Liebe Leserin, lieber Leser,
Wasserstoff-Aktien spiegeln den Zeitgeist wider. Davon profitieren Nel ASA, Plug Power und Co. Denn einerseits herrscht Konsens darüber, dass die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ein Ende haben muss. Andererseits steckt die Wasserstoffwirtschaft noch in den Kinderschuhen. Daher gibt es dafür keine Blaupause. Mehr dazu lesen Sie im heutigen Newsletter Wasserstoff Briefing.
Schöne Bescherung: Die Handelswoche hat noch nicht richtig angefangen und schon bricht Plug Power ein. Das könnte natürlich auch daran liegen, dass die gesamte Wasserstoff-Branche derzeit immer noch als angeschlagen gilt. Daran können auch einzelne kurzfristige Erholungen wie etwa bei der Nel ASA-Aktie nichts ändern.
Wasserstoff-Aktien: Was macht Brüssel?
Und auch die Entscheidungen und Weichenstellungen seitens der Politik scheinen ein wenig zu verpuffen. Denn eigentlich ließen sich doch in der zurückliegenden Woche (politische) Bekenntnisse pro Wasserstoff vermelden. So hat etwa die EU am vergangenen Donnerstag Ziele für die Verwendung von grünem Wasserstoff herausgeben. Dessen Anteil man massiv steigern will.
Davon abgesehen konnte sich vor allem Plug Power seit Verabschiedung des Inflation Reduction Act (IRA) in den USA der wohlgesonnen Analysten sicher sein. Doch das hat sich nun geändert. Wie das Börsenmagazin „Der Aktionär“ berichtet, hat die US-Investmentbank Morgan Stanley das Kursziel für die Plug Power-Aktie massiv zusammengestrichen. Damit nicht genug:
Die Kursperformance der Plug Power-Aktie
Das Analysehaus habe den Wasserstoff-Titel in einer aktuellen Studie von „Overweight“ auf „Equal-Weight“ herabgestuft. Am heutigen Montagvormittag gehörte die Aktie von Plug Power laut einer Meldung des Finanzportals „finanzen.net“ demnach zu den Verlustbringern des Tages. Momentaufnahme hin, Momentaufnahme her: Die Abstufung kommt für Plug Power zur Unzeit.
Elektrolyseure: Wer baut die besten?
Denn die jüngste Meldung des Unternehmens zur Erschließung eines neues Marktes – Man will nun auch kleineren Lagerbetrieben Wasserstoff-Brennzellen-Lösungen anbieten. – dürfte in der Zwischenzeit schon wieder etwas in Vergessenheit geraten sein. Nicht mal Plug Power – marketingtechnisch eigentlich immer gut aufgestellt – kann davon ewig zehren.
Statt Unternehmensnews dominieren auf den Medien-Kanälen des US-amerikanischen Wasserstoff-Spezialisten derzeit Infos zu den Produkten und Dienstleistungen. Beispielsweise zur unschlagbaren Funktionsweise der Elektrolyseur-Technik von Plug Power, Stichwort Wasserverbrauch. Denn natürlich tobt rund um den Wasserstoff-Hype auch ein Kampf um die Deutungshoheit.
Umkämpfter Milliardenmarkt
Der Ressourcenverbrauch von Elektrolyseuren steht dabei genauso in der Diskussion wie die Definition von grünem Wasserstoff und die Produktionskosten für grünen Wasserstoff. Ganz zu schweigen von der Debatte über Wasserstoff im Heiz- und Wärme-Sektor. Davon hat Deutschland bisher nur ein laues Lüftchen abbekommen. Doch das könnte sich ändern: Stichwort Heizwende.
Doch zurück zum umkämpften Milliardenmarkt für Elektrolyseure. Hier sind außer Nel ASA und Plug Power noch jede Menge anderer namhafter Akteure unterwegs. Zu nennen wären da unter den Pure Player etwa ITM Power und Bloom Energy. Zumal uns der letztgenannte daran erinnert, dass die Technologie-Führerschaft in Sachen Elektrolyseure noch nicht entschieden ist.
EU-Entscheidung: Förderung der heimischen Produktion
Dennoch kann es ja nicht schaden, immer mal wieder auf die Vorteile der eigenen Modell hin zuweisen. Und so heißt es bei Plug Power: „Unsere Elektrolyseure erhöhen nicht unseren Wasserverbrauch, sondern verdrängen andere Technologien, die langfristig möglicherweise mehr Wasser verbrauchen.“ Aha. Weitere Infos gibt es demnach im Unternehmens-Blog.
Unlängst hat sich die EU übrigens noch für Elektrolyseure „Made in Europe“ eingesetzt. Dabei sorgte Anfang März ein Gesetzesentwurf für Furore, der auch Netto-Null-Industries-Gesetz genannt wird. Demnach plant Brüssel, dass in Zukunft mindestens 40 Prozent der Technologien, die für das Erreichen der Klimaziele nötig sind werden, innerhalb der EU hergestellt werden sollen.
Grüner Wasserstoff: Die Gratwanderung
Damit ist sie einer Reihe von Herstellern und Unternehmen aus der Erneuerbaren Energie-Branche entgegengekommen. Diese fürchten sowohl die vermeintliche „Billig-Konkurrenz“ aus China als auch Nachteile für europäische Hersteller aufgrund des Inflation Reduction Act (IRA). Dessen Steuergutschriften für grünen Wasserstoff treiben die EU weiterhin vor sich her.
Und gelegentlich hat man dabei den Eindruck, dass es die EU ohnehin niemandem recht machen kann. Denn mal kritisieren die Umweltverbände die Entscheidungen, mal die Unternehmen, häufig die Medien und fast immer die politischen Gegner. So verhält es sich auch beim EU-Vorschlag zum delegierten Rechtsakt zur Definition von grünem Wasserstoff.
Harsche Kritik
Dieser Vorschlag von vor gut einem Monat schreibt demnach eine monatliche Anpassung des Elektrolyseurbetriebs an die Stromversorgung durch zusätzliche erneuerbare Energien vor. Ursprünglich ist dabei gar von einer stündlichen Anpassung die Rede gewesen. Ein Vorhaben, dass die Unternehmen mangels Praktikabilität von vornherein abgelehnt haben.
Daher galt der jüngste Vorschlag bereits als zumindest etwas realistischerer Kompromiss. Doch das Zeugnis, das Jorgo Chatzimarkakis, Chef der Lobbyorganisation Hydrogen Europe, diesem vorgeschlagenen delegierten Rechtsakt zur Definition nun ausstellt, ist verheerend. Laut eines Berichts auf dem Portal „HydrogenInsight“ äußerte er seine Kritik in der vergangenen Woche.
USA: Das gelobte Land für Wasserstoff
Adressat war das Publikum auf der Reuters Hydrogen 2024-Konferenz in Amsterdam. Dort bezeichnete Chatzimarkakis die EU-Reglung demnach als „Zwangsjacke“, die die Produktion (von grünem Wasserstoff) unnötig verteuern würde. Internationale Hersteller von grünem Wasserstoff dürften die europäischen Märkte wegen zu strenger Vorschriften meiden, sagte er.
Die Vorschriften trieben die Kosten für die Herstellung von Wasserstoff in die Höhe und daher verliere Europa als Markt für Wasserstoff deutlich an Attraktivität. Industrievertreter aus Brasilien und Ägypten hätten demnach keine Hehl daraus gemacht, die USA als lukrativeren Wasserstoffmarkt anzusehen und dort ihre Wasserstoff-Projekte zu realisieren.
Wasserstoff-Aktien: Impulse dringend erwünscht
Chatzimarkakis kritisierte dabei auch die Komplexität der Vorschriften. Und diese Kritik lässt sich auch auf die Vielzahl der EU-Förderprogramme übertragen. Denn bei allem guten Willen, den man der Politik in Brüssel und in Berlin beim Wasserstoff unterstellen möchte: Es gab schon mal mehr (weltweite) Impulse für Wasserstoff-Aktien, Stichwort Inflation Reduction Act.
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