Liebe Leserin, Lieber Leser,
wer der Ansicht ist, dass Nel ASA und Plug Power in diesem Newsletter zu viel Aufmerksamkeit erhalten, der hat völlig Recht. Das liegt aber letzten Endes auch daran, dass das Interesse an diesen Titeln überdurchschnittlich hoch ausfällt. Dennoch ist es natürlich immer eine gute Idee, den Blick auch auf andere Aktien aus dem Wasserstoff-Segment zu wenden, was in der heutigen Ausgabe geschehen soll. Ein freundlicheres Bild ergibt sich dabei aber leider nicht.
Wie gehabt hat der ganze Sektor mit grundsätzlichen Problemen zu kämpfen. Eines davon sind die Preise. Gerade grüner Wasserstoff ist nach Einschätzung vieler Experten noch immer zu teuer, um fossile Brennstoffe aus einem ökonomischen Standpunkt heraus sinnvoll ersetzen zu können. Dieser Ansicht ist auch Arcelormittal-Chef Thomas Bünger, wie die „Welt“ kürzlich berichtete.
Das Ziel in weiter Ferne
Um für die Stahlproduktion in Frage zu kommen, müsse Wasserstoff zu Preisen von etwa zwei Euro je Kilogramm gehandelt werden, so Bünger. Davon könnten wir heute kaum weiter entfernt sein. Aktuell wird gerne mal das Dreifache fällig, wenn nicht mehr. Besserung ist auch kaum in Sicht. Die Beratungsagentur BCG schätzte Ende vergangenen Jahres, dass die Preise ab 2030 bei fünf bis acht Euro liegen werden. Darüber berichtete das „Handelsblatt“. Sollte die Prognose zutreffen, wäre grüner Wasserstoff zumindest für ArcelorMittal auch in einem halben Jahrzehnt wohl kaum eine sinnvolle Option, und das auch mit Preissteigerungen für Öl und Gas bis dahin im Hinterkopf.
Selbst die großen Konzerne sind nicht mehr übermäßig optimistisch und bei Plug Power war zuletzt die Rede davon, nur im besten Fall bei einer neuen Fabrik in Texas Preise von etwa 3 US-Dollar (ca. 2,78 Euro) je Kilogramm erzielen zu können. Nun ist aber gerade der US-Konzern bekannt dafür, ab und zu etwas zu viel zu versprechen.
Ballard Power: Einfach zu teuer?
Viele Hoffnungen aus vergangenen Jahren wurden mit den tatsächlichen Preisen für grünen Wasserstoff enttäuscht. Das führte unweigerlich dazu, dass auch Aktien aus dem Segment eine drastische Neubewertung erfuhren. So geschehen ist es bei Ballard Power, wo die Kurse auf 5-Jahres-Sicht um 87 Prozent einbrachen. Selbst hier scheint das Papier den meisten Anlegern noch zu teuer zu sein. Eine kleine Erholung gab es ausgehend vom 52-Wochen-Tief bei 2,46 Euro zwar zu sehen. Echte Anzeichen einer Trendwende zeigen sich mit 2,63 Euro am Freitagmorgen aber weiterhin nicht.
Ballard Power Aktie Chart
Problematisch für die Unternehmen ist, dass es an neuerlichen Aufträgen fehlt. Gerade Ballard Power enttäuschte hier zuletzt und musste aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten eines Großkunden Enttäuschungen beim Bericht für das vierte Quartal des vergangenen Jahres vermelden. In so mancher Hinsicht scheint es eher rückwärts denn vorwärts zu gehen.
PowerTap Hydrogen Capital: Am Boden!
Immerhin gibt es aber ab und zu überhaupt noch Neuigkeiten von Ballard Power zu hören. Das lässt sich von PowerTap Hydrogen Capital leider nicht behaupten. Die Aktie wurde einst als eine Art Geheimtipp angesehen, ist mittlerweile aber vom Radar der meisten Anleger wieder verschwunden – und das vollkommen zu Recht.
Bereits seit Dezember ist die Aktie von Handel an der kanadischen Heimatbörse ausgesetzt. Ein Update hat es seither nicht gegeben. Gehandelt werden die Anteilsscheine allem Anschein nach noch in einem geringen Umfang an den US-Börsen. Dort haben die Spekulanten das Ruder in die Hand genommen, was für eine schwindelerregende Volatilität sorgt. Am Donnerstag wurde über Verluste von 46 Prozent berichtet, was im Chart mittlerweile nicht einmal mehr eine Seltenheit ist.
FuelCell Energy: Als wäre nichts gewesen
Deutlich aufregender war es zum Ende des letzten Jahres bei FuelCell Energy. Dort wurde im Dezember über einen neuen Deal mit dem Ölgiganten ExxonMobil berichtet, was die Anleger sogar über schwache Zahlen hinwegtrösten konnte. Das Unternehmen konnte einen der größten Kritikpunkte von Wasserstoff-Aktien direkt angehen: dass es an großen Aufträgen von namhaften und finanzstarken Konzern fehlt. Allzu lange wurde der Kurs aber nicht auf hohem Niveau gehalten.
Am Freitagmorgen landete FuelCell Energy bei 1,10 Euro und damit sogar noch ein kleines Stückchen tiefer als vor der letzten Sensationsmeldung. Die Vorfreude ist verpufft und es bleibt der Blick auf einen Chart, der sogar noch unschöner ausfällt als bei vielen Mitbewerbern. Gut 91 Prozent an Börsenwert wurden in den vergangenen drei Jahren vernichtet.
Warten auf den Durchbruch
Findige Anleger wenden sich nicht selten bewusst weniger beachteten Aktien zu, um dort frühzeitig auf mögliche Trends zu setzen und größtmögliche Gewinne einzustreichen. Bei Wasserstoff-Aktien sind Ausnahmen aber auch bei den kleineren Titeln äußerst rar gesät. Umso offensichtlicher wird da, dass der gesamte Sektor unter einer enormen Schwäche leider. Diese zu beheben, gleicht einer Mammutaufgabe.
Es reichen nicht länger rosige Zukunftsversprechen und hübsche Szenarien, wie sie sich noch immer ausmalen lassen. Es braucht endlich greifbare Aussichten auf steigende Auftragsvolumina und höhere Margen bei gleichzeitig sinkenden Kosten. Gearbeitet wird daran unermüdlich und technische Durchbrüche scheinen teils zum Greifen nah zu sein. Doch es ist nicht von der Hand zu weisen, dass an der Börse viele den Glauben an einen explosionsartigen Durchbruch verloren haben. Doch als bekennender Optimist sehe ich mit direktem Blick in den Abgrund auch positive Faktoren. Da die Stimmung mittlerweile kaum noch schlechter ausfallen könnte, hält sich auch das Abwärtspotenzial bei den Kursen eher in Grenzen, was von der Verteidigung mancher Unterstützungen unterlegt wird.
Es könnten Zeiten wie diese sein, in denen sich ein Einstieg auf lange Sicht besonders auszahlen wird. Doch selbstredend gibt es dafür keinerlei Garantien und von Anlegern wird weiterhin Geduld und Leidensbereitschaft in einem Maße gefordert, welches die Schmerzgrenze allzu oft überschreitet.
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