Liebe Leserin, Lieber Leser,
es war eine äußerst schwere Geburt, doch nun endlich stehen die Pläne für das Wasserstoff-Kernnetz. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck meldete auf einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem Präsidenten der Bundesenetzagentur, Klaus Müller, dass letztere die Genehmigung für das Projekt abschließend erteilt hat. Die Umsetzung kann damit beginnen und der Abschluss der Arbeiten wird für das Jahr 2032 angepeilt. Obschon die Länge um 600 Kilometer auf nun noch 9.040 Kilometer gekürzt wurde, sollen dann sämtliche Bundesländer an das Netz angeschlossen sein.
Zusätzlich dazu sind Anschlusspunkte für den Import an Küsten und Grenzübergängen vorgesehen. Um die Ausgestaltung des Netzes wurde lange und leidenschaftlich gestritten. Benachteiligt fühlt man sich bis heute in Bayern, wo die Pläne der Bundesregierung nach Ansicht der CSU der Bedeutung der lokalen Wirtschaft nicht gerecht werden würden. Das Wirtschaftsministerium kann dem allerdings nicht folgen und verweist auf zwei Grenzübergangspunkte nach Tschechien und Österreich.
Der erste Schritt
Ohnehin ist mit dem Kernnetz überhaupt nicht geplant, Wasserstoff bis zu jedem einzelnen Betrieb zu befördern. Robert Habeck zog einen Vergleich zu den Autobahnen. Jene würden stets nur an die wichtigsten Knotenpunkte führen. In Sachen Wasserstoff gilt es nun in Zukunft, von dort aus kleinere Leitungen zu verlegen, um das Netz letztlich zu komplettieren. Ein wenig lässt sich das Ganze also vielleicht als erster Schritt auf dem Wege zu einer Vollversorgung mit Wasserstoff betrachten.
Nach Aussagen von Habeck wurde das Ganze bewusst überdimensioniert, dank der wegfallenden Leitungen sollen die Netzentgelte aber niedriger als anfangs gedacht ausfallen. Welchen Bedarf Deutschland im kommenden Jahrzehnt an Wasserstoff hat, werde man aber erst mit der Zeit genau bemessen können. Mit den aktuellen Plänen sollen Industrie und Netzbetreiber auf alle Eventualitäten vorbereitet werden.
Fließt schon bald Wasserstoff durch das Kernnetz?
Rund 60 Prozent der bestehenden Leitungen können laut Bundesnetzagentur auf Wasserstoff umgerüstet werden. Dadurch soll der Betrieb zumindest in Teilen schon vor 2032 ermöglicht werden. Genaue Termine wurden dafür noch nicht genannt. In der Theorie könnte es aber schon sehr bald losgehen, so denn genügen Wasserstoff und auch die entsprechende Nachfrage vorhanden ist. Genau daran hapert es aber vielerorts noch gewaltig, und das nicht nur mit Blick auf Gerüchte darüber, dass ThyssenKrupp bei der Produktion von grünem Stahl einen Rückzieher machen könnte.
Auf Politik und Wirtschaft kommen rund um Wasserstoff noch etliche Herausforderungen zu. Es gibt also keinerlei Grund, sich auf dem nun erreichten Erfolg auszuruhen. Das wissen auch die Börsianer, welche auf die heutige Meldung nicht weiter reagierten. Bei Wasserstoff-Aktien stehen weiterhin vollkommen andere Faktoren im Vordergrund.
Plug Power setzt den Höhenflug fort
Gesorgt wird sich in erster Linie darum, ob die Unternehmen in absehbarer Zeit neue Aufträge und damit Umsätze an Land ziehen könnten. Bereits am Freitag sorgte Plug Power für entsprechende Fantasien. Der Aktienkurs kletterte um fast zehn Prozent, nachdem über einen Vertragsabschluss mit Allied Green gemunkelt wurde. Jener soll ab 2026 dank eines Volumens im Gigawatt-Bereich für Milliarden-Einnahmen sorgen. Bislang fehlt aber noch die Bestätigung dafür, dass die dazugehörigen Verträge tatsächlich unterschrieben wurden.
Plug Power Aktie Chart
Vielleicht weiß der eine oder andere schon etwas mehr, das lässt sich nicht mit letzter Gewissheit feststellen. Doch aus irgendeinem Grund sind die Börsianer sich sehr sicher, dass Plug Power ein echter Coup gelungen sein könnte. Der sehr ansehnliche Erholungstrend setzte sich am Montag fort und es ging um weitere 5,8 Prozent bis auf 2,37 US-Dollar aufwärts. Solche Kurse gab es seit Anfang August nicht mehr zu sehen. An dieser Stelle kann ich nur hoffen, dass die Vorfreude ihre Berechtigung hat. Meine Hand würde ich dafür aber kaum ins Feuer legen, sorgte doch gerade Plug Power in der Vergangenheit schon für manche Enttäuschung nach vermeintlich hervorragenden Meldungen.
SFC Energy unter Druck
Anderswo hängt die Stimmung weiterhin auf Halbmast, etwa bei der SFC Energy-Aktie. Jene droht aktuell, den Kampf um die Unterstützung bei 20 Euro zu verlieren. Als diese Zeilen gerade entstanden, sprang der Titel noch eben so von 19,90 Euro auf 20 Euro zurück. Die latent negative Tendenz der letzten Tage lässt aber an der Stabilität des Supports zweifeln. Bei der Aktie des deutschen Unternehmens wird besonders offenkundig, dass die Anleger den Plänen um das Wasserstoff-Kernnetz keine allzu hohe Bedeutung beimessen.
Das mag beim Brennstoffzellen-Spezialisten SFC Energy nachvollziehbar sein, der noch dazu den Großteil seiner Einnahmen mit Methanol-Brennstoffzellen erzielt. Doch würde jeder Fortschritt in der Branche auch hier fraglos weiterhelfen. Gleichwohl wurden die Börsianer von der Politik wahrscheinlich oft genug enttäuscht, um auf deren Aussagen nicht direkt Anlagestrategien aufzubauen.
Geschlagen und am Boden
Bei den meisten anderen Wasserstoff-Aktien bleibt es beim gewohnten Bild. ITM Power stürzte heute Morgen um rund fünf Prozent zurück auf das 52-Wochen-Tief bei 0,50 Euro zurück. Ballard Power hielt sich nur knapp über den eigenen Tiefständen. Kleine Fortschritte und hübsche Aussichten sind schön und gut. Doch es wäre sehr erfreulich, wenn daraus auch irgendwann ein gesteigertes Interesse der Industrie und damit endlich Aufträge und Umsätze für die Branche entstehen würden.
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