Liebe Leserin, Lieber Leser,
seit Jahren schon warten Anlegerinnen und Anleger darauf, dass es beim Thema Wasserstoff endlich schnellen Fußes vorangeht. Ausgesendet werden dieser Tage aber eher gegenteilige Signale. Das liegt nicht nur daran, dass Donald Trump im Januar als neuer Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wird. Zwar hat auch das Einfluss auf die schwer negative Marktstimmung. Den Branchenvertretern gelingt es aber auch nicht, dunklen Vorahnungen wenigstens vereinzelt Lichtblicke entgegenzusetzen.
Stattdessen gibt es seit einiger Zeit vermehrt Meldungen über gestoppte oder verzögerte Projekte zu sehen, darunter das Aus für eine Pipeline von Dänemark nach Deutschland. Dazu gesellte sich kürzlich die Insolvenz von HH2E, nachdem ein britischer Investor sich verabschiedet hatte.
Der nächste Tiefschlag für Plug Power
Ganz so dramatisch sieht es bei Plug Power (noch) nicht aus. Der US-Konzern sorgte gestern mit Zahlen aber dennoch für lange Gesichter. Die Erwartungen waren alles andere als hoch, konnten aber trotzdem nicht erfüllt werden. Berichtet wurde über einen Umsatz von 173,7 Millionen US-Dollar, was im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Minus von 13 Prozent entspricht. Immerhin lag der Verlust je Aktie mit 0,25 Dollar nur leicht unter der Analystenschätzung von 0,24 Dollar je Anteilsschein. Es bleibt aber auch hier dabei, dass Plug Power letztlich enttäuschte.
Das Unternehmen spricht dennoch von mittel- und langfristig positiven Aussichten und will im laufenden Jahr Umsätze zwischen 700 und 800 Millionen Dollar erzielen. Den Käufern allerdings platzt der Kragen. Der Aktienkurs gab am Dienstag um rund vier Prozent bis auf 1,91 Dollar nach und verpasste damit vielleicht endgültig die zuvor noch tapfer verteidige Marke bei 2 Dollar. Der nächste Support findet sich nun erst bei 1,60 Dollar. Derweil werden auch die Analysten vorsichtiger und lassen sich immer öfter im besten Fall nur noch zu einer neutralen Haltung überreden.
Plug Power Aktie Chart
BP zieht die Reißleine
Bedenklich ist bei den anhaltenden Verlusten von Plug Power die Liquiditätslage und die unschöne Vermutung, dass der Konzern sich auf Unterstützung durch eine Trump-Regierung eher nicht verlassen kann. Solche existenzbedrohenden Probleme hat der Ölkonzern BP nicht einmal ansatzweise. Das Interesse an Wasserstoff scheint dort aber dennoch nachzulassen. Bei der Vorstellung der jüngsten Quartalszahlen kündigte BP Kosteneinsparungen von etwa 200 Millionen Dollar jährlich an. Erreicht werden soll dies durch den Verkauf von Onshore-Windkraftanlagen in den USA und einen deutlichen Rückgang bei Wasserstoff-Projekten.
Gleich 18 davon wurden in einem frühen Stadium beendet und einen Ersatz stellte British Petroleum nicht in Aussicht. Grundsätzlich halte man an Wasserstoff als Zukunftstechnologie fest, hießt es. Die Anstrengungen werden aber heruntergefahren. Auf der eigenen Webseite ist nur noch von fünf bis zehn Projekten auf der ganzen Welt die Rede, wie „finanzen.net“ aufgefallen ist. Zu Jahresbeginn war noch von über zehn Wasserstoffprojekten in den USA, Europa und Australien die Rede. Bis 2030 wird nun eine Produktion von 0,5 bis 0,7 Millionen Tonnen angepeilt.
Miese Stimmung bei Nel ASA
Das wirkt geradezu niedlich angesichts der Wasserstoffmengen, die für eine flächendeckende Versorgung nötig wären. Allein in Deutschland wird für das Jahr 2030 mit einem Bedarf von 95 bis 130 TWh aus Wasserstoff gerechnet. Nötig wären dafür mehr als drei Millionen Tonnen des potenziell klimafreundlichen Kraftstoffes. Die Zurückhaltung von BP könnten Optimisten als Gelegenheit für andere Unternehmen deuten, die Lücke zu füllen. Anzeichen dafür sind aber eher rar gesät.
So ist es auch bei Nel ASA der Fall, wo Quartalszahlen bereits vor einer Weile für Enttäuschung sorgten. Dass BP sich in Sachen Wasserstoff zurückzieht, scheint auf eine zu geringe Nachfrage zurückzuführen zu sein, und das sind letztlich auch für die Norweger schlechte Neuigkeiten. Wenig überraschend bleibt die Nel ASA-Aktie unter den gegenwärtigen Voraussetzungen ihrem Abwärtstrend treu. Aktuell kämpft der Titel nach mehreren neuen Tiefständen darum, nicht auch noch nachhaltig unter die Linie bei 0,30 Euro zu fallen. Die Bullen befinden sich dabei aber klar in der Defensive.
Ballard Power ohne Aufwärtsdrang
Die Ergebnisse von Plug Power zogen bislang andere Titel noch nicht allzu sehr in die Tiefe, sie sorgten aber auch nicht im Ansatz für Entspannung. Bei Ballard Power wirken zudem noch schwache Ergebnisse nach, die in der vergangenen Woche vermeldet wurden. Die anhaltend schlechte Stimmung versperrt zuverlässig den Weg nach Norden und die Aktie fiel heute Morgen auf ein neues 52-Wochen-Tief bei 1,18 Euro zurück. Ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen beschleicht mich persönlich das Gefühl, dass es nicht das letzte Tief sein wird.
Die Wolken werden dunkler
Mancher Wasserstoff-Skeptiker dürfte sich derzeit angesichts der vielen negativen Meldungen aus dem Wasserstoffsegment schon in Selbstzufriedenheit suhlen und den endgültigen Untergang der klimafreundlichen Technologie vorhersehen. Doch auch wenn an der Börse momentan kaum Land zu sehen ist, so spricht noch immer vieles dafür, dass sich der alternative Kraftstoff über kurz oder lang durchsetzen wird. Gerade Europa findet auf lange Sicht kaum sinnvolle Alternativen zu Wasserstoff. Wachstumsschmerzen gehören dazu und auch Fortschrittsverweigerung ist beileibe nichts Neues. Selbst die Elektrizität und das Auto wurden einst verteufelt, durchgesetzt haben sie sich dennoch. Es lässt sich darüber streiten, ob Wasserstoff mit derartigen Entwicklungen auf eine Stufe gestellt werden sollte. Doch zum Aufgeben ist es definitiv noch viel zu früh.
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