Liebe Leserin, Lieber Leser,
immer wieder wurde und wird uns versprochen, dass mit Wasserstoff der Weg nach vorne und in die Zukunft geebnet wird. Der „Champagner der Energiewende“ soll nicht nur die Umwelt schonen und Klimaneutralität für ganze Staaten ermöglichen. Ganz neben soll auch ermöglicht werden, die Abhängigkeit von problematischen Staaten zu verringern und der Industrie eine schier unbegrenzte Energiequelle zur Verfügung zu stellen. In der Theorie funktioniert all das wunderbar. In der Praxis gibt es immer wieder Nachholbedarf.
Das zeigt sich aktuell in Deutschland mit Blick auf Wasserstoff-Tankstellen. Immerhin 82 davon zählt die „Welt am Sonntag“, welche aber momentan nicht vollumfängliche zur Verfügung stehen. Bei 36 Standorten findet derzeit nur ein Notbetrieb statt. In Berlin gibt es dem Bericht zufolge aktuell nur eine einzige Wasserstoff-Tankstelle, bei der die Versorgung gewährleistet ist.
Viele Fragezeichen beim Wasserstoff
Zurückgeführt wird dies auf eine Explosion bei einer Wasserstoff-Abfüllanlage von Linde, die sich bereits Ende August ereignete. Bis heute ist die Ursache nicht geklärt. Spediteure nahmen allerdings Auflieger des havarierten Modells vorsorglich aus dem Betrieb, was die Versorgung schwer einschränkt. Wann sich das Ganze wieder normalisieren könnte, ist momentan völlig offen. Dass es nicht unbedingt die beste Werbung für die ohnehin eher wenig gefragten Wasserstoff-Autos ist, dürfte aber außer Frage stehen.
Allerdings erscheinen solche Meldungen noch eher harmlos im Vergleich zu dem, was Anlegerinnen und Anleger bei einem Blick über den Atlantik erwartet. Dort hat Donald Trump in den letzten Tagen einige Nominierung für sein Kabinett verkünden lassen. Als Energieminister schlug er Chris Wright vor, seines Zeichens Chef des Öl- und Gaskonzerns Liberty Energy. Dass es einen Klimawandel geben würde, daran glaubt Wright nicht. Entsprechend überschaubar ist seine Begeisterung für erneuerbare Energien und Klimaschutz. Geht es nach ihm, werden die USA wohl noch mehr als ohnehin schon bohren, so dies denn überhaupt möglich ist.
Plug Power verliert einen Verbündeten
Noch muss der Senat den Personalvorschlägen von Donald Trump zustimmen. Beobachter erwarten allerdings nicht, dass sich dabei allzu viel Widerstand bilden wird. Zu weiten Teilen hat die republikanische Partei sich schließlich längst zu einem Personenkult rund um Trump entwickelt. Wer von dieser Linie abweicht, wird schnell ins abseits gestellt. Es ist also damit zu rechnen, dass es für Wasserstoffunternehmen in den USA künftig recht ungemütlich werden dürfte.
Plug Power Aktie Chart
Für Plug Power kommt dies zur Unzeit, denn das Unternehmen hängt ohnehin bis über beide Ohren in Herausforderungen fest. Eine davon ist es, für ausreichende Liquidität zu sorgen. Dies gelang im laufenden Jahr auch durch einen Kredit vom US-Energieministerium. Ab dem 20. Januar verliert Plug Power gewissermaßen einen wichtigen Verbündeten und wird noch mehr als ohnehin schon auf eigenen Beinen stehen müssen. Optimisten könnten dies vielleicht als Sprung ins kalte Wasser verstehen und darin etwas Positives erkennen.
Stand heute hat Plug Power aber noch längst keine Schwimmflügel angezogen und droht daher, im schlimmsten Fall wie ein Stein unterzugehen. Die letzten Zahlen waren wieder einmal kein schöner Anblick. Einige kleine Lichtblicke gab es zu bewundern. Unter dem Strich wurden die Erwartungen aber wieder einmal verfehlt – zum 17. Mal in Folge. Der US-Konzern schreibt hohe Verluste und kann keinen Wendepunkt in Aussicht stellen.
Auch bei Nel ASA herrscht miese Stimmung
Nel ASA dürfte dieser Tage sehr froh darüber sein, nicht in den USA beheimatet zu sein. Allerdings zieht auch in Europa vermehrt Gegenwind auf. In den vergangenen Monaten gab es nur wenige Neuaufträge und einige Stornierungen. Nun stehen in der größten Volkswirtschaft in Form von Deutschland Neuwahlen an. Hierzulande sieht man sich auch noch als Vorreitet in Sachen Wasserstoff. Politische Entwicklungen sind für Nel ASA daher von großer Bedeutung.
Den Umfragen zufolge wird wohl die CDU mit Friedrich Merz das Rennen machen, der in Talkshows aber eher selten über das Thema Wasserstoff und umso öfter über Atomkraft spricht. Immerhin könnte er sich wohl eine Koalition mit den Grünen vorstellen. Dem erteilte aber CSU-Chef Markus Söder am Sonntag bei der Talkshow „Caren Miosga“ eine Absage und würzte dies noch mit dem Zusatz, dass es ohne ihn keine Regierung gebe. Abzusehen sind also wahrscheinlich zähe und langwierige Koalitionsverhandlungen und damit vermutlich eine weitere Phase von Stillstand bei Wasserstoff und anderswo.
Die Kurse purzeln weiter
Das Kunststück, unter diesen Voraussetzungen noch Optimismus zu entwickeln, bekommen aktuell die allerwenigsten Anleger auf die Reihe. Nel ASA verlor heute kurz nach Handelsbeginn um zwei Prozent an Wert und fiel wieder unter die Marke von 0,30 Euro. In Kanada fiel die Stimmung auch nicht besser aus. Ballard Power konnte zwar kleinere Gewinne verzeichnen, blieb mit einem Kurs von 1,24 Euro am Vormittag aber sehr nahe an seinen Tiefständen. Seit Jahresbeginn ging es mit den Kursen hier um 63 Prozent in die Tiefe.
Der Stillstand bei Wasserstoff droht mittlerweile nicht mehr nur. Zumindest in einigen Teilaspekten ist er schon Realität geworden. Natürlich führt dies an den Märkten zu Zurückhaltung. Zwar lässt sich vieles wieder in Gang bringen und bereits getätigte Investitionen wird kaum jemand einfach fallenlassen wollen. Doch braucht es ein mutiges Vorangehen, und davon ist leider weder in der Politik, noch bei den Unternehmen derzeit allzu viel zu spüren.
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