem die Frage, wer das alles eigentlich bezahlen soll. Staatliche Subventionen spielen im Segment eine wichtige Rolle und umso größer ist derzeit die Verunsicherung über anstehende Projekte in Deutschland.
Bekanntlich wurde der bisherige Haushalt der Bundesregierung durch das Verfassungsgericht in Karlsruhe kassiert. Bundesfinanzminister Christian Lindner will nun zwar einen Nachtragshaushalt beantragen und die Union unter Friedrich Merz ließ bereits verlauten, gegen diesen nicht klagen zu wollen. Dennoch kann von Sicherheit an den Märkten nicht einmal ansatzweise die Rede sein.
Wasserstoff-Aktien: Kann das weg?
Spätestens ab dem kommenden Jahr wird Deutschland seine Ausgaben drastisch reduzieren müssen und ohne Opfer wird das kaum möglich sein. Die Ampel druckst sich bisher noch herum und will nicht klar benennen, wer hier am Ende als Verlierer vom Platz gehen könnte. Es gibt aber die klare Befürchtung, dass Wasserstoffprojekte unter die Räder geraten könnten.
Davon befinden sich derzeit einige in Planung oder in Vorbereitung und die Verantwortlichen bekommen es immer mehr mit der Angst zu tun. Die Handelskammer in Hamburg warnte kürzlich davor, dass der Umstieg auf fossilfreie Kraftstoffe massiv gefährdet werden könnte. Geplant ist in Hamburg-Moorburg aktuell der Bau eines großen Elektrolyseurs, für den es grundsätzlich auch schon Zusagen für Förderungen gibt. Da aber noch kein Förderbescheid vorliegt, scheint die staatliche Unterstützung auf der Kippe zu stehen.
SFC Energy trotzt der schlechten Laune
Vor eben diesem Hintergrund sollte man annehmen, dass die Wasserstoff-Konzerne schon mal in Deckung gehen und sich auf schwierige Zeiten einstellen. Während sich dies auch hier und dort beobachten lässt, trat SFC Energy am Montagmorgen mit breiter Brust auf. Das Unternehmen stellte stark steigende Umsätze für die kommenden Jahre in Aussicht. 400 bis 500 Millionen Euro sollen es bis 2028 werden und 15 Prozent davon will der Brennstoffzellenexperte als Ebitda verbuchen können. In einem Sektor, in dem viele Akteure seit Jahren Geld verbrennen, ist das schon eine Ansage.
Im laufenden Jahr rechnet SFC Energy noch mit Umsätzen von 115 bis 117 Millionen Euro. Innerhalb von fünf Jahren soll dies also im besten Fall mehr als vervierfacht werden. Das ist eine angenehme Abwechslung zu den mahnenden Worten aus der Branche aus der jüngsten Vergangenheit und eine gute Erinnerung daran, dass in der Technologie an sich noch immer große Chancen versteckt sind. Die Anteilseigner bedanken sich für die freundlichen Aussichten mit Kurgewinnen von 5,3 Prozent am Montagmorgen, was die SFC Energy-Aktie bis auf 19,14 Euro beförderte.
Nel ASA und Plug Power können nicht mithalten
Von solchen Entwicklungen kann die Aktie von Nel ASA nur träumen. Das Papier setzte zwar in den letzten Wochen zu einer Erholung an. Jene kam aber schon wieder viel zu schnell zum Erliegen. Nach einem kurzen Ausflug über die Marke bei 0,70 Euro mussten die Anteilseigner wieder Abschläge hinnehmen. Jene zogen sich auch heute Morgen fort und bis zum Vormittag ging es um knapp ein Prozent bis auf 0,67 Euro abwärts. Auch wenn es noch etwas Support bei 0,64 Euro gibt, so hinterlässt die Nel ASA-Aktie charttechnisch beileibe keine guten Signale.
Dasselbe gilt für Plug Power, wo die Kurse sich heute Morgen mit 3,12 Euro nur unwesentlich oberhalb des 52-Wochen-Tiefs bei 3,04 Euro einpendelten. Den beiden vielbeachteten Playern im Sektor ist es in den letzten Monaten nicht mehr gelungen, mit neuen Aufträgen oder guten Zahlen für Begeisterung zu sorgen. Umso mehr richtet sich die Aufmerksamkeit auf große Player wie ThyssenKrupp Nucera oder Rwe. Gerade Plug Power löste bei den Aktionären schon die nackte Panik aus, als bei den letzten Zahlen die bloße Weiterexistenz offen infrage gestellt wurde.
Die Börsianer dürstet es nach mehr Sicherheit
In den darauffolgenden Kurseinbrüchen spiegelt sich wider, dass Wasserstoff-Aktien grundsätzlich anders betrachtet werden als in vergangenen Jahren. Der grenzenlose Hype im Sektor darf wohl als beendet angesehen werden. Statt sich auf jedes Startup zu stürzen, welches nur entfernt etwas mit Wasserstoff zu tun hat, sind verlässlichere Titel gefragt. Sie es aufgrund einer stabilen finanziellen Basis oder weil bereits Gewinne eingefahren werden, wie es bei SFC Energy der Fall ist. Das bloße Versprechen eines großen Durchbruchs irgendwann in ferner Zukunft trägt Wasserstoff-Aktien momentan aber nicht mehr in die Höhe.
In immer unsicheren Zeiten ist dieses Bedürfnis wohl ein nachvollziehbares Anliegen. Es sollte sich aber niemand der falschen Illusion hingeben, dass Gewinner und Verlierer nun schon feststehen würden. Das Rennen um Wasserstoff bleibt offen, und das gilt für sämtliche Teilnehmer. Auch unangenehme Überraschungen sollten Anleger weiterhin auf dem Zettel haben. Die derzeitige Angst um Förderungen in Deutschland könnte nur ein lahmer Vorgeschmack auf das sein, was Donald Trump bei einer möglichen Rückkehr ins Weiße Haus anrichten könnte.
Seelig sind die Unwissenden
Man würde sich wünschen, sich darüber und über so viele andere Querelen gar keine Gedanken machen zu müssen. Denn im Prinzip ist das Versprechen von Wasserstoff recht einfach. Geboten werden soll eine klimaneutrale und günstige Alternative zu fossilen Brennstoffen. Die Nachfrage dürfte aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren explodieren, gerade mit Blick auf steigende CO2-Abgaben.
Doch der Weg bis zum Erfolg ist steinig und wohl deutlich länger, als es die Optimisten ursprünglich angenommen hatten. Es bleibt dabei, dass die Chancen noch immer gigantisch sind, auch für Nel ASA und selbst für Plug Power. Doch ob sie sich auch nutzen lassen und wann endlich der Startfunke für den ganz großen Durchbruch gezündet wird, das scheint momentan noch offener als zuvor schon zu sein.
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