Liebe Leserin, Lieber Leser,
manche Ökonomen rufen für Deutschland bereits die höchste Alarmstufe aus, denn der einst so starke Exportmarkt scheint immer mehr zu einem Auslaufmodell zu mutieren. Gleichzeitig mehren sich die Anzeichen dafür, dass deutsche Ingenieure mit ihrer Innovationskraft längst nicht mehr an der Spitze mitmischen. Doch war und ist Deutschland doch ein Land der Hidden Champions, und in manchem Bereich fällt man doch noch mit aufsehenerregenden Neuigkeiten auf.
Das betrifft nicht zuletzt den Bereich Wasserstoff, wo die weitgehend unbekannte Firma Hydrogenious LOHC ein neuartiges Verfahren für die Lagerung und den Transport von Wasserstoff entwickelt hat. Das Ganze ist aussichtsreich genug, um großzügige Förderungen einzuheimsen. 72,5 Millionen Euro gibt es laut einem Bericht des „Bayrischen Rundfunks“, wovon 70 Prozent der Bund übernimmt und die restlichen 30 Prozent vom Freistaat Bayern getragen werden.
Wasserstoff und Öl vereint
Gefördert wird damit die Entwicklung eines Verfahrens, bei dem Wasserstoff in einem chemischen Prozess an Benzyltoluol, oder kurz BT, gebunden wird. Der damit hergestellte Stoff ist flüssig und damit vergleichsweise leicht transportierbar. Flüssiger Wasserstoff ist an sich nichts Neues. Doch die Verbindung von Hydrogenious schafft es, eine Flüssigkeit herzustellen, die bei niedrigen Temperaturen stabil ist und sich nur schwer entflammen lässt. Noch dazu ist die Lagerung bei Umgebungsdruck möglich. Es sind also keine speziellen und vor allem kostspieligen Lösungen für die Lagerung unter Hochdruck vonnöten.
Per Schiff, Zug oder Lkw kann die Flüssigkeit an Kunden geliefert werden und vor Ort kann der Wasserstoff sich wieder vom Öl lassen. Letzteres soll sich dann sogar wiederverwenden lassen, um erneut Wasserstoff aufzunehmen. Das klingt tatsächlich nach einer nachhaltigen Lösung und sollte sich das Ganze in der Praxis bewähren, stünde einem Erfolgszug quer über den Globus wohl nicht viel im Wege. Bisher wird das Ganze aber wohl erst bei einer Tankstelle in Erlangen tatsächlich zum Einsatz gebracht.
Plug Power: Geplatzte Träume
Auch wenn es noch ein langer Weg bis zur Serienreife sein mag, so bietet das Ganze doch zumindest eine interessante Perspektive. So etwas gab es in der Vergangenheit auch mal bei Plug Power zu sehen. Dort haben mittlerweile aber nicht nur die Anleger das Träumen weitgehend aufgegeben, welche die Aktie gestern um weitere 2,3 Prozent bis auf 2,15 US-Dollar fallen ließen. Wie gehabt notiert der Titel nur knapp über dem 52-Wochen-Tief bei 1,91 Dollar.
Plug Power Aktie Chart
Auch auf Seiten der Analysten geben sich nur noch die Wenigsten irgendwelchen Illusionen hin. Laut der Plattform „MarketScreener“ wird die Plug Power-Aktie momentan noch von acht Analysten zum Kauf empfohlen. 16 Beobachter nehmen eine neutrale Haltung ein und in vier Fällen wird zum Verkauf geraten. Angesichts der katastrophalen Performance im laufenden Jahr mit einer Kurshalbierung seit Jahresbeginn sieht das sogar noch recht freundlich aus. Doch vor einem Jahr gab es noch 22 Kaufempfehlungen, zehn neutrale Einschätzungen und keinen einzigen negativ gestimmten Analysten.
Wie sehr die Erwartungen sich reduziert haben, verrät auch ein Blick auf die Kursziele. Im schnitt trauen die Börsenprofis Plug Power momentan noch rund 4 Dollar zu, immerhin fast doppelt so viel wie beim letzten Schlusskurs. Selbst wenn dieses Ziel erreicht werden sollte, wäre es aber nur halb so viel wie im Sommer 2023.
ITM Power bleibt am Boden
Das wohl größte Problem bei Plug Power sind erschütternde Zahlen und eine mehr als fragwürdige Liquidität, bei der neuerliche Herausforderungen in der Zukunft bereits abzusehen sind. Etwas besser sieht es da schon bei ITM Power aus, wo die letzten Quartalszahlen durchaus die eine oder andere positive Überraschung mit sich brachten. Das reichte aber nicht aus, um gleich eine lange herbeigesehnte Erholungsrallye zu starten. Stattdessen gab es nur eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau zu sehen.
Auch am Dienstagmorgen dümpelte die Aktie knapp über 0,60 Euro vor sich hin und verteidigte damit eben so die wahrscheinlich letzte Unterstützung vor ihren Jahrestiefs. Ich mag mich mittlerweile wie ein Papagei anhören mit meinen täglichen Wiederholungen. Doch bleibt es eben auch dabei, dass magere fundamentale Aussichten den Anlegerinnen und Anlegern sauer aufstoßen. Mehr sogar noch, als es bei den Analysten der Fall zu sein scheint.
Nel ASA ohne Ausbruchsambitionen
Mit der lustlosen Kursentwicklung steht ITM Power längst nicht alleine da. Auch bei Nel ASA herrscht seit geraumer Zeit Unbehagen und die Bullen scheiterten in den letzten Wochen immer wieder an der Linie bei 0,50 Euro. Jene befindet sich ohnehin schon tief im Kurskeller. Aktuell zeigen die Käufer nicht einmal ansatzweise Ambitionen, die Kurse in höhere Gefilde zu befördern. Der Kurs tappt bei 0,46 Euro auf der Stelle und die einzige Freude ist momentan, dass ein Ausflug in Richtung Jahrestief bei 0,37 Euro schon erstaunlich lange vermieden werden konnte.
Es braucht mehr Fantasie
Nachdem einige Versprechen rund um das Thema Wasserstoff bislang nicht eingelöst werden konnte, scheint die Börsianer immer mehr der Mut zu verlassen. Um die Lage endlich wieder aufzuhellen, braucht es vor allem mehr Fantasie und ein Stück weit auch Risikobereitschaft. Natürlich lässt sich nicht versprechen, dass der große Durchbruch tatsächlich noch kommen wird. Daher kann ich auch weiterhin keine Kaufempfehlungen aussprechen und es sogar nachvollziehen, wenn Anleger sich bei Wasserstoff-Aktien bedeckt halten. Doch lebt der Sektor eben von seinen langfristigen Chancen und Aussichten und erst wenn die Märkte diese wieder mehr zu würdigen wissen, kann es auch mit einem echten Comeback klappen.
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