Liebe Leserin, Lieber Leser,
die Nachrichtenlage im Wasserstoffbereich fällt derzeit eher gemischt aus. Auf der einen Seite gibt es die frohe Kunde, dass grüner Wasserstoff endlich günstiger wird. An den Spotmärkten purzelten die Preise auf Wochensicht kürzlich um rund 28 Prozent. Das ist deshalb wichtig, weil die hohen Preise bisher noch mit als größter Hinderungsgrund für einen Durchbruch des alternativen Kraftstoffs in der Fläche gelten.
Allerdings geben einem die Gründe für den Preisnachlass eher zu denken. Es sind nicht zusätzliche Kapazitäten, welche für Preisdruck sorgen. Stattdessen ist es nach Informationen von „e-bridge.de“ eine schwindende Nachfrage, welche grünen Wasserstoff günstiger, aber noch immer nicht billig macht. Viel Wind hilft zwar bei der Produktion etwas weiter. Das Problem, das für künftige Vorhaben aus der Politik nicht annähernd genug Wasserstoff bereitsteht, wurde aber noch immer nicht behoben. In der Zwischenzeit scheinen weniger Akteure hohe Kosten in Kauf nehmen zu wollen, um sich den Pionierstatus zu sichern.
Hat Deutschland Chancen im Wasserstoffmarkt?
Erstaunlich weit auseinander gehen die Ansichten auch darüber, welche Chancen sich für die deutsche Wirtschaft im Wasserstoff verbergen können. Mir laufen just heute diverse Schlagzeilen über den Weg, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Der „Tagesspiegel“ berichtet etwa über eine Untersuchung des Fraunhofer Instituts, laut der grüner Wasserstoff für Deutschland kein Geschäftsmodell sei. Dem Gegenüber steht „Focus online“, wo Jorgo Chatzimarkakis darüber spricht, wie Wasserstoff in hiesigen Gefilden zur Leitindustrie werden könnte.
Selbst die Profis können also letztlich kaum mit mehr als einigen Spekulationen dienen. Das macht es einem als Anleger nicht einfacher, die Lage zu überblicken. Zumindest an der Börse spielt die Musik aber ohnehin nicht in Deutschland, sondern vor allem in Skandinavien und in den USA. Dort dürfte es im Laufe des heutigen Tages auch richtig spannend werden.
Plug Power legt Quartalszahlen vor
Abseits von blumigen Fantasien, kreischenden Warnungen und schillernden Gedankenexperimenten wird es heute auch endlich wieder handfeste Zahlen zu sehen geben. Der US-Konzern Plug Power wird nach Börsenschluss die Bücher für die Anleger öffnen. In den letzten Tagen geriet die Aktie wieder schwer unter Druck, was auch an allgemeinen Sorgen um die chinesische Wirtschaft, die Bonität der USA und ähnlichen Faktoren gelegen haben mag.
Nicht unwichtig war aber mit Sicherheit auch, dass Plug Power bei der Vorlage von Zahlen in der Vergangenheit schon so oft enttäuscht hat. Daraus entsteht eine gewisse Erwartungshaltung, die den Anteilseignern kaum zu verdenken ist. Kurz vor dem wichtigen Termin versuchen es die Aktionäre aber noch einmal mit Optimismus. Die Plug Power-Aktie konnte heute kurz nach Handelsbeginn um 2,5 Prozent zulegen und sich bis auf 10,15 Euro verbessern. An dieser Stelle seien beide Daumen dafür gedrückt, dass diese spontane Zuversicht auch belohnt wird.
Nel ASA kämpft mit der Charttechnik
Interessant werden die Zahlen der US-Konkurrenz auch für Nel ASA sein. Die Norweger legten bereits vor nicht allzu langer Zeit Ergebnisse vor, die eigentlich auch gar nicht schlecht ausfielen. Die Freude darüber ist aber längst verflogen und die Aktie ist in den charttechnischen Abwärtstrend zurückgekehrt. Dort braucht sie dringend neue Impulse und die werden auch gerne gesehen, wenn sie aus Übersee stammen.
Am Dienstagmorgen kämpft Nel ASA weiterhin mit der Charttechnik. Die Bullen geben sich alle Mühe, die Aktie nicht unter die Linie bei 1,10 Euro fallen zu lassen. Im morgendlichen Handel ging es sogar leicht bis auf 1,11 Euro in die Höhe. Am Abwärtstrend ändert das aber leider nicht und die Zahlen von Plug Power könnten nun bei der vermutlich letzten nennenswerten Unterstützung durchaus eine Richtungsentscheidung herbeiführen. Für Spannung ist also in den kommenden Stunden definitiv gesorgt.
Der ganz normale Wahnsinn
Bei einem Blick auf andere Titel aus dem Segment ergibt sich größtenteils das gleiche Bild. ITM Power freute sich heute Morgen über Zugewinne von gut einem Prozent, die aber weder am Abwärtstrend noch am fast schon verzweifelten Kampf um die 1-Euro-Marke etwas änderten. Auf 5-Tages-Sicht sind Kursverluste von 3,05 Prozent zu verzeichnen. Die ansehnliche Erholung aus dem Juli droht immer mehr, über kurz oder lang zu verpuffen.
Die Ausnahme von der Regel stellt wieder einmal PowerTap Hydrogen Capital dar, wo es am Dienstagmorgen um respektable 8,7 Prozent aufwärtsging. Wie schon so oft handelt es sich bei diesen Zugewinnen aber nicht auf die Reaktion auf irgendeinen Durchbruch im Unternehmen. Stattdessen wird munter spekuliert und ich lehne mich so weit aus dem Fenster und vermute, dass eine entsprechende Korrektur nicht lange auf sich warten lassen wird. Natürlich könnte ich damit aber auch danebenliegen.
Sorgenvolle Tage bei Wasserstoff-Aktien
Es macht fast den Eindruck, als wüsste momentan niemand so recht, was er oder sie mit Wasserstoff-Aktien anfangen soll. An den langfristigen Chancen hat sich freilich nichts geändert. Der tatsächliche Handel ist aber geprägt von vielen Sorgen um Wirtschaft und Konjunktur und die Frage, wer sich angesichts des zunehmenden Gegenwinds überhaupt noch große Investitionen in Wasserstoff leisten will. Es lässt sich nur abwarten, ob und wann der Wind wieder drehen wird. Es bleibt aber dabei, dass das Potenzial des Sektors bisher nicht einmal ansatzweise abgeschöpft wurde.
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