Liebe Leserin, Lieber Leser,
auf die große Euphorie scheint immer mehr die Ernüchterung zu folgen. Wasserstoff wurde einst, und wird von vielen immer noch, als die große Revolution angepriesen. Das Ganze soll ein elementarer Baustein auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft sein. Bisher ist davon aber leider nur erstaunlich wenig zu sehen. Es gibt viele interessante Konzepte, Ideen und Experimente. Daraus ist bisher aber noch kein Massenmarkt entstanden.
In Niedersachsen war die Politik mutig genug, Wasserstoff im großen Stil auf die Probe zu stellen. Dort fahren bereits einige Wasserstoff-Züge und eigentlich sollten es auch mal beständig mehr werden. Derartige Pläne wurden mittlerweile aber eingestellt. Im Juli gab das Bundesland bekannt, in Zukunft ausschließlich auf batteriebetriebene Züge setzen zu wollen, um nicht-elektrifizierte Strecken zu befahren. Die etwas profane Begründung dafür: solche Züge seien im Betrieb schlicht günstiger.
Wasserstoff-Aktien werden entzaubert
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mich erinnert das Ganze fast ein wenig an endlose Grundsatzdiskussionen zwischen Wasserstoff- und Elektro-Pkw vor einigen Jahren. Es gab eine Zeit, da war lange nicht gesetzt, welche dieser beiden Technologien den über 100 Jahre alten fossilen Verbrenner ablösen würde. Mit der Zeit kristallisierte sich das E-Auto als Sieger heraus und mittlerweile wird das auch nur noch von einigen sehr ambitionierten Einzelgängern angezweifelt.
Der Rückschlag bei den Zügen in Niedersachen ist sicherlich zwei oder drei Größenordnungen geringer. Dennoch hilft das Ganze den Anlegern nicht unbedingt dabei weiter, neue Zuversicht zu entwickeln. Zu lange schon warten sie auf durchschlagende Erfolge im Wasserstoff-Bereich, werden bisher aber hauptsächlich in die Zukunft vertröstet. Besonders das Jahr 2030 wird immer wieder gerne genannt. TECO hat dieses sogar bereits in den Firmennamen integriert und tritt seit einer Weile als TECO 2030 auf.
Nel ASA verliert den Halt
Es ist sogar absolut im Bereich des Möglichen, dass Wasserstoff bis dahin enorm an Bedeutung gewinnen wird. Denn auch wenn der alternative Kraftstoff für den Individualverkehr eher nicht von größerer Bedeutung ist, so sieht es bei Lkw, Flugzeugen und Schiffen doch schon wieder ganz anders aus. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, Heizungen oder gar Kraftwerke auf Wasserstoff umzustellen.
Chancen sind also noch vorhanden, doch der Geduldsfaden der Börsianer scheint immer mehr zu reißen. Klangvolle Zukunftsfantasien helfen beispielsweise der Aktie von Nel ASA schon seit Längerem nicht mehr weiter. Selbst überraschend gute Quartalszahlen und neue Auftragseingänge vermochten es in diesem Jahr bisher nicht, den Abwärtstrend dauerhaft zu stoppen.
Nel ASA im Sinkflug
Zu Beginn der neuen Woche ging es mit den Kursen der Norweger mal wieder in die Tiefe. Bis zum Vormittag waren Kursverluste in Höhe von 2,5 Prozent zu verbuchen und der Kurs gab bis auf 1,11 Euro nach. Das ist der niedrigste Kurs, den es seit der im Juli gestarteten Erholung zu sehen gab. Der Kampf um die wahrscheinlich letzten nennenswerten Unterstützungen im Chart scheint entbrannt zu sein.
Lediglich bei 1,10 Euro und 1,05 Euro erfährt die Nel ASA-Aktie noch etwas Halt. Beide Marken sind aber weitaus weniger bedeutsam als die bereits verlorene Linie bei 1,20 Euro. Nun gelang es den Käufern in diesem Jahr bereits das eine oder andere Mal, den Sturz in Pennystock-Gefilde quasi in letzter Minute aufgrund guter Neuigkeiten zu verhindern. Es ist aber kein Verlass darauf, dass dies noch einmal glücken wird.
Keine Ausnahmen für Plug Power
Etwas besser erging es der Aktie von Plug Power, welche bisher aber ebenfalls nicht den Ausbruch aus dem langfristigen Abwärtstrend schaffen konnte. Eine Weile freute der Titel sich über Rückenwind und bei Kursen knapp oberhalb von 13 US-Dollar ließ mancher Anleger vor einer Woche schon die Sektkorken knallen. Wie sich zeigt, handelte es sich dabei aber eher nicht um den großen Turnaround.
Statt auf den Erfolgen aufzubauen, strichen viele Anteilseigner Gewinne ein und am Montagmorgen standen nur noch 11,56 Dollar auf der Anzeigetafel. Auf Jahressicht hat der Kurs sich mehr als halbiert und es braucht schon sehr viel Wohlwollen, um hier irgendwie eine echte Aufwärtstendenz erkennen zu wollen.
Die Angst geht um
Die Zweifel bei den bisher genannten Titeln gehen nicht nur von einer steigenden Skepsis im Wasserstoffbereich insgesamt aus. Manch einer sorgt sich auch um die Konkurrenz aus China. Dort wird massiv in Wasserstoff investiert und entsprechende Unternehmen erhalten teils großzügige Subventionen. Die Furcht ist groß, dass langfristig eine ähnliche Entwicklung wie im Solarbereich stattfinden könnte: westliche Anbieter werden durch günstige Preise unterboten und vom Markt verdrängt.
Natürlich ist das nicht in Stein gemeißelt, doch mangels echter Neuigkeiten können die Anleger derzeit nur in alle Richtungen spekulieren. Dabei scheinen die negativen Erwartungen noch zu überwiegen, was die Käufer lähmt und Abwärtstendenzen weiter antreibt.
PowerTap Hydrogen Capital pfeift auf den Trend
Es ist zuweilen recht schwierig, sich dem Sentiment an den Märkten zu entziehen. Zumindest PowerTap Hydrogen Capital gelingt dies am Montagmorgen aber mit Bravour. Um zwei Prozent ging es mit dem Titel heute Morgen aufwärts und der Kurs verbesserte sich bis auf 0,51 Euro. Natürlich wird bei dem Pennystock heftig spekuliert und solche Zugewinne können sich gerne mal innerhalb von Minuten in Luft auflösen.
Doch ohne zumindest ein wenig Spekulationen kommen Anleger in Sachen Wasserstoff schlicht kaum weiter. Es bleiben die großen Fragen im Raum stehen, ob Wasserstoff eines Tages seinen großen Durchbruch erleben wird und wer davon am meisten profitieren könnte. Hätte ich eine klare Antwort darauf, würde ich sie gerne präsentieren. Leider kann ich nur meine persönliche Einschätzung abliefern, nach der die Geschäfte rund um Wasserstoff noch nicht mal richtig am Anfang stehen am meisten all jene profitieren dürften, die jetzt schon kräftig investieren.
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