Liebe Leserin, Lieber Leser,
der Traum von der großen Wasserstoff-Revolution ist schwer ins Stocken geraten und das liegt längst nicht nur an Donald Trumps anstehender Rückkehr ins Weiße Haus. Auch in Europa wurden wichtige Fortschritte lange Zeit auf die lange Bank geschoben, Projekte auf Eis gelegt oder gleich vollständig gestrichten und vor allem bei Fragen um die Finanzierung duckt die Politik sich bis heute gerne weg.
Auch in diesen Tagen gibt es wieder reichlich Meldungen über das Ende von Vorhaben. So etwa in Nordrhein-Westfalen, wo sich die Kreise Rhein-Berg, Rhein-Sieg, Oberberg und die Stadt Leverkusen einst für eine „Wasserstoff-Werkstatt“ stark gemacht haben. Sogar ein Büro dafür wurde in Bergisch Gladbach eingerichtet, welches „mindestens einmal wöchentlich“ besetzt war. Allerdings soll das Ganze laut dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht fortgeführt werden. Die zum Jahresende ablaufende Kooperationsvereinbarung wurde nicht verlängert und in Zukunft soll es lediglich noch eine Arbeitsgemeinschaft geben.
Hamburg will vorangehen
Als Zeugnis könnte diesem Vorhaben vielleicht einmal die Bemühung im Rahmen der Möglichkeiten der Beteiligten ausgestellt werden. Nach Anpacken und Vorausschauen klingt es jedenfalls nicht unbedingt. Die Hansestadt Hamburg lässt da schon größere Töne verlauten. Dort hat die Behörde für Wirtschaft und Innovation unter Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) eine Studie zur den Chancen von Wasserstoff in Hamburg beim Fraunhofer Institut in Auftrag gegeben.
Das Ergebnis liegt bereits vor und Hamburg wird bescheinigt, zu einem wichtigen Knotenpunkt für Wasserstoff aufsteigen zu können. Zehn bis 18 Prozent über den eigenen Bedarf hinaus können im Jahr 2025 deutschlandweit bereitgestellt werden. Die Studie berücksichtigt sowohl im Inland hergestellten Wasserstoff als auch Importe und nimmt als Grundlage bestehende und geplante Projekte aus dem Bereich. Das klingt aktuell durchaus aufmunternd und an Abnehmern wird es wahrscheinlich nicht mangeln.
Beiersdorf: Tesa will Wasserstoff
Ebenfalls in Hamburg betreibt die Beiersdorf-Tochter Tesa eine Fabrik, und genau dort sollen Klebeband und Co. in Zukunft möglichst klimaneutral hergestellt werden. Im „Hamburger Abendblatt“ ist zu lesen, dass schon im Jahr 2027 Wasserstoff fossile Brennstoffe vor Ort vollständig ersetzen soll. Eine entsprechende Gasdruck- und Messanlage wird derzeit schon von der Hamburger Energienetzte GmbH entworfen. Sollte das Vorhaben umgesetzt werden können, will Tesa pro Jahr 6000 Tonnen CO2 einsparen. Das wäre eine Errungenschaft, welche sich die Konzernmutter Beiersdorf mit Sicherheit stolz auf die Fahne schreiben würde. Für den Moment hat es aber keine Auswirkungen auf den dortigen Aktienkurs.
Beiersdorf Aktie Chart
Denn gerade beim Thema Wasserstoff bleibt die große Frage im Raum stehen, ob all die bunten Pläne denn auch tatsächlich Realität werden. Tesa ist mit seinem Zeitplan noch recht mutig. Vorhaben bis ins Jahr 2045 oder darüber hinaus sind aber nicht ohne Grund häufig sehr vage. Bis dahin kann noch viel passieren und allein die vielen gestoppten Projekte im laufenden Jahr sind eine Erinnerung daran, dass Anleger sich auf Pläne und Absichtsbekundungen schlicht nicht verlassen können.
Nel ASA: Am Boden zerstört
Lange vorbei ist es mit der Zuversicht bei den Wasserstoff-Aktien und Beispiele dafür gibt es haufenweise. Der Börsenliebling Nel ASA ist eines davon. Niederschmetternde Zahlen, ausbleibende Zahlen und politische Querelen haben der Aktie schwer zugesetzt. Schon vor einem Jahr hinterließ jene nicht die beste Figur. Seither haben die Kurse sich aber noch einmal halbiert und zuletzt hat man es sich rund um die Marke von 0,30 Euro bequem gemacht. Immerhin scheint es dort momentan dezente Anzeichen einer Bodenbildung zu geben; am Freitagmorgen ging es um 1,8 Prozent aufwärts.
Das lässt sich aber als normale Schwankungen weit in den Tiefen des Kurskellers verbuchen. Um an den Märkten zumindest für ein bisschen neue Zuversicht zu sorgen, müsste die Aktie erst einmal all die Supportlinien zurückerobern, welche in den vergangenen Monaten durchkreuzt wurden. Zu finden sind solche bei 0,33 und 0,37 Euro. Richtig interessant wird es aber erst oberhalb von 0,50 Euro.
Plug Power enttäuscht erneut
Für einen Aufstieg in derartige Kursregionen fehlt es aktuell jedoch an entsprechenden Argumenten, was sich auch bei Plug Power festhalten lässt. Der US-Konzern enttäuschte mit seinen Zahlen ebenfalls. Noch dazu macht die Wahl von Donald Trump als nächsten US-Präsidenten sich hier noch einmal deutlich bemerkbar. Mindestens darauf einstellen muss der Konzern sich darauf, dass in den kommenden vier Jahren noch mehr Gegenwind aufziehen wird.
Es bleibt also trotz manch neuer Vorhaben, Studien und mutiger Prognosen beim bekannten Bild bei Wasserstoff-Aktien. Tatsächliche Auftragseingänge bleiben eine Rarität. Dadurch bedingt dominieren bei den Bilanzen rote Vorzeichen weiterhin das Bild und die Börsianer können dies schon längst nicht mehr ignorieren. Dass die Politik sich derweil in Machtkämpfen verhakt und für noch mehr Fragezeichen sorgt, macht die Angelegenheit nicht eben besser. Es sieht also ganz danach aus, als wäre eine defensive Haltung auch für die kommenden Wochen nicht der schlechteste Ansatz, so gerne ich auch mal etwas anderes behaupten würde.
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