Liebe Leserin, lieber Leser,
Wasserstoff-Aktien durchlaufen derzeit eine ermutigende Phase. Denn momentan häufen sich die Anzeichen für Erholung, Stabilisierung und mögliche neue Höhenflüge bei Nel ASA, Plug Power und Co. Hinzu kommen einzelne Auftragsmeldungen wie etwa bei ITM Power. Doch neben dem Börsen-Geschehen steht auch im heutigen Newsletter Wasserstoff Briefing die Politik im Fokus.
Die Stimmung im Wasserstoff-Sektor hellt sich zusehends auf. Das lässt sich beispielsweise an der Nel ASA-Aktie derzeit sehr gut ablesen. Die Aktie des norwegischen Wasserstoff-Spezialisten zeigt sich robust. Mehr als das: Zu Beginn des heutigen Handelstages ließ sich erneut eine deutliche Aufwärtsbewegung der Aktie von mehr als 4 Prozent vermelden. Darauf weisen die Kollegen hin.
Politik: Positiver Einfluss auf Kursverläufe
Als Gründe für den neuen – oder wohl eher erneut entfachten – Optimusnennt man in diesen Tagen häufig die politische Großwetterlage. Denn die weltweiten Bestrebungen, Wasserstoff-Projekte zu fördern und zu forcieren, zeigen natürlich auch an den Märkten ihre (psychologische) Wirkung. Hinzu kommen einzelne Unternehmensnews, die sich positiv auf die Kursverläufe auswirken.
Gerade für die Pure Player sind solche Nachrichten wichtig. Das belegen etwa die aktuellen Kursverläufe von Plug Power und ITM Power. Denn kaum gibt es neue Partnerschaften (Plug Power) oder Aufträge (ITM Power), reagiert die Börse. Auch Wasserstoff-Abkommen wie das zwischen Deutschland und Norwegen vom Januar 2024 verfehlen ihre Wirkung nicht.
Denn die Aussicht auf baldige Subventionen und zukünftige Gewinne bei – in diesem Fall – Nel ASA macht den Anlegern Mut. Zumal die drei genannten Wasserstoff-Player in der Elektrolyseur-Branche tätig sind. Und damit auf jenem Markt agieren, dem Analysten bereits seit Monaten geradezu sensationell anmutende Wachstumsraten prognostizieren.
Die Kursperformance der Nel ASA-Aktie
Denn wenn die Wasserstoffwirtschaft so, wie Politik und Unternehmen sich das vorstellen, in Gang kommen soll, dann braucht man Elektrolyseure. Viele Elektrolyseure. Leistungsfähige Elektrolyseure. Und am besten auch noch kostengünstige Elektrolyseure. Die Anforderungen sind gewaltig. Denn schließlich soll die Förderung von Wasserstoff letztlich dem Klimaschutz dienen.
Weltweiter Wettlauf um Wasserstoff
Deshalb hat man den Wettlauf um Wasserstoff mittlerweile auch weltweit zur Chefsache erklärt. In Europa sieht sich die EU als eine der energischsten Befürworterinnen von Wasserstoff. Im Hinblick auf Förderprogramme und Subventionen befindet man sich im Wettbewerb mit den USA. Deren Inflation Reduction Act (IRA) mit seinem pragmatischen Ansatz setzt die EU gehörig unter Druck.
Darüber haben wir – u.a. erst im gestrigen Newsletter Wasserstoff Briefing – bereits mehrfach berichtet. Nun ergibt sich jedoch noch weiterer dringender Handlungsbedarf für die EU. Darauf lässt ein Bericht schließen, der jetzt auf dem auf Wasserstoffthemen spezialisierten Newsportal „HydrogenInsight“ erschienen ist.
Brandbrief an die EU
Darin geht es um einen offenen Brief europäischer Wasserstoff-Unternehmen an EU-Präsidentin Ursula von der Leyen. Zentrale Forderung des laut Bericht am gestrigen Dienstag veröffentlichten Schreibens: Die EU soll demnach eine Art „Made in Europe“-Label einführen, um die europäischen Hersteller von Wasserstoff-Elektrolyseuren vor billigeren chinesischen Importen zu schützen.
Als mahnendes und warnendes Beispiel dient dafür der „Zusammenbruch der europäischen Solarindustrie in den 2010er Jahren“. Daraus müssten die EU-Politiker lernen, heißt es weiter. Denn damals hätten billige chinesische Solarpaneele den Markt überschwemmt und so dessen europäisches Ende eingeläutet. Das dürfe sich nicht wiederholen, so der Tenor des Briefs.
Wasserstoff-Unternehmen: Druck von zwei Seiten
Diese Forderung nach „gleichen Wettbewerbsbedingungen“ hätten 21 europäische Wasserstoff-Unternehmen – darunter elf Elektrolyseur-Hersteller wie Thyssenkrupp, Nel ASA, McPhy und Topsoe – unterzeichnet, heißt es auf „HydorgenInsight“. Der Fachverband Hydrogen Europe und sein Forschungszweig Hydrogen Europe Research unterstützten das Schreiben demnach ebenfalls.
Europäische Steuergelder gingen bereits an ausländische Hersteller, beklagten die Unternehmen. Auch auf den US Inflation Reduction Act (IRA) wiesen die Unterzeichner demnach hin: Denn der läute einen Paradigmenwechsel im globalen Handel und in der Wasserstoffproduktion ein. Gekoppelt mit Chinas Förder-Politik käme man nun von zwei Seiten unter Druck, heißt es.
Droht ein Verdrängungswettbewerb?
Allerdings sieht das US-Gesetz keine spezifische Unterstützung für Elektrolyseure vor, darauf weist die Autorin des Berichts hin. Im ihrem Bericht über diesen aktuellen Brief an die EU finden sich mehrere ausführliche Zitate aus dem Schreiben der Wasserstoff-Player. Ein Verweis oder auch Link auf den Originaltext fehlt jedoch.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Autorin auch darauf hinweist, dass die These einer drohenden Schwemme billiger chinesischer Elektrolyseure unter den Herstellern umstritten ist. Während Nel ASAs CEO Håkon Volldal diese Befürchtung teilt und seine Bedenken in einem Interview mit „HydrogenInsight“ im November 2022 geäußert hat, gibt es auch andere Meinungen.
Elektrolyseure: Europäische Standards gefordert
So hat etwa Raphael Tilot, Leiter der Wasserstoffabteilung des belgischen Elektrolyseurherstellers John Cockerill – der Elektrolyseure in China herstellt und den Brief nicht unterzeichnet hat – dazu im Dezember 2022 Stellung bezogen. Und zwar ebenfalls in einem Interview mit „HydrogenInsight“. Dabei führte er vor allem praktische Gründe an, die dagegen sprächen.
Es ergebe seiner Ansicht nach schlicht keinen Sinn, schwere Elektrolyseure zu verschiffen und in die ganze Welt zu transportieren. Zumal für Elektrolyseure in China und Europa verschiedene Standards gelten würden. Womit wir wieder bei dem offenen Brief an die EU wären. Denn die Forderung, Förderung an europäische Standards zu koppeln, ist ja durchaus plausibel.
Wasserstoff-Aktien: Spannende Zeiten
Spannende Zeiten also für Nel ASA, Plug Power und Co. Und wenn man sich noch mal vergegenwärtigt, für welchen Schub bei den Wasserstoff-Aktien der IRA gesorgt hat, dann ist es verständlich, dass die Unternehmen jetzt bei der EU Druck machen. Anlegern von Wasserstoff-Aktien kann das insgesamt nur recht sein. Man wird allerdings weiterhin genau hinschauen müssen.
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