Liebe Leserin, Lieber Leser,
die Stimmung im Wasserstoffsegment hat sich nach der vergangenen Woche schon wieder merklich abgekühlt. Sorgen um einen möglichen Wahlerfolg von Donald Trump und dessen Vorliebe für fossile Brennstoffe sorgen für viel Verunsicherung an den Märkten. Umso größer war da die Hoffnung, dass es möglichst bald positive Signale zu sehen geben könnte. Mit Spannung erwartet wurden daher die Zahlen von Nel ASA, einem der meistbeachteten börsennotierten Konzerne in Sachen Wasserstoff.
Leider konnte Nel den Anteilseignern aber nicht den Gefallen tun, über fulminante Verbesserungen zu informieren, von schwarzen Zahlen ganz zu schweigen. Berichtet wurde über einen Umsatz in Höhe von 332 Millionen norwegischen Kronen (NOK), was umgerechnet etwa 28,2 Millionen Euro entspricht. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich daraus ein Minus von etwa zehn Prozent.
Nel weiter am Schwächeln
Erklärt wird dies vom Unternehmen mit geringeren Liefermengen von alkalischen Elektrolyseuren im zweiten Quartal. Immerhin fiel der Verlust je Aktie mit 0,072 NOK deutlich geringer aus als die 0,2 NOK aus dem Vorjahr. Auch der Nettoverlust konnte von 228 Millionen NOK (ca. 19,4 Millionen Euro) auf nun noch 118 Millionen NOK (ca. 10,02 Millionen Euro) begrenzt werden. Hauptsächlich sei dies aber auf eine Fair-Value-Anpassung aus Beteiligungen an Everfuel zurückzuführen, heißt es bei Nel. Organisches Wachstum lässt sich da eher nicht erkennen.
Mit Sorge dürften die Anleger derweil darauf blicken, dass sich die Barreserven deutlich reduziert haben. Vor einem Jahr gab Nel ASA hier noch 4,12 Milliarden NOK an, was umgerechnet etwa 350 Millionen Euro entspricht. Übriggeblieben davon sind nun noch 2,29 Milliarden NOK oder 190 Millionen Euro. Zu einem nicht unwesentlichen Teil ist dies zwar auf die Ausgliederung des Betankungsgeschäfts in Form von Cavendish Hydrogen zurückzuführen. Dennoch stellen Anleger sich angesichts weiterhin anfallender Verluste die berechtigte Frage, wie lange das Ganze noch gutgehen kann.
Die Nel ASA-Aktie stürzt in die Tiefe
Zu allem Überfluss hat sich der Auftragsbestand auch noch um etwa 13 Prozent auf 2,07 Milliarden NOK (ca. 180 Millionen Euro) reduziert. Einziger Lichtblick ist der Auftragseingang, der mit 270 Millionen NOK oder knapp 23 Millionen Euro 18 Prozent höher beziffert wurde als noch ein Jahr zuvor. Für spontane Euphorie bei den Anlegern konnte aber auch das nicht einmal im Ansatz sorgen.
Die Nel ASA-Aktie startete heute Morgen mit brutalen Kursverlusten in den Handel und viel im frühen Handel um fast zehn Prozent bis auf 0,52 Euro zurück. Fast schon froh können die Anteilseigner wohl darüber sein, dass kein weiteres Ausflug in Gefilde unterhalb von 0,50 Euro zu beobachten war. Aus charttechnischer Sicht schmerzt das Unterschreiten des Supports bei 0,55 Euro allerdings sehr und ein Rückfall in den Abwärtskanal lässt sich nun kaum ausschließen.
Plug Power folgt dem Trend
Die eher schwachen Ergebnisse von Nel ASA hinterlassen natürlich auch anderswo ihre Spuren. Wasserstoff-Aktien steht am Mittwoch ein eher unschöner Tag bevor. Bei Plug Power bekommt die jüngste Erholungsbewegung ebenfalls Risse. Im morgendlichen Handel ließ das Papier um 3,4 Prozent bis auf 2,94 Euro nach und verzichtet damit allem Anschein nach darauf, wichtige Widerstände ernsthaft ins Visier zu nehmen.
Gestern noch konnte Plug Power sich dem Verkaufsdruck recht gut erwehren, was auf Meldungen aus Europa zurückzuführen war. Die EU hat einer Kooperation von Plug Power und Renault offenbar ihren Segen erteilt, in deren Rahmen der Brennstoffzellenhersteller HYLIA übernommen werden soll. Geplant sind bei Renault für die Zukunft Brennstoffzellenfahrzeuge, die mithilfe von Plug Power entstehen sollen. Darüber hinaus ist wohl mit einem europaweiten Tankstellennetz geplant. Das lässt manche neue Chance erkennen, reicht aber offenbar nicht aus, um sich vollständig gegenüber dem derzeitigen Gegenwind in der Branche abzuschirmen.
ITM Power reiht sich ein
Anders als Nel konnte ITM Power die Anleger mit seinen Zahlen vor einer Weile noch regelrecht begeistern. Die Vorfreude weicht aber auch hier für den Moment einer gewissen Ernüchterung und mit dem Aktienkurs ging es am Mittwochmorgen zunächst um 1,1 Prozent bis auf 0,71 Euro in die Tiefe. Die Ausgangslage ist hier noch weit weniger dramatisch als bei Nel. Als ein erster Warnsignal innerhalb der jüngsten Erholungsbewegung können die roten Vorzeichen aber vielleicht schon verstanden werden.
Einmal mehr scheint sich der Eindruck zu verstärken, dass es bei Wasserstoff schlicht nicht schnell genug vorangeht. Zu diesem Schluss kommt auch der EU-Rechnungshof, der bei der Produktion von grünem Wasserstoff noch viel Nachholbedarf erkennt. Die für 2030 angepeilten Importe seien zu ehrgeizig und die EU müsse ihre Pläne rund um Wasserstoff einem „Realitätscheck“ unterziehen, heißt es in einem aktuellen Bericht, über den die „Tagesschau“ berichtete.
Auf dem Boden der Tatsachen
Vielleicht ist es auch für Anleger an der Zeit, wieder kurz durchzuatmen und die eigenen Erwartungen zu überdenken. Es gab in den letzten Tagen und Wochen so manches erfreuliche Signal, aber eben noch kein Anzeichen für einen grundsätzlichen Durchbruch bei Wasserstoff. Die Zahlen von Nel ASA und politische Unsicherheiten belegen einmal mehr, dass es noch viele Stolpersteine auf dem Weg gen Norden gibt. Es lässt sich an dieser Stelle nur hoffen, dass dadurch die hart erkämpften Kursgewinne der letzten Woche nicht wieder vollständig verschwinden. Doch zumindest etwas geerdet werden dürfte nun so mancher Titel aus dem Sektor.
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