Liebe Leserin, Lieber Leser,
Ob Wasserstoff tatsächlich den Weg in eine klimaneutrale und dennoch von wirtschaftlichem Wachstum geprägte Zukunft ebnen kann, darüber gehen die Meinungen weiterhin auseinander. Fürsprecher für den alternativen Kraftstoff finden sich aber recht leicht. Jene verweisen gerne auf die Alternativlosigkeit mit Blick auf die notwendige Reduzierung von CO2-Emissionen. Vielleicht würde etwas mehr Mut auch der schwächelnden deutschen Wirtschaft auf die Sprünge helfen können.
Genau davon scheint Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auszugehen. Im Rahmen der „Woche der Umwelt“, die noch bis heute im Park vor dem Schloss Bellevue stattfindet, sprach sich Habeck klar für mehr Engagement in Sachen Wasserstoff aus. Deutschland könnte sich gar zu einem Leitmarkt entwickeln, so die richtigen Entscheidungen getroffen werden.
Omelett statt Eier?
Bewusst ist sich Habeck sehr wohl darüber, dass es noch einige Herausforderungen zu bewältigen gilt. In Richtung von Unternehmen und anderen Entscheidern warnte er gerade deshalb auch davor, sich zu lange beim „Henne-Ei-Problem“ aufzuhalten. Ohne Risiken funktioniere Kapitalismus nicht und so rief der Wirtschaftsminister in seiner gewohnt erfindungsreichen Wortgewandtheit dazu auf, „einfach mal aus Eiern ein Omelett [zu] machen“. Gemeint ist damit, den Ausbau von Netzen sowie Produktionskapazitäten auch ohne den sicheren Ausblick auf passende Aufträge voranzubringen.
Abnehmer wird es nach Ansicht von Robert Habeck ohnehin genügen geben. Allein Deutschland habe bis 2030 einen Bedarf von 100 TWh jährlich und damit fast doppelt so viel wie die aktuell rund 55 TWh. Etwa ein Drittel davon ließe sich in Deutschland produzieren. Der Rest müsse aber importiert werden, wobei eine möglichst hohe Diversifizierung angestrebt wird. Noch einmal in einen ähnlichen Würgegriff wie bei der russischen Gasversorgung möchte man sich im Bundeswirtschaftsministerium tunlichst nicht begeben.
Nel ASA ist leicht am Schwächeln
Solche Aussagen zeigen einmal mehr interessante Chancen für internationale Wasserstoff-Player. Nel ASA könnte auch eine wichtige Rolle dabei spielen, Deutschland in Zukunft mit grünem Wasserstoff bzw. den notwendigen Elektrolyseuren zu versorgen. Das sind aber eher abstrakte und weit entfernte Aussichten, welche an der Börse dieser Tage nicht mehr zu Kurssprüngen führen. Für weitaus größere Freude sorgten zuletzt ein Lizenzdeal in Indien und der angekündigte Börsengang der neuen Tochter Cavendish Hydrogen.
Die Freude über entsprechende Meldungen hielt aber nicht allzu lang. In dieser Woche bekommt Nel es wieder mit roten Vorzeichen zu tun. Am Mittwochmorgen ging es um 0,5 Prozent bis auf 0,68 Euro in die Tiefe. Das ist beileibe noch kein Crash und mit einem Plus von knapp 50 Prozent auf Monatssicht kann der Chart von Nel ASA sich aktuell durchaus sehen lassen. Doch es scheint schon wieder etwas Ruhe einzukehren, und dies letztlich ein gutes Stück unter dem nächsten Widerstand bei 0,80 Euro.
Nel ASA Aktie Chart
Plug Power weiterhin am Kämpfen
Bei Plug Power steht derweil die Marke bei 3 Euro etwas im Fokus. Jener kommt zwar eine geringere Bedeutung zu als der 3-Dollar-Linie an der Heimatbörse. Dennoch scheinen die Aktionäre sich aktuell nicht entscheiden zu können, ob bei 3 Euro nun eine Unterstützung oder doch eher ein Widerstand zu verorten ist. Seit einigen Tagen tanzt die Plug Power-Aktie unruhig um eben diese Marke herum. Heute Morgen reichte es kurz nach Handelsbeginn für ein Plus von 1,1 Prozent, was den Kurs auf immerhin 3,02 Euro anheben konnte.
Alles in allem ist aber schon wieder einiges an Luft aus den Wasserstoff-Aktien gewichen. Das dürfte auch an eher skeptischen Analysten liegen. Bernstein Research etwa stellt für Nel ASA weiterhin nur 6,75 norwegische Kronen in Aussicht, was umgerechnet müden 0,59 Euro entspricht. So ganz scheint man der Euphoriewelle aus dem Mai also nicht über den Weg zu trauen und es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies auch den einen oder anderen Anleger verunsichert.
Wer macht den ersten Schritt?
Nicht nur die Politik, auch die Unternehmen scheinen die Hindernisse im Wasserstoffsegment klar erkannt zu haben. Einig ist man sich darüber, dass es nicht schnell genug nach vorne gehe. Doch wer genau nun den Mut dazu haben soll, den ersten Schritt zu machen, bleibt weitgehend offen. Unternehmen scheuen in Zeiten hoher Zinsen allzu hohe Investitionen, welche unschöne Kapitalkosten mit sich bringen würden. Ganz ohne verlässliche Ziele vor Augen ist auch den Anteilseignern so etwas kaum zu vermitteln.
In der Politik sind die Kassen derweil chronisch leer. Das trifft auf Deutschland aufgrund des rigorosen Festhaltens an der Schuldenbremse durch Bundesfinanzminister Christian Lindner und seine FDP in besonderer Weise zu. Immerhin verspricht Robert Habeck, dass noch bis Ende des Monats Förderbescheide zugestellt werden sollen. Einen Blumenstrauß an frischen Investitionen brachte der Minister aber nicht zum Schloss Bellevue mit.
Die Skepsis bleibt auch bei Ballard Power erhalten
Somit bleibt die große Frage bestehen, wann und aus welchem Grund Wasserstoff endlich von der Nische in den Massenmarkt springen soll, wo der Kraftstoff mittelfristig fossile Brennstoffe ersetzen könnte. Derartige Szenarien bleiben aktuell dem Reich der Fantasie vorbehalten. An der Börse wird unruhig auf den nächsten Schritt nach vorne gewartet. Gute Neuigkeiten gibt es zwar wieder in höherer Frequenz. Deren Schlagkraft lässt aber noch etwas zu wünschen übrig. So auch bei Ballard Power, wo die Eroberung der 3-Dollar-Linie nicht gelingen wollte. Am Dienstag schloss der Titel bei 2,93 Dollar.
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