Liebe Leserinnen und Leser,
Wasserstoff-Aktien gelten derzeit fast als Synonym für Turbulenzen. Daran sind Player wie Nel ASA und Plug Power nicht ganz unschuldig. Denn derzeit kommen von ihnen zu wenig substanzielle Meldungen. Gegensteuern könnte da die Politik, doch auch sie tut sich beim Thema H2 zunehmend schwer. Mehr darüber erfahren Sie im heutigen Newsletter Wasserstoff Briefing.
Andy Marsh, CEO des US-amerikanischen Wasserstoff-Spezialisten und einer der wortmächtigsten Vorkämpfer für eine grüne Wasserstoffwirtschaft, ist stinksauer. Daraus macht er im kürzlich gesendeten Podcast „Factor This!“ des Portals Renewable Energy World keinen Hehl. Grund für den Unmut – Sie ahnen es! – ist mal wieder der Inflation Reduction Act (IRA).
US-Klimapaket und die Folgen
Bzw. es sind die im IRA enthaltenen Steuergutschriften für die Produktion von grünem Wasserstoff. Sollten Wasserstoff-Produzenten diese Steuergutschriften vollumfänglich bekommen, dann hätte das ein weitaus schnelleres Senken der Kosten für grünen Wasserstoff zur Folge als ursprünglich angenommen. Dieser Umstand wiederum hat zahlreiche Analysten zu kühnen Prognosen inspiriert.
Wasserstoff-Player wie Plug Power – oder auch Nel ASA – galten daher vor gut einem Jahr als die großen Profiteuere des US-Klimaschutz- und Inflationsdämpfungsgesetzes. Plug Power, so rechnete man aus, sollte dadurch weitaus schneller in die Gewinnzone kommen als gedacht. Das ist bisher bekanntlich nicht eingetroffenen. Auch in dieser Handelswoche hat die Aktie bisher nicht überzeugt.
Die Kursperformance der Plug Power-Aktie
Für den heutigen Donnerstagvormittag ist der Plug Power-Aktie denn auch das Label „Verlierer“ sicher. Das geht aus einer aktuellen Meldung des Finanzportals „Finanzen.net“ hervor. Dennoch gibt es wohl immer noch Optimisten unter den Kursanalysten, die hinsichtlich der Plug Power-Aktie von einem Kurspotenzial von mehr als 105 Prozent ausgingen, wie ein Kollege darlegt.
Wasserstoff: „Die Chance ihres Lebens“
Das ist umso erstaunlicher, da aufgrund fehlender News eine wirtschaftliche Bewertung von Plug Power kaum möglich ist. Genau diese wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens sieht Plug Powers CEO Andy Marsh denn auch zunehmend in Gefahr. Denn sie ist demnach abhängig von der zukünftigen energiepolitischen Marschroute der USA. So sieht es zumindest Marsh.
Denn die USA stünden am Scheideweg: Sie hätten es jetzt in der Hand, eine „grüne Wasserstoff-Supermacht“ zu werden. „Oder sie könnten die Chance ihres Lebens verspielen“, wie es in der Podcast-Zusammenfassung heißt. Denn es ist weiterhin völlig unklar, wie, also unter welchen Bedingungen genau, grüner Wasserstoff für die Steueranreize des IRA in Frage kommt.
USA: Alle reden über H2 – und Steuergutschriften
Der entscheidende und bisher ungeklärte Punkt ist die schrittweise Einführung der sogenannten „3 Säulen“ für die Produktion von grünem Wasserstoff: Dabei geht es grob gesagt um Regelungen für neue saubere Stromkapazitäten, zur machbaren Lieferbarkeit dieses Stroms und zum stündlichen Abgleich der Emissionen.
All diese offenen Fragen und die daraus resultierende Ungewissheit habe zu einer millionenschweren Lobbykampagne geführt, heißt es im Podcast-Artikel. Diese habe sich über die grenzen der Fachmedien hinaus bis in die Mainstream-Kanäle ausgebreitet. Gut möglich, dass sich Andy Marsh auch deshalb so ärgert.
„Frontalangriff auf Wasserstoff“
Denn der steuerpolitische Rahmen des Finanzministeriums, wenn er denn kommt, könnte nach Ansicht von Herstellern und Entwicklern von grünem Wasserstoff über Erfolg oder Misserfolg dieser jungen Industrie entscheiden. „Ich persönlich betrachte dies als einen Frontalangriff auf den Wasserstoff im Allgemeinen“, sagt dazu Marsh.
Und dass „durch Leute, die einfach nur sagen: ‚Elektrifiziert alles‘, die den Kohlenstoff-Fußabdruck der Welt nicht wirklich verstehen“, fährt Plug Powers CEO demnach fort. Auch wir können die „Verbreiterung“ einerseits und die Verschärfung andererseits der Diskussionen rund um Wasserstoff bestätigten.
Angezählt: Plug Power, PowerCell Sweden, Ballard Power
Glaubt man manchem Finanzexperten dann liegt der aktuelle Absturz der Wasserstoff-Aktien ohnehin in der Natur der Sache: Als Unternehmen möglichst keine Schulden zu haben und über ein funktionierendes Businessmodell zu verfügen, seien die Grundvoraussetzungen, um nachhaltig Geld zu verdienen, heißt es beim Investment-Portal „Stock3“.
Eine neue bahnbrechende Technik oder Geschäftsidee, aber keine Einnahmen, bedeuteten hingegen für die Aktienkurse nahezu immer „manisch-depressive Katastrophenverläufe“. Und wie zum Beweis finden sich auf der vom Autor zusammengestellten Liste der „sechs mörderischen Katastrophencharts“ drei Wasserstoff-Aktien: Plug Power, PowerCell Sweden, Ballard Power.
Stockende Wasserstoffwirtschaft: Wer ist schuld?
Man mag die Auswahl ein wenig unfair finden, auch wenn die Ausschläge schon extrem sind. Denn so hat etwa PowerCell gezeigt, dass das Unternehmen auch Ergebnisse liefern kann. Und Ballard Power hat jüngst immer wieder Aufträge gemeldet. Dass Wasserstoff-Projekte in den USA und in Europa derzeit – zumindest gefühlt – etwas ins Stocken geraten, liegt nicht nur an den Playern.
Es liegt auch an den Unklarheiten zur Finanzierung und an fehlender endgültiger Rechtssicherheit in Sachen Wasserstoff. Und dabei schieben sich Politik, Unternehmen und private Investoren munter reihum den Schwarzen Peter zu. Dieser Eindruck verstärkt sich zumindest im Hinblick auf die europäische Wasserstoffwirtschaft.
Nel ASA-Aktie: Schwächephase hält an
Da sieht sich Nel ASA definitiv in einer führenden Rolle. Doch was die derzeitige Kursperformance angeht, ist es durchaus überraschend, dass man Nel ASA bei den zitierten „Katastrophencharts“ nicht erwähnt. Grund dafür gäbe es. Denn aktuell bewegt sich die Nel ASA-Aktie unterhalb der 0,90 Euro-Marke. Anlass zur Sorge oder Einstiegsmöglichkeit? So oder so – es bleibt spannend.
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