Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wer in Varta investiert, muss damit rechnen, viel Geld, eigentlich alles zu verlieren. Dennoch kletterte die Aktie nun auch am Donnerstag wieder. Es ging um gut 6,3 % aufwärts, zumindest in den ersten Stunden. Die Notierungen sind damit bereits wieder über 160 Millionen Euro „wert“. Dies ist die Marktkapitalisierung der Ellwanger.
Der Wert bietet Anlass, darüber zu sprechen – vielleicht sieht es der Markt richtig, vielleichta aber auch die kritischen Stimmen.
Varta: Da passiert sehr viel – und auch nichts mehr
Zunächst ist die Situation vergleichsweise einfach zu beurteilen. Geht es nur nach normalen wirtschaftlichen Kennziffern, hat die Aktie einen Wert. Varta macht Umsätze, Erträge und auch wirtschaftliche Verluste, alles wie bei anderen Unternehmen auch.
Kürzlich hat Varta nun einen Umsatzeinbruch prognostiziert, was im wirtschaftlichen Alltag nicht neu und auch nicht außergewöhnlich ist. Varta hatte vorher für das laufende Jahr einen Umsatz von 820 bis 870 Millionen Euro prognostiziert. So steht es auch noch in zahlreichen Schätzungen.
Tatsächlich werden es in diesem Jahr den jüngsten Schätzungen der Ellwanger nach 750 bis 800 Millionen Euro, also knapp 10 % weniger. Das kann wie beschrieben passieren und ist sogar plausibel.
Denn die aktuelle Situation hat zu „Imageschäden“ geführt, zu einem Reputationsproblem. Das sollte die Umsatzentwicklung bremsen, so das Unternehmen. Die Aussage lässt sich kaum überprüfen, aber sie wird einfach hingenommen.
Nur bleiben auch die Nettoverluste ein großes Problem: Die werden sich zumindest nicht verbessern. Geschätzt werden zwischen 85 und 95 Millionen Euro (am Markt). Das wäre an sich auch kein großes Problem, da der Markt diese Zahlen seit langem kennt und so publiziert. Schließlich hat auch die Aktie schon reagiert. Seit 1. Januar ging es um gut -81 % nach unten. Das ist ein kräftiger Abschlag, der nicht durch die reine Umsatzentwicklung erklärt werden kann.
Der Kern des Problems also ist nicht wirtschaftlicher Natur im operativen Geschäft des laufenden Jahres. Die Talfahrt wäre – wenn es nur darum ginge – schon längst zu stoppen.
Der Kern wird die Sanierung sein. Varta saniert sich nach dem sogenannten Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetz, dem StaRUG. Danach wird sich Varta sicherlich weiter betätigen können, die Altaktionäre haben jedoch davon rein gar nichts.
Das ist nichts für die Varta-Aktionäre
Das Verfahren wird dazu führen, dass das Grundkapital der Varta auf den Wert von Null gesetzt wird. Formal ist die Varta damit also „nichts“ mehr wert. Die Aktien verkörpern keinen Anteil mehr am Unternehmen, das ja heute noch 160 Millionen Euro – am Aktienmarkt – wert sein soll. Grund sind die Verbindlichkeiten in Höhe von gut 500 Millionen Euro.
Das Grundkapital als formales Gerüst des Aktien-Unternehmens entfällt. Die Aktie wäre dennoch mehr als „Null“ wert, wenn es am Markt Investoren gibt oder gäbe, die dann Geld für die Aktie bieten. Der „Wert“ ist hier ausschließlich der Tauschwert an den Börsen.
Vorausgesetzt, der Handel läuft weiter, kann der Wert dann wie immer steigen oder fallen. Nur: Die Aktie wird nach diesem Verfahren und der Herabsetzung des Grundkapitals von der Börse genommen. Es gibt dann keinen organisierten Handel mehr – für eine Aktie, die auch keinen Anteil am Grundkapital mehr verkörpert.
Das ist der Punkt, an dem es rätselhaft wird. Denn bei steigenden Kursen kaufen heute Investoren genau diese Aktie, die bald keinen Tauschwert mehr haben wird. Es wird zwar eine neue Aktie emittiert, die aber geht nur an die beiden Investoren M. Tojner und Porsche.
Wer also kauft heute eine Aktie, die „morgen“ oder jedenfalls bald durch beschlossene Maßnahmen nichts mehr wert ist? Man weiß es nicht. Die Aktie als reines Tauschobjekt ist offensichtlich nur ein Spekulationswert. Der, der heute kauft, muss darauf hoffen, dass sich morgen jemand findet, der noch vor dem endgültigen Schlussspfiff für die Aktie einen Kurs bietet.
Varta Aktie Chart
Die Kursperformance der Varta-Aktie
Wer sich dieses Schauspiel also vergegenwärtigt, kann sich über die steigenden Kurse nur wundern. Die wirtschaftliche Realität, die gekappte Umsatzprognose, hat hier keinen Einfluss mehr. Eine bald wertlose Aktie wird noch mit steigenden Kursen gehandelt.
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