Liebe Leserin, lieber Leser,
in der vergangenen Woche schien es so, als ob der Verfall der Aktie von Vulcan Energy Resources vorbei sein könnte. Bis 1,96 Euro waren die Papiere des Karlsruher Start-up zurückgefallen, doch am Donnerstag ging es plötzlich wieder hinauf auf 2,12 Euro. Dann allerdings war bereits wieder Schluss, am Freitag fiel sie ebenso schnell auf ihren Ausgangswert zurück. Mittlerweile notiert die Vulcan-Aktie bei rund 2,00 Euro. Ein vor kurzem gemeldeter Meilenstein hat seine Wirkung offenbar verbraucht, die Anleger das Vertrauen verloren, dass das Heben eines Schatzes wirklich zum Erfolg führen wird. Der mögliche Grund: Das Vorhaben kostet erst einmal 1,5 Milliarden.
Vulcan Energy will Ende 2025 kommerziell produzieren
Unterhalb des Oberrheingrabens liegt in der Tat Europas größtes Lithiumvorkommen – und Vulcan will einen Teil davon an die Oberfläche holen. Mit dem weltweit ersten „Zero Carbon Lithium™ Projekt“ plant das Unternehmen die Herstellung klimaneutralen Lithiums sowie zugleich die Produktion erneuerbarer Energien „für eine erfolgreiche Transformation hin zu einer klimaneutralen Mobilität und Industrie“, wie man es selbstbewusst formuliert.
- Das Karlsruher Start-up will den begehrten Rohstoff per Geothermie fördern
- Dafür hat Vulcan jüngst die erste Demonstrationsanlage in Betrieb genommen
- Rund 40 Tonnen Lithium pro Jahr will das Start-up zunächst fördern
Die Lithiumextraktions-Optimierungsanlage (LEOP) im rheinland-pfälzischen Landau dient dem Unternehmen nach „zur Produktqualifizierung, Optimierung sowie zur Schulung des Betriebsteams mit Blick auf die kommerzielle Produktion Ende 2025“. In der Anlage, deren Bau 2022 begonnen hatte, soll Lithiumchlorid gewonnen, gereinigt und konzentriert werden.
30 Prozent des europäischen Lithiumbedarfs
„Die Anlage ist 500 Mal größer als unsere beiden Pilotanlagen. Es ist noch keine kommerzielle Dimension, die bauen wir parallel auf“, sagte Vulcan-Gründer Horst Kreuter im Gespräch mit dem Handelsblatt. Schon in zwei bis drei Jahren soll demnach die kommerzielle Förderung mit einer Kapazität von 24.000 Tonnen Lithium pro Jahr in Betrieb gehen. Gleichzeitig erkunde Vulcan potenzielle Standorte in Mannheim und im französischen Elsass, so der Bericht. 30 Prozent des europäischen Lithiumbedarfs könnte Vulcan Energy so theoretisch decken.
- Der Bedarf am Rohstoff ist riesig, vor allem für die Akkus der immer größer werdenden Zahl an Elektroautos
- Derzeit stammen laut Statista rund 80 Prozent der internationalen Bergwerks- und Soleförderung aus Australien und Chile
Abhängigkeiten der Industrie reduzieren
Doch die Förderung dort ist umstritten. Probleme kann es bei der Lithiumgewinnung für das Trinkwasser geben. „Durch das Abpumpen von Sole sinkt der Grundwasserspiegel, Flussläufe sowie Feuchtgebiete können austrocknen und es fehlt in manchen Regionen Wasser für die Landwirtschaft“, heißt es bei der Deutschen Welle. Das will Vulcan Energy besser machen, klimaneutral sogar.
- Die LEOP wurde im Maßstab 1:50 im Vergleich zur geplanten kommerziellen Lithiumextraktionsanlage (LEP) aufgebaut
- Sie verfügt jedoch über dieselbe Ausrüstung wie die kommerzielle Einheit – mit Ausnahme einer höheren Säulenanzahl der LEP
Die in der LEOP produzierten Mengen werden laut Vulcan-Management die ersten Tonnen an in Europa selbst gewonnenem Lithiumchloridkonzentrat darstellen, was auch Abhängigkeiten der Industrie veringern würde.
Vulcan Energy benötigt zunächst 1,5 Milliarden Euro
Man habe die Kapazitäten schon für die nächsten fünf Jahre komplett verkauft, sagte Gründer Kreuter dem Handelsblatt. Zu den Kunden gehören demnach Autokonzerne wie Volkswagen, Stellantis oder Renault, zudem Batteriehersteller wie der koreanische LG-Konzern. Das Problem nur: Es regt sich nicht allein Widerstand in der Bevölkerung gegen die kilometertiefen Bohrungen. Das Vorhaben ist zudem extrem kapitalintensiv.
Bis die erste kommerzielle Anlage stehe, werde man insgesamt 1,5 Milliarden Euro brauchen, erklärte Vulcan Energy demnach – „deutlich mehr als anfangs angenommen“, heißt es im Bericht. Der Grund: Man geht nicht mehr von 15.000 Tonnen sondern bis zu 24.000 Tonnen Jahresproduktion aus.
Vulcan-Aktie verliert zwei Drittel an Wert
Seit dies im Februar bekannt wurde, kennt die Vulcan-Aktie praktisch nur noch den Weg nach unten, lediglich unterbrochen von einer kurzen Erholung im Juli. Allein im zurückliegenden Monat haben die Papiere mehr als ein Viertel abgegeben. Seit ihrem Höchststand im September des vergangenen Jahres bei 6 Euro hat die Vulcan-Aktie gar rund zwei Drittel ihres Werts eingebüßt.
Da kann Cris Moreno, seit 1. Juli 2024 als Managing Director und CEO an der Unternehmensspitze, noch so trommeln: „Der Beginn der Inbetriebnahme unserer LEOP-Anlage stellt einen bedeutenden Meilenstein für uns und die gesamte europäische Batterieindustrie dar“, glaubt er. Bis 2030 werde Europa voraussichtlich mit einem erheblichen Lithiummangel konfrontiert sein, „der ernsthafte Auswirkungen auf die europäische Batterie- und Automobilindustrie haben könnte, falls inländische Lieferungen nicht realisiert werden“.
Klimaneutrales Lithium aus Europa für Europa
Vulcan bereitet sich laut Moreno darauf vor, „als erstes Unternehmen Lithium aus Europa für Europa zu produzieren und auch als erstes Unternehmen weltweit klimaneutrales Lithium zu erzeugen“. Der Beginn der Inbetriebnahme der LEOP-Anlage sei ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Phase Eins des Zero Carbon Lithium Projekts. An den Märkten hingegen ist von dieser Zuversicht bislang nichts angekommen.
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