Tilray-Aktie: Sie hatten es nicht kommen sehen!

Die Aktie des Cannabis-Spezialisten Tilray notiert nur leicht über ihrem Rekordtief. Das hat zweifellos seinen Grund, die Analysten hatten das nicht vorhergesehen.

Auf einen Blick:
  • Die Tilray-Aktie war Ende der Vorwoche auf ein neues Rekordtief gefallen
  • Bis heute haben sich die Papiere des Cannabisunternehmens nicht erholt
  • Der Hintergrund: Die nächste Kapitalerhöhung löst Frust bei den Anlegern aus
  • Die Analysten mussten ihre Kursziele immer weiter nach unten korrigieren

Liebe Leserin, lieber Leser,

laut Eigenwerbung besteht Tilrays Mission darin, das Leben von Patienten durch den Zugang zu medizinischem Cannabis zu verbessern „und das vertrauenswürdigste und wertvollste Cannabisunternehmen der Welt zu sein“. Es klingt fast wie ein schlechter Scherz. Was die Kursentwicklung der Aktie des 2013 in Kanada gegründeten Unternehmens anbetrifft kann davon nämlich keine Rede sein. Das Vertrauen schwindet zunehmend, der Börsenwert ebenfalls. Nun kam es zum nächsten Nackenschlag, die Tilray-Aktie verlor vor dem Wochenende binnen eines Tages weitere 20 Prozent. Wenngleich sie sich seitdem wieder etwas berappelt hat, der Einbruch hatte seinen Grund.

Tilray schockt mit erneuter Kapitalerhöhung

Denn wie Tilray in der Vorwoche bekanntgab, hat das Cannabisunternehmen mit einem registrierten Angebot von Wandelanleihen mit Fälligkeit 2027 im Gesamtnennbetrag von mindestens 150 Millionen US-Dollar begonnen. Seit Freitag steht nun die Preisgestaltung der Kapitalmaßnahme fest, beläuft sich auf 5,20 % mit Fälligkeit 2027. Tilray gewährt den Zeichnern des Schuldverschreibungsangebots zusätzlich eine 30-tägige Option zum Kauf von weiteren Schuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu 22,5 Millionen US-Dollar, ausschließlich zur Deckung von Mehrzuteilungen. Das Angebot werde voraussichtlich am 31. Mai 2024 abgeschlossen, heißt es.

Der Gesamtnettoerlös aus der Kapitalerhöhung wird nach Abzug der von Tilray zu zahlenden Zeichnungsrabatte sowie der Provisionen und Kosten voraussichtlich etwa 144,8 Millionen US-Dollar betragen, bzw. rund 166,6 Millionen US-Dollar, sollten die Zeichner ihre Optionen vollständig ausüben. „Tilray beabsichtigt, einen Teil des Nettoerlöses aus diesem Angebot zu verwenden, um den gleichzeitigen Rückkauf eines Teils seiner ausstehenden 5,00 % Wandelanleihen mit Fälligkeit 2024 und 5,25 % Wandelanleihen mit Fälligkeit 2024 zu finanzieren, den Rest des Nettoerlöses für allgemeine Unternehmenszwecke einzusetzen.“

Aktien im Wert immer weiter verwässert

Nun ist eine Kapitalerhöhung nie ein Fest für Bestandsaktionäre, da die bislang ausgegebenen Anteilscheine an Wert verlieren. Stichwort: Verwässerung. Das massive Problem bei Tilray ist die Häufigkeit dieser Maßnahmen über die vergangenen Jahre. Bei Tilray habe sich „die Aktienanzahl seit dem Jahr 2015 sage und schreibe ver14facht“, meldete das Portal Onvista bereits im April. Dieses Verhältnis hat sich nun noch einmal verschlechtert. „Nicht bei allen Kapitalerhöhungen wird das Bezugsrecht ausgeschlossen gewesen sein, aber der Großteil läuft in den USA oftmals in Form massiver Verwässerungen für die Privatanleger“, hieß es zwar. Dennoch:

  • Wer in früheren Jahren Tilray-Aktien gekauft hat, hält nunmehr nur noch einen Bruchteil am Unternehmen, im Vergleich zum Kaufzeitpunkt
  • Hinzu kommt, zweifellos auch dadurch bedingt, der massive Kursverfall bei den Papieren des Cannabis-Spezialisten

Tilray verliert mehr als 90 Prozent an Börsenwert

Zur Einordnung: Nach einer etwas besseren Phase hatte sich die Tilray-Aktie am Montag vergangener Woche bis auf 2,24 Euro verbessert, nach der Ankündigung der Kapitalmaßnahme brach sie zwischenzeitlich bis auf 1,70 Euro ein. Es war zugleich ein neues Allzeittief. Damit hatten die Anteilscheine binnen weniger als einer Woche ein weiteres Viertel ihres Werts eingebüßt. Wenngleich sie sich zwischenzeitlich von ihrem Tief wieder etwas abgesetzt haben, sieht die langfristige Betrachtung noch weitaus dramatischer aus.

Seit ihrem Zwischenhoch Anfang Februar, als bei Tilray kurzzeitig wieder 3,09 Euro auf dem Kurszettel standen, beträgt der Abschlag bereits annähernd 60 Prozent. Ganz zu schweigen von der Entwicklung seit ihrem Höchststand bei 28 Euro, erreicht im Februar 2021. Seitdem hat das Cannabis-Unternehmen weit mehr als 90 Prozent seines Börsenwerts eingebüßt.

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Immer noch hohe Kursziele durch Analysten

Die Analysten hatten diesen Absturz nicht kommen sehen. Laut marketscreener.com lag das durchschnittliche Kursziel für Tilray im September 2021 noch bei 18,15 US-Dollar, wurde aufgrund der Kursmisere jedoch immer wieder nach unten angepasst. Vor einem Jahr wurde im Mittel noch ein fairer Wert für die Cannabis-Aktie von 8,83 Dollar ermittelt. Dieser ist mittlerweile auf 3,52 US-Dollar zusammengeschrumpft. Doch selbst dafür müsste sich die Aktie, die aktuell in New York bei rund 1,90 Dollar notiert, wieder um etwa 90 Prozent im Wert steigern.

  • Nicht mehr ganz so mutig sind daher die Empfehlungen
  • Nur vier von 17 Experten raten zum Kauf der Aktie
  • 13 vergeben für Tilray eine „Halten“-Empfehlung

Tilray mit erschreckenden Quartalszahlen

Das kommt wenig überraschend, das Unternehmen hatte Anfang April mit den Zahlen aus dem dritten Quartal des Geschäftsjahres 2024 für Entsetzen gesorgt: Der Umsatz von Tilray lag laut finanzen.net bei 145,6 Millionen US-Dollar – vor Jahresfrist seien noch 152 Millionen US-Dollar erwirtschaftet worden. Analysten hatten dem Unternehmen im Vorfeld Umsätze von 150 US-Dollar zugetraut. Noch dramatischer war nur die Entwicklung beim Blick auf die Wirtschaftlichkeit.

Für Tilray sei das dritte Geschäftsquartal mit einem Verlust von 1,90 US-Dollar je Aktie zu Ende gegangen, hieß es in dem Bericht. „Vor Jahresfrist hatte der Cannabis-Konzern noch einen Gewinn von 0,09 US-Dollar erzielt.“ Damit sei der Verlust weitaus größer ausgefallen als von Experten erwartet. Deren Prognosen hatten sich im Vorfeld demnach auf ein EPS von -0,053 US-Dollar belaufen.

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