Liebe Leserin, Lieber Leser,
die Bundesregierung will in Sachen Wasserstoff mal wieder Gas geben, auch wenn diese Metapher wahrscheinlich nicht allzu gut passen mag. Auf der eigenen Webseite kündigte der Bundestag heute für den 25. September eine Sitzung an, welche live übertragen werden sollen. Von 11 bis 13 Uhr findet sich ein 34-köpfiges Gremium zu einer öffentlichen Anhörung zusammen.
Inhaltlich soll es um die Beschleunigung der Verfügbarkeit von Wasserstoff gehen. Zur Diskussion sollen wohl Änderungen an rechtlichen Rahmenbedingungen stehen und Grundlage dafür ist ein entsprechender Gesetzesentwurf. Es scheint also, als würde etwas vorangehen. Vielleicht nicht zu Unrecht fragen sich aber viele Anleger angesichts der Zerstrittenheit der Ampel-Regierung und des angespannten Haushalts, ob aus dem Ganzen denn irgendetwas Greifbares entstehen mag. Fest zu rechnen ist damit wahrscheinlich eher nicht.
Orsted zeigt sich enttäuscht
Anderswo herrscht in Sachen Wasserstoff oftmals Ernüchterung. Das eine oder andere Versuchsprojekt ist in den letzten Tagen und Wochen an den Start gegangen. Doch es traut sich noch immer niemand so recht, (grünen) Wasserstoff im ganz großen Stil zu sehen. Manch einer rudert sogar zurück, was jüngst der Windkraft-Konzern Orsted zu spüren bekam.
Jener sollte eigentlich ein Elektrolyseur-Projekt in Schweden beliefern, welches jedoch zwischenzeitlich storniert wurde. In Kombination mit Verzögerungen bei einem Offshore-Windparks in den USA musste das Unternehmen eine Wertminderung von über einer halben Milliarde Euro hinnehmen. Wie viel genau davon auf das liegengebliebene Wasserstoff-Projekt entfällt, wurde nicht näher aufgeschlüsselt. Ein fader Nachgeschmack an der Börse bleibt jedoch dennoch, und das auch über den kleinen Kurssturz bei der Orsted-Aktie hinaus.
Orsted Aktie Chart
Wasserstoff-Aktien: Wird das noch was?
Natürlich lässt sich leicht zu viel in das eine oder andere gescheiterte Vorhaben interpretieren. Angesichts der schon seit Längerem enttäuschten Hoffnungen auf steigende Auftragseingänge bleibt dennoch unweigerlich der Eindruck, dass bei Wasserstoff viel zu oft zurückgerudert wird. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, worauf an der Börse nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit gewartet wird.
Rückenwind bekommen derweil die Skeptiker, welche Wasserstoff und erneuerbaren Energien im Allgemeinen skeptisch gegenüberstehen. Vielleicht verfangen deren Argumente nach Rückschlägen noch umso mehr, das lässt sich nicht abschließen bewerten. Orsted-Chef Mads Nipper sprach bei der Zahlenvorlage davon, dass die Lage „frustrierend und unbefriedigend“ sei. Das trifft das derzeitige Sentiment im Wasserstoff-Segment erstaunlich genau, auch wenn es nicht darauf gemünzt war.
Nel ASA: Noch immer am Kämpfen
Die angeschlagene Stimmung zeigt sich dieser Tage weiterhin recht deutlich bei der Aktie von Nel ASA. Während die Märkte Konjunkturdaten aus den USA abfeiern und der DAX sich munter wieder über 18.000 Punkte schwingen konnte, ist von einer Erholung bei der Nel ASA-Aktie überhaupt nichts zu spüren. Am Freitagmorgen ging es sogar um weitere 2,3 Prozent bis auf etwas weniger als 0,47 Euro zurück. Wie gehabt bleibt der Widerstand bei 0,50 Euro nicht zu erreichen.
Für noch mehr Verkaufsdruck sorgten die Analysten der Privatbank Berenberg, die Nel ihr neutrales Votum entzogen und nun stattdessen eine Verkaufsempfehlung aussprechen. Die Experten sind zwar noch immer optimistisch für die langfristige Zukunft im Segment. Der maue Auftragseingang bis Mitte 2025 lasse aber kaum Spielraum für Kurstreiber. Das Kursziel wurde von 8 auf 7 norwegische Kronen zusammengestrichen. Letzteres entspricht umgerechnet etwa 0,59 Euro, was angesichts der jüngsten Kursbewegungen schon fast etwas ambitioniert erscheint.
Plug Power schwächelt ebenfalls
Etwas mehr von der aktuellen Markterholung machte sich bei Plug Power bemerkbar. Dort legten die Kurse am Donnerstag um knapp fünf Prozent bis auf 2,12 Dollar zu. Das dürfte in erster Linie an frischen Zinshoffnungen liegen. Mit den nun erschienenen Zahlen aus der US-Wirtschaft wird eine (kräftige) Zinssenkungen im September als sehr wahrscheinlich angesehen. Damit einher geht die Hoffnung, dass der finanziell angeschlagene Wasserstoffkonzern seine Kapitalkosten endlich etwas verringern kann.
Doch eben das bleibt eben nur eine eher vage Hoffnung und charttechnisch ist den Käufern auch noch kein echter Fortschritt gelungen. Die Kursstürze aus den letzten Monaten konnten nicht einmal ansatzweise ausgeglichen werden. Tatsächlich notiert es weiterhin noch unter der Marke von 2,21 Dollar, wo im ersten Halbjahr noch das 52-Wochen-Tief anzutreffen war.
SFC Energy auf dünnem Eis
SFC Energy hat grundsätzlich mit weniger dramatischen Problemen zu kämpfen als die vielbeachteten Kollegen aus Norwegen und den USA. Doch weiter hilft es der Aktie nur bedingt. Auch hier ist von Erholung aktuell wenig zu spüren und die Bullen kämpfen weiterhin ein wenig verzweifelt um die Linie bei 20 Euro. Im frühen Handel am Freitag wurde jene bereits das eine oder andere Mal touchiert.
Deutlich bleibt gerade hier weiterhin, dass bei der noch immer heftig angeschlagenen Stimmung im Segment auch bei Einzeltiteln eine größere Erholung kaum möglich zu sein scheint. Was es also wirklich braucht, ist ein Vorstoß auf breiter Flur. Ein Ziehen von Wirtschaft und Politik am selben Strang, ohne dass sich einzelne Akteure in Detailfragen verlieren und sich über Kleinigkeiten streiten. Es ist eine schöne Vorstellung und der Wunschtraum nicht nur von vielen Aktionären. Absehbar ist ein derartiges Szenario am Horizont bislang aber nicht. Die Hoffnung muss man deshalb noch lange nicht aufgeben. Doch Hoffnung allein reicht eben noch nicht aus, um an der Börse Kaufempfehlungen zu verteilen.
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