Liebe Leserin, lieber Leser,
wer an diesem Montag um kurz nach neun auf finanzen.net den Aktienkurs von Varta checken wollte, könnte einem Trugschluss erlegen sein: An vielen Handelsplätzen, in Berlin oder Hamburg etwa, standen die Papiere des havarierten Batteriekonzerns noch im Plus bei knapp 4 Euro. Wer genauer hinsah, erkannte allerdings schnell, dass die Kurse noch vom vergangenen Freitag stammten. Die bittere Wahrheit zeigte der erste aus Frankfurt gemeldete Kurs von 9.12 Uhr: 0,76 Euro, -80,35%. Auch wenn es danach wieder etwas aufwärts ging: Es zeichnet sich der Totalverlust für alle Varta-Bestandsaktionäre ab, eine Überraschung ist das nicht.
Varta einigte sich mit Gläubigern und Investoren
Denn am Samstagnachmittag gegen halb vier war die Sache entschieden: „VARTA AG einigt sich mit Finanzgläubigern und strategischen Investoren auf ein Sanierungskonzept“, war die Meldung überschrieben. Was dies zugleich bedeutet: Es wird im Rahmen des Sanierungsverfahren nach StaRUG zur vereinfachte Herabsetzung des Grundkapitals der Gesellschaft auf null Euro kommen. Die Altaktionäre aus dem Streubesitz verlieren in der Folge alles. Die Varta-Aktie wird von der Börse genommen (Delisting).
Varta hatte bereits am 21. Juli mitgeteilt, dass man die Schulden mit Hilfe des StaRUG-Verfahrens auf eine angemessene Größenordnung bringen wolle, „um wieder Schritte nach vorne machen zu können“, wie es Michael Giesswein, CRO der Varta AG, ausdrückte. Die aktuelle Schuldensituation verbaue der Varta-Gruppe „absehbar die Chancen auf ein positive Geschäftsentwicklung“. Die Varta-Aktie war zunächst bis auf 1,41 Euro abgestürzt.
- Dennoch hatten Spekulanten die Papiere zuletzt wieder massiv ansteigen lassen
- Sie hofften offenbar auf eine andere Lösung, doch auch das war ein Trugschluss
Varta reduziert Schulden auf 200 Millionen
Die Hiobsbotschaft für all diejenigen: Die Varta AG habe heute „einen bedeutenden Meilenstein in den Verhandlungen mit ihren Finanzgläubigern und strategischen Investoren erreicht und sich auf die wesentlichen wirtschaftlichen Eckpunkte eines langfristig tragfähigen Sanierungskonzepts geeinigt“, hieß es in der Mitteilung vom Samstag. „Im Mittelpunkt der bilanziellen Restrukturierung steht zunächst ein Schuldenschnitt, durch den die bisherigen Finanzverbindlichkeiten von bislang € 485 Mio. um € 285 Mio. auf künftig € 200 Mio. verringert werden.“
Als weitere Säule sehe das Sanierungskonzept für Varta, „eine vollständige Herabsetzung des Grundkapitals der VARTA AG auf null vor“. Unmittelbar im Anschluss an den Kapitalschnitt werden der AG über eine Kapitalerhöhung € 60 Mio. an neuem Eigenkapital – davon € 40 Mio. über Barmittel – sowie weitere € 60 Mio. an neuen Mitteln über ein vorrangig besichertes Darlehen zur Verfügung gestellt, „unter anderem zur Stärkung der Konzernliquidität und für künftige strategische Investitionen im Rahmen der technologischen Weiterentwicklung“.
„Bitterer Schritt für Kleinaktionäre“
Die Übereinkunft zwischen Großaktionär Michael Tojner, dem Kunden Porsche und vier investierten Bankenfonds muss laut Frankfurter Allgemeinen Zeitung zwar noch formelle Hürden nehmen. Wahrscheinlich sei die mittelfristige Zukunft von Varta damit aber gesichert, heißt es. „Allerdings nicht der bisherigen Aktiengesellschaft, denn die wird nach dem angestrebten Schuldenschnitt Geschichte sein.“ Dies sei ein bitterer Schritt für die Kleinaktionäre. Sie seien „die großen Verlierer, denn ihre Anteile, die noch vor drei Jahren bei 160 Euro notierten, werden wertlos.“
Natürlich sei die Börse keine Einbahnstraße und Anleger müssen sich des Risikos bewusst sein, heißt es in dem Kommentar. Dennoch errege der Fall von Varta „zu Recht die Gemüter, vor allem die Rolle von Tojner“. Im Interview mit der FAZ habe dieser jüngst eingeräumt, dass man die schlimmsten Fehler auf dem Höhepunkt des Erfolgs gemacht und bei Investitionsentscheidungen die nötigen Vorsichtsmaßnahmen außer Acht gelassen habe. Allerdings war der Österreicher zugleich Aufsichtsratschef, dessen Rolle es gewesen wäre, die Expansionspläne auf Herz und Nieren zu prüfen. „Wo war die Kontrolle, die im Sinne der Corporate Governance fragte, ob die Rendite-Interessen des Großaktionärs den Chefaufseher auf einem Auge blind gemacht haben?“, fragt man sich in Frankfurt.
Varta will „alles versucht haben“
Eine echte Einsicht ist bei Varta nicht zu erkennen: Man habe habe „alles versucht, die Kleinaktionäre noch an Bord zu holen – aber das ist in dieser Situation rechtlich nicht möglich“, zitierte die Agentur Reuters Varta-Chef Michael Ostermann. Doch das Unternehmen kann ihm zufolge mangels eines geprüften Jahresabschlusses keinen Prospekt erstellen, der für eine breite Kapitalerhöhung nötig wäre. „Ein Alternativvorschlag einiger Schuldschein-Gläubiger, der ein Bezugsrecht für alle Aktionäre vorgesehen hätte, wurde Teilnehmern zufolge deshalb als nicht umsetzbar abgelehnt“, schreibt Der Aktionär. Mit am Verhandlungstisch saßen die Schuldscheingläubiger nach den Worten von drei Insidern ohnehin nicht.
- „Das vorliegende Sanierungskonzept berücksichtigt ausgewogen die Interessen aller Beteiligten“, ließ sich Varta-CRO Michael Giesswein zitieren
- In den Ohren der Anleger, die seit Jahren auf Varta gesetzt und in das Unternehmen investiert hatten, muss das wie Hohn klingen
Wer allerdings in der vagen Hoffnung, es könnten vom Varta-Kuchen doch noch Krümel übrig bleiben, in den vergangenen Wochen eingestiegen sein sollte, musste sich des Risikos bewusst gewesen sein. „Völlig irrational“, war vor einer Woche ein Artikel an dieser Stelle überschrieben, der die Kurskapriolen der vergangenen Wochen thematisierte. Kurzum: Den Zockern, die sich kurzfristig verzockt haben, gebührt wahrlich kein Mitleid.
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