Liebe Leserin, Lieber Leser,
Wasserstoff gilt vollkommen zu Recht als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien überhaupt. In Sachen Energieversorgung führt darum kein Weg vorbei. Da sich nicht jeder mit der Wärmepumpe anfreunden kann, wird das Ganze gerade aus Richtung der FDP derzeit auch als mögliche Alternative für Heizungen propagiert. Die Überlegung dabei ist, dass bestehende Gasheizungen „einfach“ auf grünen Wasserstoff umgerüstet werden könnten, um damit Geldbeutel und Nerven der Nutzer zu schonen.
Das klingt in der Theorie recht hübsch und bietet auch für Wasserstoff-Aktien wie jene von Plug Power erst einmal gute Aussichten. Wenn neben Kunden aus der Industrie auch noch Privathaushalte grünen Wasserstoff brauchen, dürfte für einige Jahrzehnte für eine hohe Nachfrage gesorgt sein. Experten bezweifeln jedoch, dass die Wasserstoff-Heizung mit Blick auf die Energiewende eine ernsthafte Alternative ist.
Gut Ding will Weile haben
Bei „tagesschau.de“ war darüber kürzlich ein umfangreicher Artikel zu lesen, in welchem der Energieexperte Benjamin Pfluger vom renommierten Fraunhofer-Institut zur Sprache kam. Seiner Ansicht nach sind Wasserstoff-Heizungen derzeit keine ernsthafte Alternative, da jene nach Ansicht so ziemlich aller wissenschaftlichen Studien zu ineffizient, zu spät verfügbar und aller Voraussicht nach auch zu teuer seien. Es wird auch offen angezweifelt, ob das Ganze politisch tatsächlich mit Blick auf den Klimaschutz ins Feld geführt wird.
Stattdessen liegt der Verdacht nahe, dass manch einer sich mit dem Verweis auf Entwicklungen in ferner Zukunft ein bisschen aus der Verantwortung stehlen möchte, um so schmerzhafte, aber vielleicht notwendige Maßnahmen in der Gegenwart umschiffen zu können. Über die Motivation des Ganzen lässt sich aber freilich nur spekulieren.
Bei Plug Power auf das Wesentliche konzentrieren
Mitzunehmen aus den Ausführungen der Experten ist aber in jedem Fall, dass bei Unternehmen wie Plug Power eher keine großen Wachstumssprünge im Markt mit privaten Verbrauchern zu erwarten sind. Ohnehin dürfte das Unternehmen beschäftigt genug damit sein, Abnehmer aus der Industrie zu beliefern. Dort gilt grüner Wasserstoff als alternativlos, um in Zukunft irgendwie die Klimaneutralität erreichen zu können. Das größte Problem derzeit ist, dass die Unternehmen diesen nicht ansatzweise in benötigter Menge liefern können.
Für Plug Power spielen Diskussionen um Heizungen da gar keine Rolle. Den Anlegern würde es wohl reichen, wenn die Produktion überhaupt mal aus dem Quark käme. Das ist in der Vergangenheit nicht in dem Maße gelungen, wie es sich manch einer erhofft hatte. Wohl auch deshalb ist es der Plug Power-Aktie nicht besonders gut ergangen. Um 56 Prozent ging es für den Titel auf Jahressicht in Richtung Süden.
Auch Nel ASA herrscht Nachholbedarf
Momentan gibt es aber auch niemanden sonst, der einspringen könnte. Nel ASA arbeitet mit Hochdruck daran, die Produktion von grünem Wasserstoff auszubauen. Aktuell kann aber auch hier nur in homöopathischen Mengen geliefert werden, wenn überhaupt. Vielleicht bleiben auch deshalb neue Großaufträge aus. Denn wo nichts ist, kann auch schlecht etwas bestellt werden. Es wäre da auch ohne Wasserstoff-Heizungen erfreulich, wenn es endlich vorangehen würde.
Genau das ist den Aktionären zuletzt viel zu wenig passiert. Der Chart von Nel ist wieder einmal schwer angeschlagen und rutschte in den letzten Tagen knapp unter die Marke von 1,20 Euro. Heute bleiben die Börsen hierzulande noch einmal geschlossen. In Fernost ließen sich derweil schon kleinere positive Bewegungen feststellen. Dass die allein Nel ASA wieder in die Höhe befördern können, darauf sollten Anleger sich aber tunlichst nicht verlassen.
Bessere Aussichten bei der Brennstoffzelle?
Bleibt also festzuhalten, dass umzurüstende Gas-Heizungen in den Augen der Börsianer erstmal keine größere Rolle spielen müssen. Damit fehlt es leider auch weiterhin an positiven Indikatoren für den schwer unter Druck geratenen Markt. Können Brennstoffzellen-Hersteller da vielleicht noch etwas freundlichere Chartbilder liefern? Leider nicht, auch bei FuelCell Energy ging es in den vergangenen Wochen und Monaten bevorzugt in Richtung Süden.
Dort belaufen die Abschläge sich auf Jahressicht schon auf schmerzhafte 56 Prozent. Das ist letztlich aber auch erwartbar, denn was immer Plug Power und Konsorten unter Druck setzt, macht sich mehr oder weniger zwingend auch hier bemerkbar. Entsprechend sieht es bei PowerCell Sweden nicht viel besser aus, wo die Kurse in den letzten zwölf Monaten um 51,8 Prozent in die Tiefe stürzten. Die Stimmung ist schlicht im Keller, und der Tiefpunkt wurde vermutlich noch nicht überschritten.
Plug Power und Co. bleiben hochinteressant
Das alles klingt erstmal sehr ernüchternd und nicht gerade nach einer großen Investmentchance. Doch der Eindruck trügt, denn gerade in Zeiten von neuen Tiefstständen könnten die Renditechancen kaum größer sein. Genügend Abnehmer werden Plug Power, Nel ASA und andere Unternehmen ohne Probleme finden. Es kommt einzig darauf an, die Produktion endlich in Regionen zu befördern, bei denen von einer Massenproduktion die Rede sein kann. Dass Wasserstoff für Heizungen in den nächsten Jahren keine sinnvolle Alternative darstellt, muss die Anleger nicht beunruhigen.
Langfristig dürfte es sich da lohnen, den Sektor im Blick zu behalten und sich vielleicht auch auf das eine oder andere Investment einzulassen. Leider kann den Anlegerinnen und Anlegern an dieser Stelle aber nicht versprochen werden, dass es nicht noch weiter in die Tiefe geht, bevor sich eine Erholung einstellt. Wer bei Wasserstoff investiert, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es sich um langfristige und spekulative Aktien handelt. Wer nächste Woche schon hohe Gewinne erwartet, ist hier definitiv an der falschen Adresse. Für alle anderen gibt es trotz teils heftiger Abwertungen aber noch immer genügend Gründe für Optimismus.
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