Varta-Aktie: Das ist die eigentliche Sensation!

Die Aktie von Varta notiert noch immer über Ihrem Allzeittief. Angesichts der Aussichten für Anleger ist das kaum zu verstehen. Die Kursziele sind bei null.

Auf einen Blick:
  • Die Aktie von Varta hatte am 24. Juli ihr Allzeittief erreicht, seitdem tatsächlich zugelegt
  • Durch ein Restrukturierungsvorhaben erwartet Anlegern allerdings der Totalverlust
  • Entweder durch „kompensationsloses Ausscheiden“ – oder die Insolvenz des Batteriekonzerns
  • Mehrere Analysten setzten das Kursziel von Varta auf null, nur Zocker handeln die Aktie noch

Liebe Leserin, lieber Leser,

am 24. Juli notierte die Aktie von Varta nach einem massiven Kurssturz bei 1,35 Euro. Das bedeutete für die Papiere des Ellwanger Batteriekonzerns nicht nur einen Jahresverlust von weit über 90 Prozent. Es war zudem der tiefste Stand, den die Aktie je ausgebildet hat. Und das ist die eigentliche Sensation: Dass es mit der Varta-Aktie seitdem tatsächlich wieder bergauf ging, zuweilen an einem Tag um mehr als 80 Prozent, wie am 25. Juli. Tags darauf wurden kurzfristig sogar wieder 2,90 Euro aufgerufen. Auch wenn der Kurs seitdem wieder deutlich zurückfiel, eine Begründung für den Kauf der Papiere gibt es für seriöse Anleger schlicht nicht mehr.

Varta will die Insolvenz verhindern

Das jedenfalls ist die Meinung zahlreicher Analysten, nachdem die vom Konkurs bedrohte Varta AG am 21. Juli bekanntgab, „kurzfristig beim zuständigen Amtsgericht Stuttgart die Durchführung eines Restrukturierungsvorhabens nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (kurz: StaRUG) anzuzeigen“. Das geplante Verfahren sei „ein wichtiger Baustein zur Implementierung eines aktualisierten Restrukturierungskonzepts bei Varta, wie es hieß Und weiter: „Im Rahmen des Verfahrens stehen verschiedene Konstellationen möglicher Fremd- und Eigenkapitalfinanzierungen zur Diskussion. Das StaRUG-Verfahren würde der Varta die Möglichkeit eines finanziellen Neustarts ermöglichen, um nachhaltig wieder wettbewerbsfähig zu werden.“

  • Wettbewerbsfähig, aha. Doch zu welchem Preis?
  • Laut DZ BANK und Warburg Reserch dem höchstmöglichen

Analysten setzten Varta-Kursziel auf null

So hatte die DZ Bank das Kursziel für die Aktie von Varta angesichts des drohenden Kapitalschnitts umgehend auf 0 Euro gesenkt. Die Restrukturierungsankündigung des Batteriekonzerns mit der avisierten vereinfachten Herabsetzung des Grundkapitals würde „zu einem kompensationslosen Ausscheiden der Aktionäre aus der Gesellschaft und einem Erlöschen der Börsennotierung führen“, schrieb Analyst Michael Punzet direkt am nächsten Tag. Die neuesten Entwicklungen verschlechtern die Situation für Aktionäre nochmals deutlich, ist er überzeugt. Denn die angestrebte finanzielle Neuaufstellung „geht deutlich zulasten der bestehenden Aktionäre und Gläubiger“.

Und Punzet ist mit dieser Einschätzung keineswegs allein: Auch laut des Analysehauses Warburg Research werden Varta-Anleger angesichts des drohenden Kapitalschnitts alles verlieren, das Kursziel wurde ebenfalls auf null gesenkt. Analyst Robert-Jan van der Horst verwies auf den Sanierungsplan, der letztlich auf einen Totalverlust für die Alt-Aktionäre hinauslaufe. Laut Varta seien die Gläubiger nur dann bereit, auf einen Großteil ihrer Ansprüche zu verzichten, wenn das Grundkapital der Gesellschaft auf null Euro herabgesetzt werde.

Gläubiger fordern konsequenten Kapitalschnitt

In der Tat hatte Varta das vor knapp zwei Wochen unumwunden eingeräumt:  Der Schuldenschnitt sei eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern, die einen Teil der Schulden erlassen, um die finanzielle Stabilität des Unternehmens wiederherzustellen. „Zu diesem Schritt wären die Gläubiger der Varta zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nur bereit, wenn ein Kapitalschnitt auf null erfolgt (das bestehende Grundkapital wird auf null herabgesetzt) und frisches, für die Restrukturierung benötigtes Kapital (Fremdkapital oder Eigen- und Fremdkapital), eingebracht wird.“ Mit Konsequenzen:

  • Durch den Kapitalschnitt auf null werden sämtliche der bestehenden Aktien ihren Wert verlieren
  • Die Börsennotierung der Varta AG wird in der Folge „zeitnah dauerhaft eingestellt (Delisting)“

Varta-Aktie verkam zum Zocker-Papier

Kurzum: Wer noch in Varta investiert sein sollte, den erwartet entweder die Entwertung der Aktien durch den Schuldenschnitt – oder die Insolvenz mit gleichbedeutenden Folgen. Der Kauf der Aktie ist ausschließlich für kurzfristige orientierte Zocker noch ein Thema. Denn nur Varta selbst würde im Erfolgsfall profitieren. „Wir sind zuversichtlich, dass unser Restrukturierungskonzept eine solide Basis für die zukünftige Stabilität und Perspektive der VARTA schafft“, erklärt der Varta-CEO Michael Ostermann. „Unser engagiertes Team und unsere Partner arbeiten unermüdlich daran, die bestmögliche Lösung zu finden.“

Dass man sich zu dem Schritt gezwungen fühlt, machte Mark Hundsdorf, CFO der VARTA , in seinem Statement deutlich: Für Varta gehe es bei dem Neuanfang nicht nur um einen jährlichen Umsatz von mehr als 800 Mio. Euro weltweit, „sondern auch um den Erhalt der Geschäftsbeziehungen zu mehr als 3.000 Zulieferern sowie über 10.000 Handelspartnern, Fachhandwerksbetrieben und Kunden in über 100 Ländern“, wie er meint. „Mit der Sicherung der Schlüsseltechnologie ‚Batterie‘ am Standort Deutschland leistet Varta einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und Unabhängigkeit Europas.“

Preisdruck, Hackerangriff, Managementfehler

Auf die Gründe, wie das einstige Vorzeigeunternehmen so tief fallen konnte, ging der Chef allerdings nicht ein. Dazu zählen neben hohe Produktionskosten durch steigende Rohstoffpreise, einem intensiveren Wettbewerb sowie einer nachlassenden Nachfrage nach bestimmten Batterien, auch teure Investitionen in neue Technologien sowie die Auswirkungen eines Hackerangriffs im Frühjahr. Und ohne Zweifel auch massive Fehler im Management.

Das über das StaRUG-Verfahren umzusetzende Sanierungskonzept und die darin vorgesehenen Maßnahmen soll Varta nun nach eigener Einschätzung in die Lage versetzen, Schlüsseltechnologien in Deutschland zu erhalten „sowie Arbeitsplätze und Wertschöpfung nachhaltig zu sichern“, wie es heißt. Was auffällt: Zum Thema, wie viele der angesprochenen Arbeitsplätze zur Disposition stehen, äußerte sich bislang niemand. Es wird wohl die nächste, bittere Nachricht.

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