Liebe Leserin, Lieber Leser,
es gibt sie noch, die guten Neuigkeiten aus dem Wasserstoff-Bereich. Zu hören waren solche gestern aus Hamburg, wo Quest One feierlich die Produktion von wichtigen Komponenten für Elektrolyseuren in Serie feierte. Zu diesem Anlass gab sich sogar Bundeskanzler Olaf Scholz die Ehre, welcher darüber sprach, dass nun 75 Prozent der Produktionszeit eingespart werden könnten. Bisher seien Elektrolyseure noch Handarbeit gewesen. Es ist also durchaus ein bedeutender Schritt, welcher in Hamburg gewagt wird.
Damit einher geht natürlich auch die Hoffnung, dass das noch eher überschaubare Angebot an Fahrt aufnehmen wird. Quest One peilt an, im kommenden Jahr eine Kapazität von einem Gigawatt zu erreichen. Langfristig sollen es jährlich fünf Gigawatt werden. Doch so schön das auch klingen mag: es ist für den Moment nur eine Zukunftsfantasie. Dass solche auch gerne mal enttäuscht werden können, damit dürften sich Anleger mit Wasserstoff-Aktien im Depot bestens auskennen.
Nel ASA: Durch die Lappen gegangen
Während in Hamburg gefeiert wird, herrscht in Oslo bei Nel ASA derzeit große Katerstimmung. Im Frühjahr berichtete das Unternehmen noch von einer großen Reservierung durch Hy Stor Energy. Über ein Gigawatt an Ausrüstung für Elektrolyseure wollte der Partner sich sichern und die Nel ASA-Aktie reagierte seinerzeit schon mit recht ansehnlichen Kursgewinnen. Doch schon recht früh warnten einige Beobachter, dass eine Reservierung noch lange keine Bestellung ist.
Die mahnenden Worte sollten sich als treffsicher erweisen. Denn wie Nel gestern bekanntgab, hat Hy Stor Energiy wieder Abstand von seinem Vorhaben genommen. Die entsprechende Vereinbarung wurde kurzerhand aufgekündigt. Laut Nel habe dies keinerlei Auswirkungen auf den Auftragsbestand, da die Reservierungen noch nicht als Auftragseingang behandelt wurden. Bemerkbar macht sich der Rückschlag aber sehr deutlich beim Aktienkurs. Offensichtlich hatten die Anleger frische Aufträge wohl schon eingepreist.
Die Nel ASA-Aktie muss Federn lassen
Am Dienstagmorgen reagierte die Nel ASA-Aktie mit heftigen Verlusten. Schon kurz nach Handelsbeginn rasselte der Titel um knapp fünf Prozent in die Tiefe und landete zunächst bei 0,40 Euro. Einmal mehr ist es hier bestenfalls eine psychologische Komponente, welche einen Sturz in Richtung 52-Wochen-Tief bei 0,37 Euro verhindern könnte. Allzu viel Verlass ist darauf aber nicht. Denn die gestern verkündeten Neuigkeiten hätten in den Augen vieler Anteilseigner kaum niederschmetternder sein können.
Nel ASA Aktie Chart
Gewartet wird an den Märkten eigentlich darauf, dass Nel endlich Auftragseingänge im größeren Stil vorweisen kann und auch die Frequenz solcher Meldungen endlich zulegen kann. Stattdessen gab es nun gefühlt das Gegenteil zu sehen. Grüner Wasserstoff scheint für viele Unternehmen noch immer nicht attraktiv genug zu sein, um darin im großen Stil zu investieren. Die Schlappe aus Norwegen hinterlässt durchaus auch bei anderen Wasserstoff-Aktien ihre Spuren.
ThyssenKrupp Nucera: Grund zur Sorge?
Zu beobachten waren heute Morgen bei der ThyssenKrupp Nucera-Aktie Verluste, welche den Kurs um 1,7 Prozent bis auf 9,20 Euro zurückbeförderten. Seit Jahresbeginn hat das Papier schon um rund 48 Prozent an Wert verloren. Möglicherweise werden die Entwicklungen bei Nel ASA als mahnendes Beispiel verstanden. Denn auch bei Nucera sind es zu nicht unwesentlichen Teilen gute Hoffnungen, welche bei den Aktionären eine Rolle spielen. Trotz operativer Gewinne verzeichnete das Unternehmen zuletzt einen negativen Cash Flow.
Als ThyssenKrupp Nucera im vergangenen Jahr an die Börse ging, erfolgte dies auch mit dem Versprechen, dass der Wasserstoff-Markt bis zum Jahr 2050 um etwa das Sechsfache anwachsen könnte. Doch war diese Aussicht seit jeher eine eher vage Angelegenheit und jedes unschöne Beispiel aus der Branche lässt die Marktakteure nur noch weiter an derartigen Szenarien zweifeln. Die durchaus beachtlichen Erfolge in Hamburg sind da nur ein schwacher Trost, denn es fehlt die Perspektive darauf, dass der Sektor insgesamt auf Zeiten mit deutlich höheren Umsätzen zusteuern würde.
Plug Power tritt auf der Stelle
Immerhin etwas Rückenwind konnte zuletzt die Aktie von Plug Power verzeichnen, welche sich wieder über die nicht ganz unwichtige Linie bei 2 Dollar schwingen konnte. Dabei sollte es am Montag auch bleiben, allerdings ohne weitere Signale für eine länger anhaltende Erholung. Kleinere Verluste trieben den Kurs auf 2,26 Dollar zurück. Der Abstand zum 52-Wochen-Tief bei 1,60 Dollar wirkt ein wenig beruhigend, doch der Chart bleibt ein trauriger Anblick mit Verlusten von rund 70 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten.
Einige Beobachter vertreten die Ansicht, dass Plug Power momentan von der Aussicht auf Quartalszahlen profitieren könnte, welche in gut vier Wochen erwartet werden. Ich möchte nicht abstreiten, dass dies ein Faktor bei den jüngsten Kursgewinnen sein könnte. Nachvollziehbar wäre es aber nicht unbedingt, da der US-Konzern nach gegenwärtigem Kenntnisstand auf kaum mehr als die nächste Enttäuschung zusteuert, welche das Fragezeichen um die weitere Existenz noch weiter anwachsen lassen würde.
Man wird noch träumen dürfen
Es bleibt unter dem Strich dabei, dass manche Kräfte in der Politik von einer blühenden Wasserstoff-Zukunft träumen, dafür aber nur wenig handfeste Aussichten zu bieten haben. Dass die aktuellen Pläne für die nächsten Jahre tatsächlich umgesetzt werden können, daran zweifeln selbst gestandene Experten. Die immer neuen Erinnerungen daran, dass mancher Plan letztlich nie umgesetzt wird, macht es Anlegern nicht einfach, die Zuversicht zu behalten. Meiner bescheidenen Ansicht nach führt weiterhin kein Weg am Durchbruch von Wasserstoff herum. Doch wer davon an der Börse profitieren möchte, sollte sich ein dickes Fell und eine Engelsgeduld zulegen.
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