Liebe Leserin, Lieber Leser,
Der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur ist ein Mammutprojekt, welches ohne erhebliche staatliche Subventionen nicht zu stemmen ist. Genau deshalb will die Bundesregierung den Bau von Fernleitungen mit ganzen 3 Milliarden Euro fördern. Ausgeschüttet werden sollen jene in Form von günstigen Darlehen, mit denen Netzbetreiber zu Beginn des Wasserstoff-Hochlaufs ihre Verluste decken können. Das Ganze stand bisher noch unter dem Vorbehalt der EU-Kommission.
Letztere stimmte dem Vorhaben nun zu und machte damit den Weg frei, die entsprechenden Vorgaben in die Tat umzusetzen. Zwar schloss die EU nicht aus, dass es durch das Vorhaben zu gewissen wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen kommen könnte. Das Interesse der Bevölkerung, auch über Deutschland hinaus, ist nach Ansicht der EU-Kommission aber letztlich von höherer Bedeutung. Deutschland geht damit einen wichtigen Schritt, um bis zum Jahr 2032 ein Wasserstoff-Kernnetz mit insgesamt 9.700 Kilometern an Leitungen auf die Beine stellen zu können.
Trostlose Tage bei Nel ASA
Das ist eine hervorragende Nachricht für den Sektor und Wasserstoff-Unternehmen freuen sich über etwas mehr Planungssicherheit, so denn eine künftige Regierung das Ganze nicht doch noch einmal über den Haufen werfen mag. Ohne weiteres wird das zwar nicht möglich sein, vor allem wenn bereits erste Verträge geschlossen wurden. Doch ausschließen lässt sich in diesen turbulenten Zeiten wohl nur wenig.
Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, dass die Märkte auf die Meldung kaum weiter reagierten. Neue Zuversicht wollte sich an der Börse nicht bemerkbar machen. Stattdessen wurden Wasserstoff-Aktien am Freitag wieder einmal von roten Vorzeichen dominiert. Zu den Leidtragenden zählte auch die Aktie von Nel ASA, bei der Kursverluste von knapp vier Prozent gleich doppelt schmerzten.
Nel ASA Aktie Chart
Die Abschläge reichten aus, um das Papier auf 0,48 Euro und damit wieder unter die Unterstützung bei 0,50 Euro zu befördern. Der eine oder andere Support ist im Süden zwar durchaus noch vorhanden. Doch ehrlicherweise kommt keiner Kursmarke mehr eine ähnliche Bedeutung wie der nun unterschrittenen Linie zu. Sollten die Bullen sich also am Montag nicht zu einer spontanen Erholung hinreißen lassen, wären folgerichtig weitere Tiefflüge kaum auszuschließen.
Auch Plug Power im roten Bereich
Im Chart deutet alles darauf hin, dass Nel ASA ein Test des 52-Wochen-Tiefs bei 0,37 Euro bevorstehen könnte. Nun soll der Teufel an dieser Stelle nicht an die Wand gemalt werden. Die Erfahrung der letzten Monate lehrt uns aber leider, dass die Charttechnik ein recht verlässlicher Indikator für die Bewegung von Wasserstoff-Aktien geworden ist, solange dem nicht erfreuliche Nachrichten gegenüberstehen. Davon gab es bei Nel aber nun schon seit ein paar Wochen nichts mehr zu sehen.
Anders sieht das bei Plug Power aus. Wie „Der Aktionär“ berichtet, konnte das US-Unternehmen sich jüngst einen frischen Auftrag angeln, der die Lieferung von PEM-Elektrolyseursystemen mit einer Leistung von 25 Megawatt vorsieht. Als Kunde tritt ein nicht näher benanntes europäisches Unternehmen auf und es wird von einer langfristigen Partnerschaft gesprochen. Das impliziert, dass es in nicht allzu ferner Zukunft noch Folgeaufträge geben könnte.
Nichts zu machen
Eben jene Meldung wurde an den Märkten aber so ziemlich vollständig ignoriert. Die Plug Power-Aktie geriet am Freitag weiter unter Druck und erlitt Kursverluste in Höhe von 4,9 Prozent. Kleinere Aufschläge im nachbörslichen Handel zeugten ebenfalls nicht von Euphorie. Der Kurs pendelte sich knapp über 2,40 US-Dollar ein und blieb damit tief im Kurskeller stecken. Bereits bei 2,25 Dollar wartet das aktuelle 52-Wochen-Tief und damit der vermutlich letzte Support, der einen Sinkflug in ungeahnte Tiefen noch verhindern könnte.
Das durchaus ansehnliche Volumen des neuen Auftrag scheint nicht auszureichen, um bei den Bullen frische Hoffnungen zu wecken. Zu schwer wirken noch immer Sorgen um die Liquidität von Plug Power. Gesichert werden konnte jene unter anderem durch Kreditzusagen der US-Energiebehörde. Vor einigen Tagen regte sich dagegen jedoch Widerstand im US-Senat, wo einige Abgeordnete der Republikaner eine Überprüfung des Ganzen einforderten. Auch wenn darauf bisher noch keinerlei Konsequenz folgte, so reicht es dennoch aus, um wieder ein großes Fragezeichen über Plug Power zu setzen. Das schickt die Anleger zuverlässig in die Defensive und reißt alte Wunden auf.
Ballard Power im Abstiegskampf
Zumindest etwas besser lief es bei Ballard Power, wo die Kurse am Freitag nur um 0,3 Prozent bis auf 2,46 Euro nachgaben. Die Bullen konnten sich von Kursverlusten zu Wochenbeginn etwas erholen und im Chart für eine minimale Stabilisierung sorgen. Das im April etablierte 52-Wochen-Tief bei 2,27 Euro konnte für den Moment auf Abstand gehalten werden.
Dass so etwas momentan im Wasserstoffsegment schon als gute Neuigkeit zu werten ist, lässt bezüglich der allgemeinen Stimmung jedoch tief blicken. Auf eine kurze Phase der Hoffnung folgte viel zu schnell schon wieder Katerstimmung und die üblichen Verdächtigen drohen derzeit, in alte Kursgefilde zurückzufallen. Eine solche Enttäuschung dürfte das ohnehin schon angeschlagene Selbstvertrauen der Bullen noch weiter beschädigen. Natürlich bleibt noch der Trost, dass Wasserstoff als potenzielle Ablöse von fossilen Brennstoffen nicht einmal richtig am Anfang seiner Entwicklung steckt. Doch selbst die größten Optimisten können kaum ignorieren, dass es noch deutlich schlechter werden könnte, bevor endlich das langersehnte Comeback eintreten mag.
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