Valneva-Aktie: Die Bombe ist geplatzt!

Valneva erlebte eine dramatische Woche: Die EU kürzte die Bestellung des Corona-Impfstoffes VLA2001 drastisch. Die Produktion ist gestoppt, die Aktie brach ein. Zunächst.

„Das bange Warten“ – so war ein Artikel vom Mittwoch, kurz nach dem Mittag, an dieser Stelle noch überschrieben. Es ging um die Situation des Impfstoffherstellers Valneva, dessen COVID-19-Ganzvirusimpfstoff VLA2001 zu diesem Zeitpunkt zwar seit rund einem Monat seine EU-Zulassung hatte, ob und in welchem Umfang die Mitgliedsstaaten bei dem Vakzin zugreifen würden, war aber nach wie vor völlig unklar. Doch noch am späten Nachmittag hatte das Warten ein Ende, war die Bombe geplatzt: Die EU wird ordern, aber in weitaus geringerem Umfang als vorgesehen. Die Valneva-Aktie brach daraufhin kurzfristig um 15 Prozent ein, fing sich aber im Laufe der Woche wieder.

Valneva hoffte auf Riesengeschäft mit VLA2001

Zum Hintergrund: Im November 2021 noch hatte Valneva gemeldet, dass die Europäische Kommission eine Vereinbarung genehmigt habe, gemäß derer Valneva über einen Zeitraum von zwei Jahren bis zu 60 Millionen Dosen VLA2001 liefern wird, etwa 27 Millionen Dosen davon im Jahr 2024.  Die Auslieferung des Impfstoffs werde „voraussichtlich im April 2024 beginnen, vorbehaltlich der Genehmigung durch den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)“. Doch genau das wurde zum entscheidenden Punkt.

Die Sache verzögerte sich massiv. Erst am 24. Juni hatte die Europäische Kommission die Marktzulassung für den inaktivierten Impfstoff zur Verwendung als Erstimpfung bei Menschen im Alter von 18 bis 50 Jahren in Europa erteilt. Diese gelte für alle 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie für Island, Liechtenstein und Norwegen, hieß es. Dumm nur: Zu diesem Zeitpunkt hatte die EU den Vorvertrag längst aufgekündigt, rechtlich war das laut Valneva möglich.

EU-Kommission kürzt Bestellung drastisch

„Seit wir mit der Arbeit an VLA2001 begonnen haben, erhalten wir laufend Nachrichten von Europäern, die auf eine traditionellere Impfstofftechnologie warten“, ließ sich Thomas Lingelbach, Chief Executive Officer von Valneva, damals zitieren. Nachdem man jetzt die vollständige Marktzulassung erhalten habe, hoffe man, „dass die Europäische Kommission und ihre Mitgliedstaaten Bestellungen platzieren werden, die diese Nachfrage widerspiegeln“. Doch dann am späten Mittwoch die bittere Wahrheit.

Die Kommission habe „eine Abänderung des im November 2021 unterzeichneten Vorabkaufvertrags (Advance Purchase Agreement) für Valnevas inaktivierten COVID-19-Ganzvirusimpfstoff VLA2001 genehmigt“, hieß es in der Mitteilung. „Im Rahmen dieser Abänderung kaufen die Mitgliedstaaten im Jahr 2024 1,25 Millionen Dosen VLA2001, mit der Option, später nochmals die gleiche Menge zur Lieferung im Jahr 2024 zu erwerben“, heißt es. Diese Abänderung folge auf Gespräche zur Nachbesserung im Anschluss an die Absichtserklärung der Kommission, den ursprünglichen Vorabkaufvertrag für Lieferung von VLA2001-Dosen im Jahr 2024 und optional auch 2024 zu kündigen. Im Klartext:

  • Aus bis zu 60 Millionen Dosen werden maximal 2,5 Millionen
  • Das sind keine fünf Prozent der ursprünglich angepeilten Menge

Die Valneva-Aktie bricht zunächst ein

Die Märkte reagierten zunächst geschockt: Die Aktie von Valneva, am Dienstag zum Handelsschluss noch mit 10,09 Euro bewertet, brach am späten Mittwochabend auf bis zu 8,50 Euro ein. Doch bereits zum Abend hatte sie sich wieder auf 9,11 Euro erholt. Bis zum Wochenende ging es weiter nach oben.

Mit einem Tageshoch von 10,42 Euro am Freitag, hatte sich die Valneva-Aktie sogar über den Ausgangswert vom Dienstag gehievt, ging in Frankfurt letztlich bei 9,99 Euro aus dem Handel. Was die Anleger wieder relativ zuversichtlich stimmte? Das Unternehmen beruhigte, ein Ruin steht offenbar nich bevor.

Valneva stoppt Impfstoff-Produktion

Valneva rechnet nach eigenen Angaben nicht mit unmittelbaren Liquiditätsengpässen infolge der Änderung der EU-Bestellung. Vielmehr ist man der Ansicht, „dass die Einnahmen im Jahr 2024 immer noch das untere Ende der zuvor kommunizierten Prognose erreichen könnten, die auf der Umsatzrealisierung im Zusammenhang mit den EU- und UK-Lieferverträgen beruht“. In Anbetracht des geänderten Vorabkaufvertrags hat Valneva die Herstellung von VLA2001 allerdings vorläufig eingestellt und prüft derzeit die mit COVID-19 verbundenen Vermögenswerte bezüglich möglicher Abschreibungen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Aktie von Valneva direkt nach der Zulassungsmeldung auf bis zu 15,19 Euro hochgeschnell war, seitdem also wieder mehr als 30 Prozent abgegeben hat. Auch die langfristige Performance der Papiere ist alles andere als rosig:

KursstandKursentwicklung
1 Woche9,91 Euro+1,0%
1 Monat12,01 Euro-16,7%
6 Monate14,20 Euro-29,6%
1 Jahr11,60 Euro-13,8%

Im November stand die Valneva-Aktie gar bei 30,50 Euro, hat seitdem gar zwei Drittel an Wert eingebüßt. Dennoch: Valneva, das nach der Kündigung des Vorabkaufvertrags durch die EU, bereits das gesamte Impfstoffprogramm in Frage gestellt hatte, wird erst einmal liefern. Die ersten Impfstoffdosen sollen laut Mitteilung in den kommenden Wochen an die teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten (Deutschland, Österreich, Dänemark, Finnland und Bulgarien) entsandt werden.

Valneva sitzt auf  Millionen Dosen Impfstoff

„Valneva wird die Bestände für mögliche zusätzliche Lieferungen an diese EU-Mitgliedstaaten zurückhalten, falls die Nachfrage steigen sollte, und parallel dazu etwa acht bis zehn Millionen Dosen der verbleibenden Bestände in internationalen Märkten anbieten“, teilte das Unternehmen mit. Da erwartet wird, dass die Haltbarkeit von VLA2001 im Laufe der Zeit bis zu 24 Monate erreichen wird, wird man „versuchen, diese Dosen in den nächsten sechs bis zwölf Monaten auszuliefern“.

Wieviel Valneva von seinem Impfstoff loswerden wird, ist somit weiterhin unklar. Und das hat Folgen: Angesichts der reduzierten Bestellungen evaluiere das Unternehmen das COVID-19 Programm, ließ man wissen. Valneva führe weiterhin Gespräche über mögliche weitere Liefer- und Finanzierungsvereinbarungen mit verschiedenen anderen Ländern auf der ganzen Welt und werde nur dann in die weitere Entwicklung seines aktuellen COVID-19 Impfstoffs oder einer zweiten Generation investieren, „wenn es zu einer Einigung mit potenziellen Kunden kommt und die erforderliche Finanzierung im Laufe des Sommers gesichert ist“.

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