Liebe Leserin, Lieber Leser,
Manch einer hätte es letzte Woche um diese Zeit vielleicht nicht für möglich gehalten, doch die ohnehin schon angeschlagene Stimmung im Wasserstoffsegment hat nochmal weitere Tiefschläge erlitten. Mit den Gründen dafür beschäftigten wir uns bereits in den letzten Ausgaben dieses Newsletters. Kurz zusammengefasst werden die Rückkehr von Donald Trump und das plötzliche Ampel-Aus als neue Bedrohungen, mindestens aber als zusätzliche Verunsicherung betrachtet.
Gerade in dieser vielleicht dunkelsten Stunde seit Langem für Wasserstoff-Aktien tut es gut, hier und dort auch positive Neuigkeiten zu vernehmen. Solche gibt es tatsächlich. In Rostock etwa berichtete Rebus-Chef Thomas Nienkerk über die ersten Erfahrungen mit neuen Wasserstoffbussen vor dem Kreistag und strahlte dabei ehrliche Begeisterung aus. Während die Bahn mit Wasserstoff manches Mal nicht vorankommen will, scheint bei den Wasserstoff-Bussen alles wie geschmiert zu laufen.
Höher, schneller, weiter
Laut Nienkerk fällt die Zufriedenheit sowohl bei den Fahrgästen als auch dem Personal überdurchschnittlich hoch aus. Die Erwartungen wurden zum Teil sogar übertroffen. So habe der Hersteller eine Reichweite von 350 Kilometern in Aussicht gestellt, in der Praxis bewege man sich aber eher in Richtung 500 Kilometer. Käufer eines Elektroautos machen in der Regel eher eine umgekehrte Erfahrung. Die Flotte soll weiter ausgebaut werden, bis zum Wochenende sollen 35 Wasserstoffbusse in und um Rostock im Einsatz sein. Bis Jahresende wird mit 52 Fahrzeugen gerechnet
Es ist letztlich nur ein kleines Projekt, doch sind solche Erfolge dennoch wichtig, um Wasserstoff attraktiver werden zu lassen. Genau das wird in den kommenden Jahren von noch größerer Bedeutung sein, da staatliche Förderungen absehbar geringer ausfallen dürften. Bei Donald Trump ist auch vorstellbar, dass er den Bereich komplett sich selbst überlassen wird.
Auftragseingang bei ITM Power
Ganz oben auf der Wunschliste von Anlegern stehen aber freilich nicht zufriedene Busunternehmer, sondern Auftragseingänge bei den börsennotierten Wasserstoff-Playern. In dieser Hinsicht konnte nun ITM Power punkten. Der britische Konzern meldete heute Morgen, den ersten Vertrag für die Lieferung eines Neptune V Elektrolyseurs unterzeichnet zu haben. Die Anlage geht an die Guttroff GmbH nach Deutschland, wobei es sich um einen Anbieter von Lösungen für medizinische Gase und Schweißbedarf handelt. Finanzielle Details zu dem Deal wurden nicht genannt. ITM Power erwähnte aber, dass der Kunde zu Jahresbeginn mit 5 Millionen Euro vom bayerischen Elektrolyseur-Förderprogramm ausgestanden worden sei.
Auch mit viel Wohlwollen ist nicht abzusehen, dass ITM Power dadurch explosionsartig in die schwarzen Zahlen springen wird. Es ist aber ein Anfang und gerade in diesen Tagen ein angenehmer Kontrast zu der schwer angeschlagenen Grundstimmung im Segment. Die Anleger würdigten die frohe Botschaft mit Kursaufschlägen von rund fünf Prozent am Freitagmorgen und der Aktienkurs konnte sich immerhin wieder auf 0,50 Euro bewegen.
ITM Power Aktie Chart
Plug Power: Am seidenen Faden!
Ich persönlich bin ein großer Freund der Zuversicht und konzentriere mich auch an schwierigen Tagen auf die guten Aussichten am Horizont. Gleichwohl liegt mir nichts ferner, als Anlegern falsche Hoffnungen zu vermitteln, und genau das könnte momentan beim Blick auf die Plug Power-Aktie geschehen. Nach heftigen Abschlägen in der laufenden Woche konnte das Papier sich gestern um immerhin 3,55 Prozent bis auf 2,04 US-Dollar verbessern und damit die psychologisch sehr wichtige Linie bei zwei Dollar zunächst verteidigen.
Einen handfesten Grund dafür gibt es allerdings nicht und nachbörslich ging es schon wieder bis auf 2,01 Dollar in die Tiefe. Die Aktie steht auf sehr dünnem Eis und nur ein einziger Kommentar von Donald Trump könnte für den nächsten Tiefflug sorgen. Das Risiko ist seit seiner erfolgreichen Wahl nur umso höher geworden. Mehr denn je wird sich Plug Power in den kommenden Jahren darum bemühen müssen, auf eigenen Beinen zu stehen. Ob es diesbezüglich echte Lichtblicke gibt, werden vielleicht die Zahlen in der kommenden Woche zeigen. Nach gegenwärtigem Stand ist bei der Aktie aber weiterhin ein klarer Abwärtstrend zu verzeichnen.
Nel ASA im freien Fall
Nochmal ein gutes Stück offensichtlicher ist dies bei der Aktie von Nel ASA, die fröhlich auf neue Tiefstände stürzt. Am Donnerstag wurde das vorherige 52-Wochen-Tief bei 0,33 Euro bereits unterschritten. Heute Morgen ging es um weitere 4,1 Prozent abwärts und der Kurs pendelte sich bei 0,319 Euro an. Es muss also schon aufgerundet werden, um noch 0,32 Euro zu erkennen. Viel hilft das aber auch nicht weiter; die Abwärtstendenz könnte deutlicher nicht sein.
Es sind aktuell nur kleine Lichtblicke, die sich im Wasserstoffsegment erkennen lassen und vermutlich wird es dabei auch eine Weile lang bleiben. Mehr oder weniger aufgelöst haben sich Hoffnungen darauf, dass die Politik mutig nach vorne schreiten könnte. Nach den dramatischen Wendungen der letzten Tage ist in vielen wichtigen Ländern eher das Gegenteil zu befürchten. Umso mehr sollten die Wasserstoffunternehmen sich nun motiviert fühlen, selbst für neue Impulse zu sorgen. Das ist freilich einfacher gesagt als getan, aber auch lange kein Ding der Unmöglichkeit. Anlegern ist es aber freilich auch nicht zu verdenken, weiterhin die Seitenlinie zu hüten und dort auf gute Neuigkeiten zu warten.
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