Liebe Leserin, Lieber Leser,
Blickt man derzeit auf die Kurse von Wasserstoff-Aktien, so könnte man fast zu dem Schluss kommen, dass es sich mit dem Thema erledigt hat. Auch die neue Woche startet mit roten Vorzeichen bei den üblichen Verdächtigen, und das nicht zu knapp. Einmal mehr bekommen die verbliebenen Anteilseigner neue Tiefpunkte zu sehen. Das trifft sowohl auf die üblichen Verdächtigen als auch manchen Titel aus der zweiten Reihe zu.
Weiterhin keinen Ausbruch nach Norden bekommt die Nel ASA-Aktie hin. Stattdessen scheint die Abwertung hier sich sogar noch weiter zu beschleunigen. Zusätzlich zur ohnehin gedrückten Stimmung im Wasserstoff-Sektor bekommt das Papier nun auch einer nachlassende Stimmung am Gesamtmarkt zu spüren. Die negative Entwicklung setzte sich am Dienstagmorgen fort und Nel musste Kursverluste von 4,4 Prozent schon kurz nach Handelsbeginn hinnehmen.
Plug Power Aktie Chart
Keine Hoffnung mehr für Nel ASA?
Zum Zeitpunkt des Entstehens dieses Artikels standen bei Nel magere 0,50 Euro auf dem Ticker, was einem neuen 4-Jahres-Tief entspricht. Nun könnte man vielleicht noch meinen, dass aus psychologischer Sicht auf diesem Niveau noch etwas Support vorhanden sein könnte. Doch wie oft wurden ähnliche Erwartungen in der Vergangenheit schon enttäuscht? Aus dem Gedächtnis fallen mir diesbezüglich verlorene Kämpfe um die Linien bei 0,70 Euro und natürlich der prestigeträchtigen 1-Euro-Marke ein. Vorher erwies sich die Linie bei 1,20 Euro eine ganze weile als relativ stabil. Genutzt hat es den Anlegern auf lange Sicht aber leider wenig.
Die Probleme bei Nel ASA sind bestens bekannt. Es mangelt an so ziemlich allem, was sich in die Kategorie Fundamentalindikator stecken lässt. Es fehlt an Aufträgen und die Norweger blicken immer wieder auf Verluste, während hohe Zinsen die Kapitalkosten in die Höhe treiben. Das ist eine explosive Mischung, welche die Börsianer sehr erfolgreich in die Flucht und in die Arme anderer Wachstumssektoren treibt. Eine Wende ist aktuell leider noch immer nicht in Sicht.
Plug Power im Rausch der Tiefe
Neben Nel ASA gehört Plug Power zu den meistbeachteten Titeln im Wasserstoff-Segment und im vergangenen Jahr gab es um den US-Konzern durchaus noch stellenweise Euphorie zu verspüren. Doch die freudigen Aussichten auf saftige Förderungen rund um den Inflation Reduction Act (IRA) sind weitgehend verflogen und der durchschlagende Erfolg von Donald Trump bei den Vorwahlen in Iowa dürfte die Sorgen mancher Marktakteure noch verstärkt haben. Schließlich gilt Trump als Verfechter von fossilen Brennstoffen, der sich am IRA schon des Öfteren abgearbeitet hat und diesen bei einer möglichen Wahl zum US-Präsidenten im November möglicherweise rückabwickeln könnte.
Noch dazu enttäuschte Plug Power mit Zahlen immer wieder und konnte teils vollmundige Versprechen nicht halten. Das Ende vom Lied ist ein akutes Liquiditätsproblem und ein Aktienkurs, der sich in immer neue Tiefen bewegt. Zuletzt wurde bei 3,03 Euro ein frisches Mehr-Jahres-Tief markiert. Mit 3,10 Euro konnten die Bullen dazu nur einen sehr bescheidenen Abstand auf die Beine stellen und die Lage bleibt mehr als angespannt.
PowerCell Sweden gesellt sich zu den Verlierern
Nun handelt es sich bei Nel ASA und Plug Power zugegebenermaßen nur um zwei von vielen Wasserstoff-Aktien, die an den Märkten und in diesem Newsletter überproportional viel Aufmerksamkeit erhalten. Doch wer weitere Tiefschläge im Sektor finden möchte, muss dafür nicht lange suchen. ITM Power und Ballard Power halten sich aktuell noch knapp über ihren Jahrestiefs. PowerCell Sweden hingegen rutschte kürzlich auf einen neuen Tiefstand bei müden 3,42 Euro. Mit 3,55 Euro gibt das Papier am Dienstagmorgen ebenfalls keinen allzu gute Figur ab.
Wie man es auch dreht und wendet, die schlechte Stimmung zieht sich durch den gesamten Sektor und lässt Anzeichen der Besserung am Horizont derzeit so gar nicht durchblitzen. Leider lässt sich nicht ausschließen, dass wir auch in den kommenden Tagen weitere Rückschläge zu sehen bekommen werden. Festhalten können die Anleger sich da nur an den langfristigen Aussichten auf gute Geschäfte. Die sind aber immerhin längst nicht an den Haaren herbeigezogen.
Gehört Wasserstoff-Aktien die Zukunft?
Denn auch Beispiele für die künftige Bedeutung von Wasserstoff und Bemühungen um den Ausbau von Technik und Infrastruktur sind schnell zu finden und es gibt beinahe täglich Neuigkeiten aus diesem Bereich. Bosch stellte etwa bei der CES in Las Vegas noch für dieses Jahr seinen ersten Wasserstoffmotor vor. Jener soll, anders als bisherige Lösungen, den Kraftstoff direkt verbrennen und nicht dafür nutzen, um einen Akku in einem elektrischen Fahrzeug zu laden. Das Unternehmen erhofft sich davon diverse Vorteile, unter anderem mit Blick auf die Effizienz.
Airbus bastelt derweil an emissionsfreien Flugzeugen, die sehr wahrscheinlich auf Wasserstoff als Antrieb setzen werden. Dabei handelt es sich zugegebenermaßen noch um Zukunftsmusik. Der Betrieb wird erst für 2035 angepeilt. Auch beim Ausbau von Elektrolyseuren und Pipelines gibt es noch viel Nachholbedarf und in diesem Jahrzehnt werden die meisten Nationen noch lange nicht dort sein, wo sie in Sachen Wasserstoff gerne hinmöchten.
Doch daraus ergibt sich letztlich auch ein umso höheres Wachstumspotenzial, was sich eines Tages auch bei Wasserstoff-Aktien wieder zeigen könnte. Selbst ein neuer Hype ist nicht auszuschließen. Voraussetzung dafür ist aber wohl ein Beweis dafür, dass sich Elektrolyseure, Brennstoffzellen und Co. tatsächlich wirtschaftlich herstellen und verkaufen lassen. Sobald das eine oder andere Unternehmen diesbezüglich den Turnaround schafft, sehe zumindest ich persönlich aber großes Potenzial für einen neuen Boom. Mit dieser Portion Optimismus verabschiede ich mich für heute. Es ist aktuell weiterhin zur Vorsicht im Wasserstoff-Segment zu raten, doch die Zuversicht aufgeben müssen Anleger noch lange nicht.
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