Vorstandsinterview exklusiv: Cyan – Mit KI zu mehr Cyber-Sicherheit

Der Cybersicherheits-Spezialist Cyan operiert in einem sehr dynamischen Wachstumsumfeld und setzt immer stärker auch KI für die eigenen Produkte und Services ein.

Auf einen Blick:
  • Diese Schwerpunkte stehen für Cyan im Fokus
  • KI-Kompetenz für mehr Cybersicherheit
  • Wo Cyan weitere Kunden finden will
  • Durch Spartenverkauf mehr Fokus auf Kerngeschäft
  • Das peilt Cyan als Wachstumsgrößen an

Wirtschaft und Privatleben werden immer stärker durch Daten aller Art bestimmt. Umso wichtiger ist es, diese Daten zu schützen, was nicht nur für Unternehmen und Privatpersonen gilt, sondern erst recht für ganze Staaten. Kein Wunder, dass die Cyber-Security-Branche in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebte und auch für die kommenden Jahre und Jahrzehnte überdurchschnittlche Wachstusmraten erwartet werden.

Ein deutsches Unternehmen, das sich in der Cybersicherheits-Branche positioniert hat, ist Cyan. Wir haben mit dem CEO Thomas Kicker über die Arbeitsschwerpunkte von Cyan gesprochen, wohin sich das Unmnthmen entwickeln will und welche Ergebnisse man operativ schon vorweisen kann. 

Finanztrends: Herr Kicker, der Jahresbeginn 2024 brachte für Cyan einen großen Umbruch, vor allem auch in der geschäftlichen Ausrichtung. Jetzt geht es fokussiert um Cyber-Security-Lösungen für Ihre Kunden. Wo liegen hier Ihre Schwerpunkte und welche Wachstumschancen sehen Sie dabei?

Thomas Kicker, CEO Cyan / @ Cyan AG

Thomas Kicker: Als ein europäischer Anbieter von Cyber-Sicherheitslösungen befassen wir uns mit einem der wichtigsten Themen unserer Zeit – der Sicherheit des Internets. Die enorme Dynamik der technologischen Entwicklungen eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten. Sie bringt auch Gefahren mit sich und die Awareness für das Thema Cyber-Security wächst nur langsam. Die Tragweite der Risiken wird oftmals unterschätzt. Laut unserer Recherche ist jeder Mensch täglich von einer konkreten Cyberbedrohung betroffen. Weiters klicken 34% auf schadhafte Links die beispielsweise Phishing oder Identitätsdiebstahl beinhalten. Mit unseren Produkten sind diese Personen davor geschützt.

Wir bieten bei cyan wirkungsvolle IT-Sicherheitsprodukte für die Endkunden von Mobil- und Festnetzinternetanbietern, Mobilfunkanbietern sowie von Finanzdienstleistern. Unsere Lösungen werden als White-Label-Produkte in die Infrastruktur unserer Geschäftspartner integriert. Ob Phishing, Clickjacking, Web Scams, Adware oder andere Bedrohungen … unsere Lösungen schützen das digitale Leben der Endkunden.

Finanztrends: Gibt es Themenbereiche im Cybersicherheits-Sektor, die Sie perspektivisch noch integrieren möchten?

Thomas Kicker: Um mit der Schnelligkeit der zunehmenden Gefahrenentwicklung mitzuhalten, haben wir einen Schwerpunkt auf den Ausbau der KI-Kompetenz gelegt. Bei KI bauen wir auf unsere mehr als 15-jährige Historie auf und entwickeln unsere Modelle stetig weiter. Eine Herausforderung besteht darin, dass wir aus Kundensicht einfache Lösungen bieten müssen für sehr komplexe Bedrohungen. Wir müssen vermeiden, den Endkunden zu überfordern.

Außerdem ist Cyber-Security vermehrt für den Mittelstand ein wichtiger Themenbereich, der viel Potenzial für uns bietet. Unser Ziel ist es hier ein komplexes Thema einfach aufzubereiten und zugänglich zu machen. Leider ist der Mittelstand immer öfter das Ziel von Cyber-Angriffen – und das in vielen Fällen mit gravierenden Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb. Oft reicht schon eine einzige Email mit schadhaftem Link an einen Mitarbeiter aus, um in das gesamte IT-System eindringen zu können. Kleinen Betrieben fehlt es meist an den Ressourcen und entsprechenden Schutzmechanismen. Daher ist der Bedarf an externer Beratung und externen Sicherheitslösungen hoch. Und genau hier kann cyan helfen. Mit unseren Lösungen können wir auch den Mittelstand schützen.

Finanztrends: Bislang liegt Ihr Schwerpunkt bei den Kunden auf Telekommunikationsanbietern. Mit WeFox haben Sie einen ersten „branchenfremden“ Kunden gewinnen können. Inwieweit lässt sich das ausbauen und gibt es Branchen, die Sie dabei besonders ins Visier nehmen?

Thomas Kicker: Wir freuen uns, dass wir mit WeFox und Allianz-Partners zwei sehr innovative Unternehmen gefunden haben und dem Bereich Cybersecurity eine hohe Bedeutung beimessen. Das Ziel der Zusammenarbeit ist es, Cybersecurity-Lösungen mit Versicherungsprodukten zu bündeln. Ein leistungsstarker Schutz bei der Nutzung des Internets sollte zu jedem „Standard-Versicherungspaket“ gehören.

Darüber hinaus sehen wir einen riesigen Bedarf an unseren Services in den Branchen Banking und E-Commerce. Denn dort gibt es besonders viele Phishing-Attacken, Fake-Shops, Identitätsdiebstähle und mehr. Die Risiken sind immens. Wir sind bereits im Gespräch mit einigen Unternehmen, die unsere Produkte einsetzen wollen, um ihre eigenen Kunden vor den entsprechenden Cyber-Gefahren zu schützen.

Finanztrends: Als Cybersicherheits-Firma operieren Sie in einer Branche, die immer noch stark von amerikanischen Firmen, auch international, dominiert wird. Wie sehen Sie Ihre Expansionschancen im Wettbewerb?

Thomas Kicker: Wir sind stolz auf unsere europäischen Wurzeln. Sie sind ein wichtiger Teil unserer Identität und machen uns zu dem, wer wir sind. Wir entwickeln Lösungen in Europa, sind in Europa gehostet und unterliegen den europäischen Anforderungen, die sicherlich zu den strengsten der Welt zählen. Das ist kein Nachteil. Ganz im Gegenteil, ich sehe unsere starke Positionierung in Europa als ein Gütesiegel.

Der hohe europäische Standard ist ein absoluter Wettbewerbsvorteil in unserem Heimatmarkt. In Europa stößt der eine oder andere ausländische US-amerikanische oder asiatische Wettbewerber auf Vorbehalte. Aber auch bei der internationalen Expansion profitieren wir von dem hohen europäischen Standard.

Finanztrends: Nach dem Verkauf des BSS/OSS-Geschäftes sind Sie mittendrin, die Unternehmensstruktur weiter zu verschlanken. Wie ist dabei der Stand der Dinge, welche Ziele haben Sie diesbezüglich für dieses Jahr und wo soll es am Ende hingehen?

Thomas Kicker: Der Verkauf des BSS/OSS-Segments war wichtig und im Nachhinein auch eine richtige Maßnahme. Nun können wir uns wieder auf unseren Kernmarkt konzentrieren – Cybersecurity. Zudem haben wir mit dem Verkauf die Unternehmensgruppe verschlankt und die Kostenbasis reduziert. Die Anzahl der Gesellschaften sinkt bis zum Jahresende von 15 auf nur noch vier.

Außerdem haben wir im Zuge des Verkaufs und der Restrukturierung zwar 40 Prozent des Konzernumsatz abgegeben, aber gleichzeitig die Kostenbasis um über 60 Prozent reduziert. Das eröffnet uns neuen Spielraum um in unsere Go-to-Market Ansätze, F&E und KI-Kompetenz zu investieren.

Finanztrends: Könnte perspektivisch auch externes Wachstum für Sie wieder eine Rolle spielen und sind Sie als sehr technologielastiges Unternehmen auch vom vielgesprochenen Fachkräftemangel betroffen?

Thomas Kicker: Das organische Wachstum im Cybersecurity-Markt steht jetzt erstmals im Vordergrund. Die Geschäftszahlen 2023 zeigen, dass wir hierbei sehr erfolgreich sind. Das Endkundenwachstum im letzten Jahr lag bei beeindruckenden 71 Prozent. Bei entsprechenden Opportunitäten sind wir auch offen für anorganisches Wachstum. Doch auch mit Strategie- und Technolgiepartnerschaften möchten wir unsere Marktposition und Produkte weiter stärken

Natürlich trifft der Fachkräftemangel auch unsere Branche. Diese Herausforderung begegnet man am besten damit, dass man das Unternehmen besonders attraktiv macht. Die jüngste erfreuliche Entwicklung von cyan und vor allem das spannende Umfeld mitten in einer Wachstumsbranche machen uns zu einem attraktiven Arbeitgeber. Zudem haben wir mit den Standorten München und Wien gute Vorteile gegenüber unseren Wettbewerbern, die mitunter nicht in so lebenswerten Städten sitzen. Und diese Vorteile wissen wir zu nutzen.

Finanztrends: Mit dem Käufer des BSS/OSS-Geschäftes, der Compax-Gruppe, hatten Sie eine strategische Partnerschaft vereinbart. Wie gestaltet sich die bisherige Zusammenarbeit und welche Auswirkungen hat das auf Ihr eigenes Geschäft.

Thomas Kicker: Ja, wir haben eine strategische Partnerschaft für Technologie- und Vermarktungsaktivitäten geschlossen. Zum einen nutzen wir Synergien bei gemeinsamen Kunden – also bei Bestandskunden, die sowohl BSS/OSS- als auch Cybersecurity-Lösungen nutzen. Ein Beispiel für eine solche Kooperation ist MTEL, die wir engmaschig gemeinsam betreuen. Zum anderen bündeln wir in einigen Fällen unsere Kompetenzen bei der Neukundengewinnung.

Finanztrends: Das Thema Künstliche Intelligenz ist derzeit absolutes Gesprächsthema Nummer 1, auch in der Cyber-Security-Branche. Wie nehmen Sie die damit zusammenhängenden Herausforderung für Ihr eigenes Produktangebot auf?

Thomas Kicker: Mit KI-Lösungen haben wir unser Produkt- und Serviceangebot auf eine völlig neue Stufe gehoben. Wir nutzen KI sowohl in der Produktentwicklung als auch im aktiven Produkt selbst.

Einige Beispiele: Wir setzen auf einen KI-gesteuerten Ansatz zur Erkennung neuer Bedrohungen – von Phishing Kampagnen über Crypto-scams bis zu Malware. Unter anderem setzen wir konkret auf „Convolutional Neural Networks“ zu Bilder Klassifikation, „Recurrent Neural Networks“ zur Content-Klassifikation für Malware-Domains oder „Random-Forrest“ für die Klassifikation von Scams – um nur ein paar wenige Methoden zu nennen.

Zum anderen nutzen wir KI zum Erfassen und Speichern von unstrukturierten Webdaten. Wir haben In-house mehr als 10 Terabyte Webdaten. Ohne KI wäre das Handling dieser Daten sehr viel komplexer. Wir verbessern unsere KI-Algorithmen laufend, auch mit gezielten Forschungsprojekten zusammen mit externen Partnern. Für die Erkennung und Entdeckung neuer Bedrohungen beschäftigen wir ebenfalls eigens geschulte KI-Analysten.

Finanztrends: Nach dem Ausstieg bei BSS/OSS fängt in diesem Jahr auch finanziell eine neue Zeitrechnung an. Gibt es noch Folgekosten, die sie tragen müssen und wie sieht es angesichts einer zwar wesentlich geringeren Kostenbasis, aber auch deutlich reduzierter Umsatzgrößen mit der Profitabilität aus?

Thomas Kicker: Der Verkauf und die Ausgliederung des BSS/OSS-Geschäfts ist voll abgeschlossen. Das ist ein Meilenstein. Es gibt keine Folgekosten mehr und wir können uns voll auf die Zukunft konzentrieren. Die geringere Kosten- und Strukturbasis erlaubt es uns, entsprechend fokussiert und agil zu agieren. Das starke Wachstum im Kerngeschäft Cybersecurity und die schlankere Konzernstruktur wirken sich entsprechend positiv auf unsere Profitabilität aus.

Damit haben wir über eine exzellente Ausgangslage, um den Wachstumskurs im Geschäftsjahr 2024 fortzusetzen. Die wiederkehrenden Umsätze werden aufgrund der stark steigenden Anzahl der Endkunden weiterwachsen und bald das Niveau der alten Konzernstruktur erreichen können. Die operative Ergebnismarge soll sich ebenfalls signifikant verbessern. Zudem wollen wir den Break-even auf Cashflow-Basis im vierten Quartal 2024 erreichen. Wir steuern also auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2024 zu.

Cyan Aktie Chart

Finanztrends: Auch wenn der Halbjahresbericht 2024 erst für Ende September avisiert ist, können Sie schon Aussagen tätigen, wie Sie in neuen Kerngeschäft ins Jahr gestartet sind?

Thomas Kicker: Wir sind ausgesprochen zufrieden mit dem bisherigen Geschäftsverlauf im Jahr 2024. Wir liegen voll im Rahmen unserer Erwartungen. Wir wollen unseren Umsatz im Cybersecurity-Geschäft sowie die Anzahl unserer Abonnenten jeweils um 50 Prozent steigern.

Ein wichtiger Meilenstein war sicherlich der Vertragsabschluss mit Orange Spanien, dem zweitgrößten Kommunikationsdienstleister in Spanien. Wir sind stolz darauf, dass unsere Cybersecurity-Lösungen innerhalb der Orange Gruppe weiter ausgebaut werden. Zudem erwarten wir Launches in anderen Märkten. Aber auch unser Bestandsgeschäft läuft sehr gut. Die positive Entwicklung wird sich auch in den Halbjahreszahlen widerspiegeln. Den Halbjahresbericht veröffentlichen wir am 26. September.

Finanztrends: Was sind Ihre Wachstumsziele für 2024 und auch in der mittelfristigen Planung?

Thomas Kicker: Wie sie meinen bisherigen Ausführungen entnehmen können, blicken wir voller Zuversicht auf das laufende Geschäftsjahr. Wir erwarten einen Anstieg des Konzernumsatzes auf 6,6 bis 7,4 Millionen Euro. Die operative Ergebnismarge (EBITDA) auf Konzernebene soll sich ebenfalls signifikant verbessern. Für eine zuverlässige mittelfristige Guidance ist es noch zu früh aufgrund der enormen Dynamik unseres Marktumfelds. Wir können aber festhalten, dass sich unser Geschäft sehr gut entwickelt und wir uns eine außerordentlich gute Positionierung erarbeitet haben. Der Markt für Cybersecurity wächst dynamisch und wir werden an diesem Marktwachstum teilhaben.

Finanztrends: Herr Kicker, herzlichen Dank für das Gespräch.

Disclaimer

Die auf finanztrends.de angebotenen Beiträge dienen ausschließlich der Information. Die hier angebotenen Beiträge stellen zu keinem Zeitpunkt eine Kauf- beziehungsweise Verkaufsempfehlung dar. Sie sind nicht als Zusicherung von Kursentwicklungen der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren ist risikoreich und birgt Risiken, die den Totalverlust des eingesetzten Kapitals bewirken können. Die auf finanztrends.de veröffentlichen Informationen ersetzen keine, auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete, fachkundige Anlageberatung. Es wird keinerlei Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden übernommen. finanztrends.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinen Einfluss und vor Veröffentlichung sämtlicher Beiträge keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand dieser. Die Veröffentlichung der namentlich gekennzeichneten Beiträge erfolgt eigenverantwortlich durch Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen o.ä. Demzufolge kann bezüglich der Inhalte der Beiträge nicht von Anlageinteressen von finanztrends.de und/ oder seinen Mitarbeitern oder Organen zu sprechen sein. Die Gastkommentatoren, Nachrichtenagenturen usw. gehören nicht der Redaktion von finanztrends.de an. Ihre Meinungen spiegeln nicht die Meinungen und Auffassungen von finanztrends.de und deren Mitarbeitern wider. (Ausführlicher Disclaimer)