Liebe Leserin, Lieber Leser,
dass es mit Wasserstoff nicht so recht vorangehen will, das legen nicht wenige Beobachter auch der Politik zur Last. Nicht nur in Deutschland hält jene sich mir Förderungen eher zurück und lässt viele Unternehmen damit letzten Endes im Regen stehen. Ab und zu fließt aber doch etwas Steuergeld, um den Durchbruch des alternativen und potenziell klimaneutralen Kraftstoffs anzutreiben.
Davon profitier aktuell Daimler Truck. Die das baden-württembergische Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft heute mitteilte, erhielt der Konzern den ersten Förderbescheid für sein PEGASUS-Projekt. Bis zu 50 Millionen Euro steuert das Bundesland für die Entwicklung von Wasserstoff-Lkw bei. Weitere 27 Millionen Euro kommen aus Rheinland-Pfalz und der Bund beteiligt sich mit 158 Millionen Euro an dem Vorhaben. Damit wird nicht zuletzt sichergestellt, dass Daimler Truck sein Vorhaben aufgrund schlichter wirtschaftlicher Überlegungen aufgibt.
Daimler Truck: Es geht voran
Völlig neu ist PEGASUS indes nicht. Bereist im vergangenen Jahr konnte Daimler Truck erfolgreich eine Testfahrt über mehr als 1.000 Kilometer zurücklegen. Dem Unternehmen zufolge entspricht dies der Reichweite von gängigen Dieselfahrzeugen. Der grundsätzliche Beweis, dass Wasserstoff-Fahrzeuge dazu eine gangbare Alternative darstellen, scheint also erbracht zu sein. Nun sollen zunächst 100 Wasserstoff-Lkw unter realen Bedingungen auf die Straße geschickt werden. Ob und wann daraus eine Serienproduktion werden könnte, ist momentan noch offen.
Die kleine Geldspritze wird Daimler Truck freilich nicht schaden. Verbunden ist sie aber auch mit entsprechenden Ausgaben, sodass das Thema bei den Anlegern nur wenig Beachtung findet. Der Konzern schlägt sich zwar grundsätzlich besser als die meisten der kriselnden Autokonzerne im Land. Der Aktienkurs konnte sich aber von seiner Talfahrt im ersten Halbjahr bisher nur geringfügig erholen. Heute Morgen ging es in einem schwachen Handelsumfeld um 2,4 Prozent auf 38,15 Euro bergab, wobei das Thema Wasserstoff wahrscheinlich überhaupt keine Rolle spielte.
Daimler Truck Aktie Chart
Schrittchen für Schrittchen
Überhaupt werden Anleger derzeit kaum den Eindruck los, dass Wasserstoff viel zu oft in den Hintergrund gedrängt wird. Abseits von diversen politischen Gipfeln und den bekannten Zukunftsvisionen gibt es gerade dieser Tage viel zu viele Beispiele, wie Wasserstoff auf die lange Bank geschoben wird. Das beginnt bei verschobenen Pipelines aus Dänemark und zieht sich bis zu Drohungen um einen Investitionsstopp. Ein kleiner Lichtblick waren zuletzt noch Meldungen über die mögliche Gründung eines gigantischen Wasserstoffunternehmens in Saudi-Arabien. Kritiker mahnen aber, dass Europa dadurch nur noch mehr in die Abhängigkeit rutschen könnte.
In hiesigen Gefilden müssen wir uns derweil mit kleinen Fortschritten begnügen. So etwa in Mecklenburg-Vorpommern, wo nun weitere Wasserstoffbusse auf die Straßen gelassen werden sollen. Nachdem solche sich in Rostock bereits etablieren konnten, will die Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Rügen nun zunächst drei Fahrzeuge unter realen Bedingungen testen. Sie sollen auf einer Langstrecke zwischen Tribsees und Sanitz sowie kürzeren Routen um Grimmen und Stralsund unterwegs sein. Betankt werden sie allerdings in Rostock, was von Sanitz noch etwa 20 Kilometer entfernt ist.
Miese Stimmung bei Nel ASA und Co.
Ein viel eindrucksvolleres Beispiel dafür, dass die Infrastruktur noch nicht einmal richtig in die Kinderschuhe geschlüpft ist, könnte es wohl kaum geben. Für Wasserstoff-Aktien bietet das Ganze leider keine neuen Impulse. Stattdessen wird jenen heute aufgrund der allgemein nüchternen Stimmung zugesetzt. Nicht wenige Anleger scheinen heute Gewinne mitzunehmen und die Börsen sind vornehmlich in Rot getaucht.
Der Nel ASA-Aktie brockte dieses Sentiment im frühen Handel Verluste von knapp sechs Prozent ein und der Kurs ging wieder auf müde 0,36 Euro zurück. Der kleine Vorstoß in Richtung 0,40 Euro scheint damit schon wieder gestoppt worden zu sein. Das ist nicht zuletzt deshalb niederschmetternd, weil Nel schon in den vergangenen Tagen nicht wirklich in die Nähe charttechnisch relevanter Marken vordringen konnte.
Auch Plug Power muss Federn lassen
Nur geringfügig besser schlägt sich die Aktie von Plug Power, bei der die Bullen sich mit Durchbrüchen aber ebenfalls schwertun. Einigermaßen erfolgreich konnte in den letzten Tagen die Marke bei 2 US-Dollar verteidigt werden. Die Käufer sind diesbezüglich aber schon wieder gefragt. Am Dienstag purzelte der Wert des Papiers um 4,9 Prozent auf 2,13 Dollar zurück. Nennenswerte Neuigkeiten waren nicht zu vernehmen und der mutmaßliche Vorstoß in Saudi-Arabien scheint eher mit Skepsis zur Kenntnis genommen zu werden.
ThyssenKrupp Nucera wird derweil laut „aktiencheck.de“ etwas weniger von den Leerverkäufern beharkt. JPMorgan Asset Management hat seine Leerverkaufsposition allem Anschein nach von zuvor 0,91 Prozent auf nun 0,88 Prozent reduziert. Die Shortseller rechnen also ein bisschen weniger mit fallenden Kursen. Allerdings ist der Rückzug zu überschaubar, als dass er an der Börse einen größeren Eindruck hinterlassen würde. Am Mittwochmorgen gab sich die ThyssenKrupp Nucera-Aktie der schlechten Stimmung hin und fiel um 1,5 Prozent auf 9,44 Euro zurück.
Wieder nichts!
Nur zu gerne würde ich an dieser Stelle über mutiges Vorangehen und greifbare Fortschritte rund um das Thema Wasserstoff berichten. Leider gibt es aber bestenfalls Pilotprojekte mit ungewissem Ausgang zu sehen und die größten Fragen von Unternehmen und Aktionären bleiben unbeantwortet. Damit fehlt den Wasserstoff-Aktien weiterhin der geeignete Boden, um endlich wachsen und gedeihen zu können. Natürlich bleibt es absolut im Bereich des Möglichen, dass die Lage sich in Zukunft noch bessern wird. Doch ist es auch nachvollziehbar, dass den Marktakteuren mit jedem weiteren ereignislosen Tag noch etwas mehr Geduld verlorengeht.
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