Liebe Leserin, Lieber Leser,
Europa kommt in Sachen Wasserstoff eine Vorreiterrolle zu, welche gerade die hiesigen Unternehmen natürlich gerne behalten würden. Einfach wird es ihnen aufgrund der oftmals zaghaft agierenden Politik aber nicht eben gemacht. Das „Handelsblatt“ berichtete erst kürzlich über eine Studie der Boston Consulting Group (BCG), welche ein eher düsteres Bild der Wasserstoff-Zukunft in Europa zeichnet. Beim gegenwärtigen Tempo des Ausbaus sei die Gefahr groß, dass der Anschluss an die USA und China verloren wird, wie Studienautor Sebastian Schrapp warnt.
Damit würde auch die Wettbewerbsfähigkeit von Innovatoren und Maschinenbauern auf dem Spiel stehen. Der Studie zufolge hat die EU bei ihren ambitionierten Plänen für den Wasserstoff-Hochlauf nur sehr bescheidene Schritte gemacht. Von den für 2030 in Aussicht gestellten Produktionskapazitäten seien nicht einmal zwei Prozent über den Planungsstand hinausgekommen. Das ist tatsächlich ein recht vernichtendes Urteil und währenddessen wird in Amerika und Asien fröhlich investiert, geforscht und ausgebaut.
Die EU geht beim Wasserstoff auf Konfrontationskurs
Es scheint also schon fast, als würde Europa (mal wieder) eine historische Chance durch die Lappen gehen. Denn Wasserstoff verspricht nicht nur eine klimafreundliche Energieversorgung. In größerem Umfang würde er auch die Abhängigkeiten von anderen Ländern deutlich reduzieren und noch dazu könnten Technologien und Anlagen sich zu echten Exportschlagern entwickeln. Es wäre genau das, was die zu Teilen lethargische Wirtschaft auf dem hiesigen Kontinent nur allzu gut gebrauchen könnte. Doch die Politik hält sich noch viel zu sehr zurück und verteilt Förderbescheide teils mit Verzögerungen von bis zu drei Jahren oder auch überhaupt nicht.
Der Gefahr aus China ist die EU-Kommission sich durchaus bewusst und brachte nun Medienberichten zufolge Einschränkungen bei zukünftigen Förderungen auf den Weg. Es sollen weiter Milliarden in Wasserstoff-Projekte fließen, allerdings soll der Anteil von Elektrolyse-Stacks aus China aus maximal 25 Prozent begrenzt werden, damit Unternehmen Anspruch auf eine Förderung erhalten. Es wird also auch beim Wasserstoff in gewisser Weise auf einen Konfrontationskurs gesetzt.
Die Laune bei Plug Power steigt
Erfreulicher wäre es, würde Europa sich mit technologischen Fortschritten abheben. Noch verfügen hiesige Unternehmen über einige Vorsprünge, auf denen sie sich aber schlicht nicht ausruhen können. Die latent ablehnende Haltung der EU gegenüber China könnte manch einer da durchaus als Chance verstehen und auch die Studie von BCG räumt Europa noch Chancen ein. Die Aktionäre scheinen aber auch bei Plug Power wieder Potenzial zu erkennen.
Plug Power Aktie Chart
Die Aktie des US-Unternehmens konnte am Freitag ohne erkennbaren Grund um 10,7 Prozent zulegen und sich bis auf 2,28 US-Dollar steigern. Nachdem in der vergangenen Woche die 2-Dollar-Marke zeitweise schon wieder unterschritten wurde, dürfte dies eine ganz besondere Genugtuung für die leidgeplagten Bullen sein. Mit einem echten Ausbruch hat es aber noch eher wenig zu tun. Es fehlt auch immer noch an frischen Aufträgen.
Nel ASA hält sich über Wasser
Zumindest ein wenig scheinen die Anleger von Nel ASA sich schon auszumalen, was frische EU-Förderungen für die Auftragsbücher bedeuten könnten. Vielleicht spielt das eine Rolle dabei, dass der Aktienkurs vom psychologischen Support bei 0,40 Euro tatsächlich noch einmal abprallen konnte. Zu Beginn der neuen Woche ging es mit dem Aktienkurs um knapp 2,5 Prozent bis auf 0,43 Euro in Richtung Norden. Das ist ein nicht ganz unwichtiger erster Schritt, aber ebenfalls kein Befreiungsschlag.
Es lässt sich sogar nüchtern festhalten, dass es ähnliche Bewegungen in der Vergangenheit schon recht häufig zu sehen gab. Doch bisher gelang es den Käufern nicht, mit kleineren Erholungen den übergeordneten Verkaufsruck zu überwinden. Auch aktuell bleibt der Abwärtstrend leider noch sehr lebendig und daran ändern wird sich sehr wahrscheinlich nichts, solange die Kurse unterhalb von 0,50 Euro bleiben. Selbst dort wäre die Nel ASA-Aktie noch immer tief im Kurskeller zu verorten. Nichtsdestotrotz kämpft der Titel zumindest für den heutigen Tag gegen den Absturz an und bei Wasserstoff-Aktien müssen in schwierigen Zeiten auch kleine Erfolge schon gefeiert werden.
ITM Power stimmt ein
Dazu gehört auch, dass Wasserstoff-Aktien heute Morgen trotz allgemeiner Korrekturbewegungen quasi durch die Bank grüne Vorzeichen verzeichnen konnten. ITM Power sollte da keine Ausnahme sein, Mit Aufschlägen von 0,8 Prozent im frühen Handel konnte der Titel sich auf 0,60 Euro schwingen und damit ebenfalls ein kleines Ausrufezeichen im Chart hinterlassen. Es gibt sie noch, die freundlichen Tage im Segment. Auch wenn die Kursaufschläge sich freilich noch immer in Grenzen halten.
Selbst die prozentual zweistelligen Zugewinne bei Plug Power sind noch keine Sensation, ging es zuvor doch zuweilen in einem ähnlichen Tempo in die Tiefe. Erfreulich ist, dass nicht nur die EU am Ausbau von Wasserstoff festhält. Die große Herausforderung bleibt aber weiterhin, die hohen Investitionskosten und die noch überschaubare Nachfrage irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Eine Entscheidung über ein Investment in Wasserstoff-Aktien sollte letztlich auch ein Stück weit davon abhängen, ob man selbst mit Durchbrüchen bei derartigen Angelegenheiten rechnet, sei es heute oder in ferner Zukunft.
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