Liebe Leserin, Lieber Leser,
Wasserstoff ist für die Bundesregierung nach wie vor ein wichtiges Thema. Gerade für den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck ist der alternative und potenziell klimaneutrale Kraftstoff ein Stück weit eine Herzensangelegenheit. Umso wichtiger sind da Vorzeigeprojekte, welche die Vorzüge von grünem Wasserstoff aufzeigen können. Eine zentrale Rolle dabei spielt hierzulande der Stahlkonzern ThyssenKrupp bzw. die Tochter ThyssenKrupp Steel. Mit üppigen staatlichen Förderungen sollte hier der Umbau zu Fabriken mit grünem Wasserstoff vorangetrieben werden. Immer wieder wurden auch Stimmen laut, die auf eine Bevorzugung des knappen Guts Wasserstoff für eben diesen Zweck einforderten.
Doch wie es scheint, könnte dies am Ende gar nicht mehr nötig sein. Denn das „Handelsblatt“ berichtete gestern über interne Dokumente und Informationen von Insidern, laut denen bei ThyssenKrupp ein radikales Umdenken stattfinden könnte. Es wird allem Anschein nach darüber nachgedacht, die Stahlproduktion mit grünem Wasserstoff schlicht einzustampfen. Stattdessen werden Alternativen wie eine rein elektrische Produktion diskutiert und für den Moment soll wohl Erdgas das bevorzugte Mittel zur Stahlproduktion bleiben.
ThyssenKrupp: Teuer wird es in jedem Fall
Beschlossene Sache ist bislang noch nichts. Offizielle Äußerungen von ThyssenKrupp lassen aber vermuten, dass bei dem kriselnden Konzern momentan alle Möglichkeiten offenstehen. Die Idee eines Stopps von Wasserstoffprojekten ist wahrscheinlich in erster Linie aufgrund von finanziellen Überlegungen entstanden. Im Konzern wird befürchtet, dass der grüne Stahl nicht zu konkurrenzfähigen Preisen angeboten werden könnte, heißt es von Insidern. Das zeigt einmal mehr schmerzlich das Dilemma, in dem der gesamte Sektor noch immer steckt.
Grüner Wasserstoff wird gerne als „Champagner“ der Energiewende bezeichnet, aber aktuell immer mehr mit den negativen Eigenschaften des edlen Schaumweins assoziiert. Der Kraftstoff ist kaum verfügbar und noch immer viel zu teuer. Das gilt umso mehr in Zeiten, in denen die Preise für Öl und Gas spürbar nachgelassen haben. Zumindest aktuell ist es in diesem Umfeld ohne kräftige Subventionen nicht möglich, auf dem freien Markt zu bestehen.
Unterstützung erhält ThyssenKrupp für seinen Umbau, und das nicht zu knapp. Etwa zwei Milliarden Euro steuert die Bundesregierung bei, um die Stahlproduktion klimafreundlich werden zu lassen. Etwa ein Vierte davon ist Medienberichten zufolge bereits geflossen. Doch sollten die Gerüchte um die Überlegungen im Konzern stimmen, so würde ThyssenKrupp nicht einmal entsprechende Rückzahlungen sowie weitere Kosten scheuen, die im Zusammengang mit einem Ausstieg aus Wasserstoff entstehen würden. Sehr viel eindrucksvoller ließe sich kaum demonstrieren, welcher enorme Nachholbedarf noch besteht.
Die große Ernüchterung?
Thyssenkrupp Aktie Chart
Der Thyssenkrupp-Aktie hilft es wenig weiter, da das Unternehmen mit oder ohne Wasserstoff relativ blank dasteht. Sollte es aber tatsächlich zum Ausstieg kommen, könnte dies der Branche einen herben Schlag versetzen. Gerade Deutschland gilt als mutiger Vorreiter in Sachen Wasserstoff. Kommt es hier zu größeren Verwerfungen und Rückschritten, wird dies international sehr genau beobachtet werden. Es braucht nicht viel Fantasie, um hier den nächsten möglichen Tiefschlag für eine Branche zu erkennen, die ohnehin schon seit Längerem in Erklärungsnot geraten ist.
Trösten können die Anleger sich für den Moment wohl nur damit, dass noch nichts beschlossene Sache ist. Die Gedanken sind bekanntlich frei und so steht es ThyssenKrupp erst einmal zu, bezüglich der eigenen Zukunft alle Möglichkeiten zu erörtern. Gerade in der aktuellen Krise ist der Konzern dies den Anlegern gegenüber vielleicht sogar ein Stück weit schuldig. Dennoch bleibt an der Börse ein fader Nachgeschmack und ein ungutes Gefühl, welches auch andere Titel nicht einfach abschütteln können.
Nel ASA wieder im roten Bereich
Bemerkbar macht sich die angeschlagene Stimmung auch bei Nel ASA. Zu Wochenbeginn bastelte die angeschlagene Aktie der Norweger noch mit Mühe und Not an einer kleinen Erholung und der Rückeroberung der Linie bei 0,40 Euro. Nach den jüngsten Entwicklungen gerät jene schon wieder ins Visier der Bären. Am Dienstagmorgen ging es um knapp vier Prozent bis auf eben diese 0,40 Euro abwärts. Der Chart zeigt unverändert einen klaren Abwärtstrend.
Neue Impulse könnte Nel bei den anstehenden Quartalszahlen setzen, die für Ende kommender Woche erwartet werden. Vorfreude will aktuell aber nicht so recht aufkommen. Stattdessen ist die Sorge groß, dass es angesichts ausbleibender Auftragseingänge die nächsten Enttäuschungen zu sehen geben wird.
ITM Power folgt dem Trend
Bei ITM Power fällt die Laune vor der heute anstehenden Jahreshauptversammlung ebenfalls überschaubar aus. Es scheint nirgendwo über die Möglichkeit gesprochen zu werden, dass der Vorstand gute Neuigkeiten mitbringen könnte. Die größte Hoffnung in den Börsenforen ist viel mehr, dass es wenigstens keine neuen Rückschläge zu verzeichnen geben wird. Sicher ist sich aber nicht einmal darüber jeder. Der Aktienkurs fiel heute Morgen um 1,9 Prozent bis auf 0,58 Euro zurück und verpasste damit einmal mehr die wichtige Marke bei 0,60 Euro.
In der Praxis hat sich im Wasserstoffsegment erstmal nur wenig verändert. Doch die Unsicherheit nimmt zu und es geht ein latentes Gefühl der Angst um. Mit jeder Stornierung, jedem Rückzug und jeder Warnung wird das Fragezeichen darüber größer, ob sich die Investments im Sektor überhaupt eines Tages auszahlen werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Börsen die zunehmende Skepsis nicht einfach ignorieren können. Mehr denn je wäre es jetzt an der Zeit für positive Signale und ein beherztes Anpacken von Unternehmen und Politik. Angesichts klammer Kassen wird sich aber leider noch zu oft weggeduckt.
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