Vorstandsinterview exklusiv: Mensch und Maschine – „Wir können beim Digitalen Zwilling bereits Ergebnisse vorzeigen“

Der Software-Spezialist Mensch und Maschine ist erneut mit Rekordwerten ins neue Jahr gestartet. Wir haben nachgefragt, wie die weiteren Planungen aussehen.

Auf einen Blick:
  • Mensch und Maschine mit neuen Rekorden
  • Herausforderung Autodesk
  • Mensch und Maschine will weiter wachsen
  • Was steckt hinter dem
  • Dividendenjäger aufgepasst!

Mensch und Maschine Software SE bleibt auf Rekordkurs. Trotz eines leichten Umsatzrückgangs aufgrund eines Sondereffekts im Vorjahresquartal hat der führende Entwickler von Computer Aided Design, Manufacturing und Engineering (CAD/CAM/CAE) das erste Quartal 2024 mit einem neuen Rekordgewinn abgeschlossen. Und auch der operative Cashflow erreichte mit 25,5 Mio. Euro einen neuen Bestwert.

Im Gesamtjahr 2024 soll das Ergebnis je Aktie zweistellig auf 1,89 bis 2,06 Euro zulegen, für die 2025 auszuschüttende Dividende je Aktie steht eine deutliche Anhebung von 1,65 Euro in diesem Jahr auf 1,85 bis 1,95 Euro im Raum.

Im Exklusivinterview mit Finanztrends sprechen Gründer und Chairman Adi Drotleff sowie CFO Markus Pech über den Erfolgsfaktor dezentrale Kostenkontrolle, den erwarteten Margensprung durch die Umstellung des Autodesk-Vertriebssystems sowie die attraktive Dividende: „Wir können den Gewinn auch weiterhin voll ausschütten, ohne unsere Position als Technologie-Marktführer bei technischer Software zu gefährden, und werden das auch tun“.

Herr Drotleff, Herr Pech, nach einem Rekordjahr 2023 sind Sie erneut auch mit Rekordwerten in das neue Jahr gestartet. So konnte bspw. das EBIT um 6,7 % auf 16,9 Mio. Euro zulegen, der Cash-Flow um 3,8 % auf 25,5 Mio. Euro. Allerdings zeigten nicht alle Kennzahlen eine positive Entwicklung. Der Umsatz lag um 2,1 % niedriger als im Vorjahresquartal. Was waren hierfür die Gründe? 

Chairman Adi Drotleff / © Mensch und Maschine

Adi Drotleff: Unser Hauptlieferant Autodesk hatte den Rabatt auf 3-Jahres-Verträge zum Januar 2023 abgekündigt, was in den ersten Wochen 2023 zu einem Endspurt mit sehr hohem Handelsumsatz führte, da diese Verträge auf einmal, also mit fast dreifachem Umsatz abgerechnet wurden. Das hatte uns im Q1/2023 eine Umsatzsteigerung von +21% bei einer vergleichsweise niedrigen Rohertragsmarge von 45,7% beschert.

In den drei Folgequartalen 2023 gab dann der Umsatz durch den technischen Gegeneffekt um 6,7% nach, im Gegenzug sprang jedoch die Rohertragsmarge auf 55,4%, weil ja wieder unser margenstarkes Eigengeschäft dominierte. Das Q1/2024 war nun das letzte Quartal mit diesem schiefen Umsatzvergleich, und es wurde nicht wie erwartet das zweitstärkste Quartal der Unternehmensgeschichte, sondern schlug den Vorjahres-Rekordgewinn sogar deutlich.

Die geplante Umstellung des Vertriebssystems beim Partner Autodesk wird sich künftig deutlich sichtbar in einem niedrigeren Umsatz bei Mensch und Maschine niederschlagen, während das operative Ergebnis nicht beeinflusst wird und daraus resultierend die operativen Margen deutlich steigen werden. Welche Mechanik steckt hinter diesen Perspektiven? 

CFO Markus Pech / © Mensch und Maschine

Markus Pech: Intern wurde die Umstellung durch Autodesk schon seit einigen Jahren vorbereitet, indem die Margen der Vertriebspartner schrittweise von Rabatt auf Provisionszahlungen umgestellt wurden. Jetzt folgt nur noch der letzte Schritt, also die Umstellung von Wiederverkauf auf ein reines Provisionsmodell für voraussichtlich gut 90% des Autodesk-Geschäfts.

Wir haben die Effekte über die letzten zehn Jahre simuliert und kommen für 2023 auf eine Reduktion von Einkaufsvolumen und Umsatz um etwa 106 Mio. Euro bei gleichbleibenden Ertragskennzahlen und damit deutlich höheren Margen – beim Rohertrag etwa 78% statt 53,2% und beim EBIT ca. 22% statt 14,5%. 

Was im Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre auffällt: Während der Rohertrag pro Jahr um 9,5% und das EBIT um 24 % gesteigert werden konnten, bleiben die Kosten und Abschreibungen mit einem Anstieg um 6,7 % unterdurchschnittlich. Durch welche Maßnahmen bzw. Strukturen können Sie Ihre Kostenentwicklung so abdämpfen und lässt sich das auch in Zukunft umsetzen?

Markus Pech: Die etwa 100 Profitcenter, in die das MuM-Geschäft geografisch und thematisch aufgeteilt sind, werden ausschließlich nach der Entwicklung ihres eigenen EBIT beurteilt und incentiviert. Es hat eine Weile gedauert, diese Methode im Konzern zu verankern, aber seit etwa zehn Jahren funktioniert es gut – auch in schwierigen Phasen wie während Corona, als wir über die zwei Jahre 2020/21 ein EBIT-Wachstum von +28% bei nur +8,2% Rohertragssteigerung erzielen konnten.

Es handelt sich letztlich um eine dezentrale, aktive Kostenkontrolle, die wir natürlich auch in Zukunft anwenden werden. Durch die Konzentration auf ein Ziel, nämlich das EBIT, können die Managerinnen und Manager vor Ort mit ihrer Marktkenntnis selbst frei entscheiden, ob gerade eine dynamische oder eher eine degressive Strategie besser zum Ziel führt. Und es genügt auch völlig, wenn 70 von 100 Profitcentern gut abschneiden. Die anderen 30 haben auf jeden Fall den Ehrgeiz, nächstes Jahr im vorderen Drittel zu landen. Das macht die Methode robust und selbstheilend.

Nettogewinn pro Quartal für Mensch Und Masch...

Quartal
Mio. €
30.09.24
6,43
30.06.24
7,34
31.03.24
10,6
31.12.23
7,92
30.09.23
4,81
30.06.23
6,48
31.03.23
9,66
Entwicklung des Nettogewinns bei Mensch Und Masch...

Sie wirtschaften bereits auf Rekordniveau. Welche weiteren Ziele stecken Sie sich kurz- und mittelfristig für Umsatz und Ertrag? 

Markus Pech: Mittelfristig trauen wir uns weiterhin +10% organisches Umsatz- und Rohertrags-Wachstum pro Jahr zu, natürlich mit gewissen Schwankungen, und beim Umsatz justiert um den technischen Rücksetzer zwischen 2024 und 2025 durch die Autodesk-Umstellung. Ergebnisseitig sehen wir durch die eben besprochene Methodik eine Verdoppelung in vier bis fünf Jahren, also beim Ergebnis je Aktie (EPS) mehr als 344 Cent bis 2027/28 nach den 2023 erreichten 172 Cent.

Kurzfristig haben wir uns für die Jahre 2024/25 einen Verbleib auf dem mittleren Zielpfad von +17% p. a. beim Ergebnis vorgenommen, mit einem etwas flacheren Verlauf zwischen +10 und +20% in 2024 und einem steileren Zielkorridor von +12 bis +25% für 2025.

Operativer Cashflow pro Quartal für Mensch Und Masch...

Quartal
Mio. €

30.09.24
21,4
30.06.24
5,88
31.03.24
25,5
31.12.23
1,98
30.09.23
17,0
30.06.23
17,0
31.03.23
24,6
Entwicklung des operativen Cashflows von Mensch Und Masch...

Ihr regionaler Schwerpunkt liegt nach wie vor auf Deutschland, aber Sie sind auch international schon vertreten. Gibt es Überlegungen, gerade außerhalb Deutschlands noch stärker zu wachsen von Präsenz und Geschäft und welche Hürden könnte es dabei geben?

Adi Drotleff: Von 2014 bis 2023 ist der Auslandsanteil am Umsatz von 52% auf rund 59% gestiegen, wir bewegen uns also bereits in diese Richtung. Und mit der Neugründung von Niederlassungen in den USA und Indien hat unsere Ingenieurbau-Tochter SOFiSTiK in den vergangenen Jahren den Grundstein für mehr Wachstum außerhalb Europas gelegt, während in unserem größten Eigensoftware-Bereich CAM ohnehin schon etwa drei Viertel des Umsatzes im Ausland generiert wird – hier ist mit Japan sogar ein außereuropäisches Land unser zweitgrößter Markt nach Deutschland.

Wir sind mit 75 Standorten in mehr als 20 Ländern bereits sehr international aufgestellt und verkaufen unsere eigene Software in mehr als 70 Länder, sind also mit den Hürden im internationalen Geschäft schon sehr lange vertraut. Man braucht da auf jeden Fall einen langen Atem, das haben wir vor allem in Asien gelernt, wo wir mit dem CAM-Geschäft schon seit über 20 Jahren vor Ort sind, neben Japan auch in China, Taiwan, Indien sowie Singapur, von wo wir die übrigen Asia/Pacific-Märkte bedienen. 

Ein Begriff, der bei Mensch und Maschine immer wieder auftaucht, ist der des „Digitalen Zwillings“. Was kann man sich konkret darunter vorstellen? 

Adi Drotleff: Ein Digitaler Zwilling ist mehr als ein digitales Abbild eines Gebäudes, einer Anlage oder einer Infrastruktur – es ist die durchgängige digitale Transformation aller Prozesse und Daten. Auf dem Umschlag des aktuellen Quartalsberichts Q1/2024 zeigen wir das am Beispiel der neuen Planungsmethode BIM für den Architektur- und Baubereich: Mit der MuM-Standardsoftware für Ingenieur-, Garten- und Landschaftsbau entstehen konkrete Digitale Zwillinge von Brücken, Tunnels oder Gartenlandschaften quasi Out-of-the-Box.

Auch die Deutsche Bahn profitiert von Ihrem Know-how …

Adi Drotleff: Ja, ein anderes Beispiel von unserem Kunden Deutsche Bahn AG ist der Digitale Zwilling des Hauptbahnhofs Frankfurt/Main, der per Drohnen-Befliegung eingescannt wurde und als Grundlage für künftige Umbauplanungen dient. Dabei sind natürlich auch die darunter befindlichen S- und U-Bahn-Bauten zu berücksichtigen, d. h. ein so komplexer Zwilling erfordert die Kooperation verschiedener Planungs- und Bauabteilungen von Bahn- und z. B. Stadtverwaltungen. Und er wächst mit jeder Planungs- und Bauphase weiter, womit er jederzeit den korrekten Ist-Zustand des realen Bauwerkskomplexes widerspiegelt. Damit nicht erst der Bagger das Stromkabel im Untergrund „findet“, sondern der Planer bereits vorher. 

Welche Bedeutung hat dieses Konzept für Ihr operatives Geschäft und in der Abgrenzung zum Wettbewerb? 

Adi Drotleff: Wir sind normalerweise mit solchen Begriffen vorsichtig, weil sie oft recht allgemein und nichtssagend sind, Industrie 4.0 ist dafür ein gutes bzw. schlechtes Beispiel. Digitaler Zwilling beschreibt dagegen sehr zutreffend, was wir ohnehin seit mehr als einem Jahrzehnt tun, wenn wir Digitalisierungs-Projekte für unsere Kunden entwickeln. Deshalb können wir auch schon eine ganze Reihe von bereits existierenden Digitalen Zwillingen vorweisen, nicht nur für BIM, sondern auch z. B. die Virtuelle Werkzeugmaschine für CAM, ebenso im Datenmanagement, im Anlagenbau oder in der Variantenkonstruktion für unsere Industriekunden sowie die Digitale Fabrik oder Stadt im Bereich BIM für Infrastruktur.

Die Abgrenzung zum Wettbewerb fällt uns beim Digitalen Zwilling relativ leicht: Wir kündigen nicht an, sondern praktizieren das Thema schon längst und können Ergebnisse vorzeigen.

Mensch und Maschine gilt bislang als verlässlicher Dividendenwert. Wenn wir richtig gezählt haben, konnten Sie in den vergangenen neun Jahren die Dividenden jeweils erhöhen. Für das Geschäftsjahr 2023 wollen Sie der Hauptversammlung im Mai eine Ausschüttung von 1,65 Euro je Aktie vorschlagen, was aktuell einer Rendite von rund 3,3 % entsprechen würde. Dabei haben Sie den Vorschlag sogar noch in den letzten Wochen um 5 Cent nachgebessert. Was war der Grund und welche Ausschüttungsstrategie wollen Sie weiterverfolgen?

Mensch Und Maschine Software Aktie Chart

Markus Pech: Wir können unseren Gewinn weitgehend ausschütten, weil unsere wichtigsten Investitionen in die Weiterentwicklung unseres Software-Portfolios in Höhe von mehr als 24 Mio. Euro pro Jahr nicht aktiviert, sondern als Betriebskosten verbucht werden, also quasi mit Abschreibungsdauer Null.

Dazu kommt, dass wir die Dividende optional in bar oder in MuM-Aktien anbieten und somit letztlich gar keine echte Bar-Vollausschüttung haben, was man an unserer Bilanzentwicklung von Nettoverschuldung auf Nettoliquidität ablesen kann. Wir können also den Gewinn auch weiterhin voll ausschütten, ohne unsere Position als Technologie-Marktführer bei technischer Software zu gefährden, und werden das auch tun.

Herr Drotleff, Herr Pech, vielen Dank für das Interview.

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