„Möglichst schnell zurückziehen“ müsse sich der Staat aus seinen Corona-Rettungsbeteiligungen. Das forderte Wirtschaftsminister Christian Lindner vergangene Woche in einem Handelsblatt-Interview. Neben dem Airline-Verbund Lufthansa ist damit der Reisekonzern TUI gemeint.
Der Einstieg in den Ausstieg sei bei der Lufthansa bereits erfolgt, so Lindner. Im Sommer 2020 hatte sich der Bund mit 20 Prozent am Kranich-Konzern beteiligt, mittlerweile sind es noch 14 Prozent.
Im Fall von TUI werden dem Vernehmen nach aber noch andere Optionen erwogen. Der Reisekonzern steckt mitten in der Erholung und soll mit überstürzten Rückzahlungen der stillen Beteiligung von 1,1 Milliarden Euro nicht überfordert werden. TUI-Chef Friedrich erklärte kürzlich, er rechne damit, dass der Staat einen Teil der Konzernbeteiligungen in Aktien umwandelt – bis zu 25 Prozent wären möglich.
Starke Buchungsdynamik
Vor zwei Wochen hatte der Touristik-Riese hoffnungsvolle Zahlen für das erste Quartal seines Geschäftsjahrs 2021/22 (per Ende September) vorgelegt. Gegenüber dem unterirdischen Vorjahreszeitraum hat sich der Konzernumsatz auf 2,4 Milliarden Euro verfünffacht. Der saisonal übliche Betriebsverlust verringerte sich ebenfalls deutlich von -676 auf -274 Millionen Euro.
Ursächlich für die positive Entwicklung waren dem Bericht nach gelockerte Pandemie-Restriktionen und die aufgestaute Reiselust der Deutschen. So reisten 2,3 Millionen Kunden zwischen Oktober und Dezember mit der TUI – mehr als viermal so viele wie im Vergleichszeitraum.
Eine starke Buchungsdynamik deutete der Reiseveranstalter auch für den kommenden Sommer an. 3,5 Millionen Kunden hatten demnach für die Jahresmitte eine Reise gebucht – immerhin knapp drei Viertel des Niveaus von 2019. Derzeit werden sogar noch mehr Reisen gebucht als vor drei Jahren, heißt es im TUI-Bericht, sodass der Konzern alles in allem mit einem Sommer auf Vorkrisenniveau plant.
Mit dem anziehenden Reisegeschäft hat sich TUI ein ordentliches Liquiditätspolster zugelegt. Zum 4. Februar hatte der Touristik-Konzern Zugriff auf flüssige Mittel und Kreditlinien in Höhe von 3,3 Milliarden Euro. Einen Teil davon will das Unternehmen im April nutzen, um 700 Millionen Euro an Corona-Hilfen zurückzuzahlen.
Im Reiseaufschwung aufs richtige Pferd setzen
In der Aufschwungseuphorie vergessen viele Anleger jedoch: TUI war schon zwei Jahre vor Corona im Abwärtstrend. Das Management berichtete zwar von einer „konsequente Umsetzung der Transformation und Neuausrichtung des Konzerns“; ob diese jedoch tatsächlich im ausreichenden Maß stattfindet, wird sich erst zeigen, wenn der Reiseveranstalter wieder vollständig auf eigenen Beinen steht.
Bis der vom Wirtschaftsminister Lindner angeordnete Rückzug nicht stattgefunden hat, sehe ich den Airline-Verbund Lufthansa als bessere Option, um als Anleger von der Touristik-Hausse zu profitieren. Es gibt beim Kranich-Konzern etliche Hinweise auf eine nachhaltige Stabilisierung der Geschäfte. Zudem könnte in diesem Jahr eine Übernahme der italienischen Airline ITA und ein Börsengang der Wartungstochter für die Kranich-Aktie zusätzlich den Kursturbo zünden.
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