Als erster deutscher Großkonzern hatte TUI Ende März die Genehmigung für einen KfW-Kredit im Volumen von 1,8 Milliarden Euro eingeheimst. Jetzt hat der schwer strauchelnde Touristikgigant weitere Staatshilfen angedeutet, um den enormen operativen Einbruch abzufedern.
Joussen: Man arbeite an „mehreren Szenarien“
„Wir arbeiten natürlich mit mehreren Szenarien und tun gut daran, in diesen Szenarien auch über weitere Finanzquellen nachzudenken“, sagte TUI-Chef Friedrich Joussen nun zur „FAZ“. Um 70 Prozent habe das Unternehmen die Kosten schon gedrosselt. Zudem hätten etliche Staaten inzwischen ihre Reisewarnungen gestrichen. „Aber kein Mensch weiß, wie es mit dem Virus weitergeht, wann es Medizin und Impfstoffe gibt.“
Bereits im Mai war durchgesickert, dass der Konzern wohl Gespräche mit der Bundesregierung zwecks weiterer möglicher Staatshilfen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro geführt hatte. Zum aktuellen Status der Verhandlungen wollte sich Joussen gegenüber der „FAZ“ allerdings nicht äußern. Nur so viel: Bei der Kalkulation rund um den genehmigten 1,8 Milliarden Euro schweren KfW-Kredit sei man von einem „deutlich kürzeren Lockdown“ ausgegangen.
Kostensenkungen und Liquidität sind das A und O
TUI will nun ungeachtet der Möglichkeit weiterer Staatshilfen voll auf Liquidität setzen. Erst ab 2021 werde man wieder verstärkt die Profitabilität in den Mittelpunkt rücken können, so Joussen. „Ich bin mir sicher, dass das Geschäft 2024 dann voll zurückkommt.“ Laut Planung steht beispielsweise die Reduzierung der Flugzeugflotte auf 17 Maschinen an, was für TUI fly eine Halbierung bedeuten und rund 900 Vollzeitstellen kosten würde.
Im Kreuzfahrtgeschäft hingegen will man im Unterschied zu den Wettbewerbern schneller auf neue Schiffe setzen, da man durch Neubauten Kosten einsparen und die Klimabilanz verbessern könne, betonte der Konzernboss. Jedoch müssten die Werften TUI auf finanzieller Ebene entgegenkommen. Immerhin würden sie davon profitieren, wenn Lücken in der Produktionsplanung geschlossen würden, meinte Joussen.
Hotelsparte: vom Eigentümer zum Betreiber
Insgesamt will TUI 8.000 Stellen streichen, die Hälfte davon in den Zielgebieten. Gleichzeitig plant man auch den Verkauf von Unternehmensteilen, wie Joussen nun der „FAZ“ sagte. „Wir werden uns von Vermögenswerten trennen oder Partner an Bord holen.“
Als mögliches Feld für solche Maßnahmen gilt laut dem Konzernboss die Hotelsparte. „Wir besitzen eigene Hotels, Schiffe und Flugzeuge. Aber den Kunden interessiert es in vielen Fällen nicht, ob wir der Eigentümer sind.“ Deshalb werde TUI einige Hotels wohl verkaufen, diese allerdings weiterhin betreiben. „Am Urlaubserlebnis, an den Produkteigenschaften, an der Marke und der TUI-Servicequalität ändert sich dadurch nichts.“
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