Liebe Leserin, Lieber Leser,
nicht kleckern, sondern klotzen sollte die Devise bei Projekten rund um grünen Wasserstoff lauten. Kritiker haben absolut recht damit, wenn sie über ein fehlendes Angebot, zu wenig Infrastruktur und hohe Preise klagen. Doch braucht es eben große und finanziell üppig ausgestattete Vorhaben, um eben jene Probleme bewältigen zu können. In Deutschland und Europa scheint dazu der Wille und/oder das Geld zu fehlen. Es ist zwar nicht so, als würde überhaupt nichts passieren. Doch es geht eher im Schneckentempo voran.
Diese Gelegenheit scheinen sich andere nicht entgehen lassen zu wollen. Denn während hierzulande noch über Sinn und Unsinn von Wasserstoff gestritten wird, scheint Saudi-Arabien Nägel mit Köpfen machen zu wollen. So berichtete das „Handelsblatt“ kürzlich, dass Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman Al Saud am Dienstag bei der Wirtschaftskonferenz FII über den Export von grünem Wasserstoff sprach. Mindestens zehn Prozent des weltweiten Bedarfs möchte man in Zukunft decken.
Bastelt Saudi-Arabien an einem Megakonzern?
Die Zeitung berichtet außerdem, dass in Saudi-Arabien schon an der Gründung eines „Megaunternehmens“ gebastelt wird, welches sich um die Produktion von grünem Wasserstoff kümmern soll. Dafür verantwortlich sein soll der deutsche Energiemanager Cord Landsmann, der in der Vergangenheit unter anderem für Uniper tätig war. Außerdem wird über eine Beteiligung von großen Unternehmen wie ThyssenKrupp Nucera und Siemens Energy gesprochen. Siemens Energy bestritt eine Beteiligung auf Anfrage der Zeitung jedoch, ließ jedoch wissen, dass Saudi-Arabien ein wichtiger Partner sei.
Genauere Informationen fehlen also noch; der Startschuss könnte aber schon kurz bevorstehen. Beobachter blicken sehr interessiert auf das (angebliche) Vorhaben. Denn das Potenzial für eine Wasserstoffproduktion im großen Stil hätte Saudi-Arabien allemal. Erneuerbare Energien lassen sich in dem Wüstenstaat nahezu unbegrenzt erzeugen. Exporte wären per Schiff zwar nicht unbedingt einfach möglich, aber auch längst kein Ding der Unmöglichkeit.
Wird das Henne-Ei-Problem geknackt?
Schon heute ist Saudi-Arabien nach eigener Darstellung der weltweit größte Produzent und Exporteur, konzentriert sich dabei aber auf blauen Wasserstoff, der mithilfe von fossilen Brennstoffen hergestellt wird. Das entstehende CO2 soll bei der Produktion gespeichert werden. Würde das Land nun im großen Stil auf grünen Wasserstoff setzen, könnte dies an den Märkten für den lange herbeigesehnten Durchbruch sorgen.
Man verliert sich schnell in bunten Zukunftsfantasien, doch hätte gerade Saudi-Arabien das Potenzial dazu, die Angebotsseite bei grünem Wasserstoff sehr viel attraktiver zu gestalten. Dank fast schon lächerlich günstiger Preise für Solarstrom im Land könnte auch der Wasserstoff potenziell sehr viel günstiger als anderswo hergestellt werden. Günstigere Abgabepreise können dann in letzter Instanz auch die bislang noch schwache Nachfrage ankurbeln. So zumindest die Theorie, sollten die aktuellen Gerüchte sich bewahrheiten.
Bei Nel ASA halten die Anleger sich zurück
In hiesigen Gefilden sorgt das Ganze nicht unbedingt für Jubelstürme. Der mutmaßliche Vorstoß in Saudi-Arabien kann sich auch ein Stück weit wie eine Niederlage anfühlen. Pessimisten dürfte das Gefühl verfolgen, dass Europa sich einmal mehr abhängen lässt, obschon in den vergangenen Jahren derart viele Bemühungen in das Thema geflossen sind. Die ohnehin skeptischen Blicke auf Unternehmen wie Nel ASA werden da nicht unbedingt freundlicher.
Wie so oft lassen sich aktuelle Entwicklungen aber auf unterschiedliche Weise betrachten. Selbst wenn Saudi-Arabien Europa bei der Produktion von grünem Wasserstoff den Rang ablaufen würde, so müssten hiesige Unternehmen nicht zwingend darunter leiden. Denn ein hypothetischer Megakonzern im mittleren Osten bräuchte schließlich auch Elektrolyseure und weiteres Equipment. Wer weiß, vielleicht wären bei einem solche Projekt sogar endlich neue Großaufträge für Nel ASA drin.
Nel ASA Aktie Chart
Die Aktionäre wollen sich darauf allerdings nicht verlassen. Die Nel ASA-Aktie notierte heute Morgen weiterhin auf einem fast schon deprimierenden Niveau. Bis zum Vormittag ging es um kaum nennenswerte 0,4 Prozent bis auf 0,39 Euro in Richtung Norden. Auch wenn die Neuigkeiten aus Saudi-Arabien nichts Schlechtes sein müssen, so warten die meisten Anteilseigner doch auf ganz andere Nachrichten und vor allem ein stärkeres Engagement europäischer Politikerinnen und Politiker.
Das gewohnte Bild bei Plug Power und SFC Energy
Bei Plug Power zeigte sich ein ähnliches Bild mit Zugewinnen von 0,3 Prozent im frühen Handel. Tags zuvor konnte das Papier an der Heimatbörse um 4,2 Prozent bis auf 2,24 US-Dollar zulegen. Bei dem Titel zeigt sich also grundsätzlich etwas mehr Bewegung, welche sich aber in gewohnten Kursgefilden abspielt. Ausbrüche lassen sich da leider nicht in irgendeiner Art und Weise feststellen.
SFC Energy hat es sich derweil knapp unterhalb von 20 Euro bequem gemacht und brachte es heute am Vormittag auf einen Kurs von 19,68 Euro. Die Ausgangslage bei dem Papier bleibt einigermaßen frustrierend. Zu Schulden kommen zu lassen hat das Management sich kaum etwas. Die anhaltend negative Stimmung hält das Papier aber auf niedrigem Niveau gefangen und, zumindest meiner bescheidenen Ansicht nach, auch unterhalb eines fairen Wertes.
Das könnte ein Chance sein
Über die Pläne von und in Saudi-Arabien kann gegenwärtig nur gemunkelt werden. Doch unabhängig davon, wer bei einem solchen Vorhaben als Sieger oder Verlierer dastehen könnte: für Wasserstoff an sich wäre ein solcher Fortschritt in jedem Fall ein großer Gewinn. Seit Jahren schon fehlt ein großer Player, der mutig vorangeht und dabei auch vorübergehende Verluste nicht scheut. Anleger behalten das Ganze aufmerksam im Blick, müssen allein aufgrund von Spekulationen aber noch nicht ihre gesamte Anlagestrategie über den Haufen werfen.
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