Liebe Leserin, Lieber Leser,
an enttäuschende Nachrichten dürften sich Anleger mit Wasserstoff-Titeln im Depot wohl bereits gewöhnt haben. Zwar muss niemand lange suchen, um auf die enormen Chancen des Kraftstoffs hingewiesen und umfassend über die Vorteile für das Klima informiert zu werden. Doch handelt es sich bei alledem um Zukunftsmusik und viel zu oft werden die großen Erfolge fröhlich weiter nach hinten verschoben. Das lässt sich bei diversen gebrochenen Versprechen von Unternehmen erkennen, aber auch immer wieder sehr gerne in der Politik.
Deutschland hat sich eigentlich auf die Fahne geschrieben, in Sachen Wasserstoff eine Vorreiter-Rolle einzunehmen. Teil des Ganzen ist das gigantische Wasserstoff-Kernnetz, bei dem es nun aber zu Verzögerungen kommt. Wie im „Südkurier“ zu lesen ist, reagiert die Behörde auf anhaltende Kritik aus Baden-Württemberg und verschiebt die Zertifizierung für das Projekt zunächst auf Mitte Oktober. Das scheint noch verschmerzbar zu sein, doch fragen sich an der Börse natürlich viele Beobachter, ob es dabei denn auch bleiben wird.
Das lange Warten auf den Wasserstoff
Eine einzige und noch dazu zeitlich überschaubare Verzögerung scheint noch nicht weiter ins Gewicht zu fallen. Doch treten entsprechende Meldungen mit einer derartigen Frequenz auf, dass die Börsianer mittlerweile hochsensibel reagieren. Auf der anderen Seite fehlt es an positiven Impulsen und mit Blick auf eine mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus befürchten besonders pessimistische Naturen schon die Rolle rückwärts beim Ausbau von Wasserstoff.
Aus dem Versprechen, dass Wasserstoff sich bis zum kommenden Jahrzehnt zu einem Billionenmarkt entwickeln wird, der fossilen Brennstoffen das Wasser abgraben wird, sind sehr viel vagere Aussichten geworden. Vielerorts ist nur noch die Rede davon, dass es wohl schrittweise zu einem Ausbau kommen werde und in den 2030er Jahren vielleicht irgendwann eine noch näher zu definierende kritische Masse erreicht werden könnte. Vielleicht aber auch nicht. In den Ohren all jener Investoren, die schon seit Jahren ihr sauer Erspartes für die Unterstützung von Wasserstoff einsetzen, sind der Status quo und die vielen Vertröstungen wahrscheinlich der blanke Hohn.
Sinkende Zinsen und schwache Kurse bei Plug Power
Die Enttäuschung scheint derart tief zu sitzen, dass auch gute Neuigkeiten nicht zwingend zu Begeisterung führen können. Bekanntlich hat die US-Notenbank Fed kürzlich die Zinsen zum ersten Mal seit Jahren gesenkt. Dabei gingen die Notenbanker sogar erstaunlich mutig vor. Um gleich 0,5 Prozentpunkte ging es abwärts. Viele Beobachter rechneten nur mit der Hälfte. Allgemein gelten Wasserstoff-Aktien aufgrund des hohen Kapitalbedarfs der dahinterstehenden Unternehmen als sehr zinssensibel.
Potenziell wäre also Plug Power als US-Unternehmen einer der größten Profiteure von nachlassenden Zinsen, senken jene doch auch das Risiko für weitere Kapitalerhöhungen oder ähnliche Späße. Doch die Anleger entschieden sich gestern dazu, nach einer kleine Erholung infolge neuer Aufträge schon wieder Gewinne mitzunehmen. Es ging für die Plug Power-Aktie um 1,9 Prozent bis auf 2,06 US-Dollar in die Tiefe. Hierzulande fielen die Kurse am Freitagmorgen sogar noch deutlich flotter.
Plug Power Aktie Chart
Ballard Power bleibt bescheiden
Bei den kanadischen Kollegen von Ballard Power reichte es am Donnerstag immerhin für grüne Vorzeichen. Um ganze 1,74 Prozent legte die schwer angeschlagene Aktie zu, was den Kurs auf 1,75 Dollar beförderte. Das ist aber kaum der Rede wert und am charttechnischen Abwärtstrend ändert sich leider nichts. Seit Jahresbeginn segelte das Papier um etwas mehr als 50 Prozent in Richtung Süden. Ob hier bereits ein Boden gefunden ist, schient trotz einer Erholung vom 52-Wochen-Tief bei 1,61 Dollar fraglich zu sein.
Immerhin hat Ballard Power die Hindernisse und Herausforderungen erkannt und sich einem Sparkurs verschrieben. Wenn es sonst schon wenig Positives zu vermelden gibt, so macht der Konzern den Anlegern immerhin keine falschen Versprechen. Stattdessen wird darauf eingestimmt, dass der Durchbruch von Wasserstoff, Brennstoffzellen und Co. schlicht länger als noch vor einigen Jahren gehofft auf sich warten lassen wird. Das ist löblich, wird aber eben noch nicht mit einer spontanen Kursrallye belohnt.
Nel ASA scheitert erneut
Nel ASA kratzte in den vergangenen Tagen schon wieder an der äußerst wichtigen Linie bei 0,50 Euro, ein Erfolg war den Käufern aber nicht vergönnt. Im von Gewinnmitnahmen geprägten Handel am Freitag geriet der Titel ebenfalls unter Druck. Es ging um schmerzhafte 7,6 Prozent bis auf 0,44 Euro zum Vormittag in die Tiefe. Damit droht der Titel, die letzten Supportzonen wieder zu unterschreiten und sich ein Stück weiter in Richtung Abgrund zu begeben.
Wahrscheinlich kommt das nicht gänzlich überraschend. Denn speziell bei Nel ASA herrscht an der Nachrichtenfront eher Langeweile. Hier und dort ließen die Bullen sich auf allgemeine Stimmungstrends ein. Es zeigt sich aber einmal mehr, dass solche Entwicklungen lange nicht ausreichen, um eine grundsätzliche Trendwende erzwingen zu können.
Und jetzt?
Niedrigere Zinsen sind für Wasserstoff-Unternehmen zweifellos eine Wohltat. Mittel- und langfristig schaffen sie wieder die Basis für mehr und mutigere Investitionen. Doch bleibt die Frage bestehen, ob und wann dieser Kurs sich jemals auszahlen mag. Aus gutem Grund sind die Börsianer sehr viel skeptischer geworden und noch immer sind greifbare Durchbrüche und steigende Umsätze gefragt, um verlorenes Vertrauen endlich wiederherstellen zu können.
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